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Knatsch um Finanzierung: Worb und Münsingen bangen um neue Buslinie

«Gefährdung Weiterbetreib der ÖV-Linie 168 Münsingen – Trimstein – Worb»: So lautete der Titel eines Online-Meetings, zu dem die Gemeinde Münsingen Mitte Mai verschiedene Grossrät:innen einlud. Die Gemeinde bat die Eingeladenen um Unterstützung für ihre Verhandlungen mit dem Amt für öffentlichen Verkehr. Was war geschehen?

Wie weiter mit dem Bus 168? (Bilder: bus-pics.com / zvg / bvd.be.ch)
Die Buslinie 168 verkehrt seit 2019 zwischen Münsingen, Trimstein und Worb. (Bild: bus-pics.com)
Anna Eichholzer, Fachbereichsleiterin Verkehr bei der Gemeinde Münsingen. (Bild: zvg)
Christian Aebi, Amtsvorsteher des Amts für öffentlichen Verkehr (Bild: bvd.be.ch)

2019 startete die Buslinie 168 zwischen Münsingen, Trimstein und Worb als Versuchsbetrieb für drei Jahre. Erfolgreich, gemäss der Gemeinde. «Bereits im ersten Jahr hat die Linie die Anforderungen mit 14.7 Prozent Kostendeckung fast erfüllt, und die Fahrgastzahlen waren ab Beginn erfreulich hoch», sagt Anna Eichholzer, Fachbereichsleiterin Verkehr bei der Gemeinde Münsingen. Gefordert sind 15 Prozent. Da sich die Linie gut entwickelte, habe die Regionalkonferenz Bern-Mittelland den Antrag gestellt, dass sie ins Grundangebot aufgenommen wird. Das bernische Kantonsparlament stimmte dem Antrag zu und nahm die Linie für die Jahre 2022 bis 2025 ins Grundangebot auf.

 

Ein Missverständnis

Die beteiligten Gemeinden Münsingen und Worb sowie Bernmobil gingen in der Folge davon aus, dass die Linie nun eine reguläre Linie sei und der Kanton die Finanzierung sicherstelle.* Doch im November 2021, einen Monat vor dem Fahrplanwechsel, bekamen die beiden Gemeinden und Bernmobil vom Kanton die Nachricht, dass es ein Missverständnis gegeben habe und die Linie nicht als reguläre Linie, sondern nur als Bürgerbus ins Grundangebot aufgenommen worden sei. «Für den Kanton Bern war seit Beginn der Planung der Buslinie klar, dass es sich bei der Linie um einen Bürgerbus handelt. Dieser wurde denn auch im Versuchsstatus als solcher finanziert», sagt Christian Aebi, Amtsvorsteher des Amts für öffentlichen Verkehr (AÖV). Das heisst: Der Kanton beteiligt sich mit 50'000 Franken pro Jahr am Betrieb von Bürgerbussen. Die verbleibenden Kosten tragen die Gemeinden selber.

 

Eine Zwischenlösung

Ein erstes Mal war damit der Betrieb des Busses in Gefahr, die Finanzierung nicht gesichert. Die Gemeinden Münsingen und Worb, Bernmobil und der Kanton fanden nach mehreren Besprechungen einen Kompromiss für die Jahre 2022 bis 2023. «Der Kanton kam den Gemeinden grosszügig entgegen, weil es sich um ein Missverständnis handelte», sagt Aebi zu dieser Zwischenlösung. Wieviel der Kanton in diesem Rahmen bezahlte, will er nicht sagen.

 

Erneute Absage an die Gemeinden

Es folgten weitere Verhandlungen. Mitte 2022 erteilte das AÖV der Gemeinde erneut einen abschlägigen Entscheid. «Wider Erwarten», wie Eichholzer sagt. Das AÖV wollte die Linie nach 2023 weiterhin als Bürgerbus finanzieren, nicht aber als reguläre Linie. «Die Linie erreicht den minimalen Kostendeckungsgrad von 15 Prozent bei Weitem nicht», begründet Aebi.

 

Eichholzer widerspricht nicht. Auch im zweiten Jahr des Versuchsbetriebs habe die Linie die Anforderungen bezüglich Kostendeckungsgrad nicht erfüllt, aber: «Es war Corona. Und die Linie hatte als einzige Bernmobil-Linie eine Zunahme bei den Einsteigezahlen in dieser Zeit.» Die Zielvorgabe bezüglich Fahrgastzahlen sei ab Beginn des Versuchsbetriebs sogar übertroffen worden. Und im laufenden Jahr werde die Linie gemäss Prognosen von Bernmobil die Anforderungen an die Kostendeckung ebenfalls erfüllen.

 

«Wir sind gefrustet»

«Wir sind gefrustet», sagt Eichholzer zum erneuten abschlägigen Bescheid des Kantons. Die Gemeinde wirft dem Kanton vor, sein eigenes Versprechen nicht zu erfüllen. «Wir, Bernmobil und die Regionalkonferenz wurden vor den Kopf gestossen. Unter ÖV-Förderung verstehe ich etwas anderes», sagt Eichholzer. Die Gemeinde habe mit der Linie 168 eine Linie, die die Anforderungen fürs Grundangebot unter dem Strich erfülle, nun schon fünf Jahre über den Versuchsbetrieb hinaus finanziert. Aebi weist den Vorwurf zurück. «Wir versuchen, gut mit der Gemeinde Münsingen zusammenzuarbeiten.»

 

Die Gemeinde Münsingen und die Regionalkonferenz fechten den Entscheid des AÖV nun an. «Wir verlangen, dass die Linie 168 per Zwischenbeschluss im Dezember 2023 ins reguläre Grundangebot aufgenommen wird», so Eichholzer.

 

Hoffen auf den Zwischenbeschluss

Die Gemeinde wartet nun mit Bangen auf die Antwort des Kantons. Der Betrieb des Busses sei ohne Zusage des Kantons gefährdet, die hohen Kosten für eine Gemeinde nicht tragbar. Gemäss Aebi bezahlt der Kanton 2024 den regulären Beitrag an einen Bürgerbus, die Gemeinde muss für die Differenz aufkommen. «Dieser Beschluss bedeutet für die Gemeinde weitere rund 140 000 Franken, die sie selber bezahlen müssen», sagt Eichholzer. Wie es nach 2024 aussieht, ist offen. «Es ist nicht gesagt, dass die Gemeinden einen Bus, der die Anforderungen fürs Grundangebot erfüllt, weiterfinanzieren würden», sagt Eichholzer.

 

Eichholzer hofft nun auf positiven Bescheid für spätestens übernächstes Jahr und darauf, dass das Online-Meeting mit den Grossrät:innen etwas gebracht hat. «Die Grossräte haben uns Ihre Unterstützung signalisiert», sagt sie. Antwort auf ihre Forderung erhält die Gemeinde vom Kanton gemäss Aebi im Dezember, wenn der Regierungsrat die Anpassungen des Angebotsbeschlusses zuhanden des Grossen Rats verabschiedet hat.

 

*Einen kleinen Teil müssen die Gemeinden auch bei regulären Linien selber bezahlen. Es ist aber viel weniger, als bei einem Bürgerbus.


Autor:in
Isabelle Berger, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 04.06.2023
Geändert: 04.06.2023
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