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Landiswil: Braucht denn diese Gemeinde keinen AHV-Zustupf?

Landiswil, statistisch gesehen die ärmste Gemeinde der Region Bern-Ost, hat am deutlichsten gegen die 13. AHV-Rente gestimmt: 73.5 Prozent sprachen sich dagegen aus. Dabei könnten gerade sie den Zustupf gebrauchen, würde man meinen. Das deutliche Resultat hat auch den Gemeindepräsidenten Samuel Wittwer überrascht. Aber er vermutet logische Gründe hinter diesem Resultat.

73.5 Prozent Nein-Stimmen: Landiswil lehnte die AHV-Initiative deutlicher ab als alle anderen Gemeinden der Region Bern-Ost. (Foto: Landiswil/zukunft-sichern.ch)

Das Ergebnis war nur in wenigen Gemeinden der Schweiz so deutlich: Fast drei Viertel der Landiswiler:innen (73.5 Prozent) lehnten die Initiative für eine 13. AHV-Rente ab, nur gut ein Viertel war dafür ( 26.5 Prozent). Im Kanton Bern war die Ablehnung nur noch im Schangnau mit 76.3 Prozent Nein-Stimmen deutlicher (Quelle: SRF*).

 

Erstaunlich ist, dass dieses deutliche Nein von einer Gemeinde kommt, die statistisch gesehen das niedrigste Einkommen der Region Bern-Ost verzeichnet (BERN-OST berichtete). Einer Gemeinde, so könnte man meinen, deren Bewohner:innen um einen finanziellen Zustupf bei der AHV nur zu froh wären.

 

«Das hat mit der Bevölkerungsstruktur zu tun»

Das klare Resultat hat auch den Gemeindepräsidenten Samuel Wittwer überrascht. «So deutlich hätte ich das nicht erwartet», sagt er auf Anfrage. Aber ihm seien sofort ein paar Gedanken durch den Kopf gegangen, die das deutliche Nein erklären: «Viele fragten sich wahrscheinlich, wer denn das bezahlen soll», vermutet er. Und: «Das hat wahrscheinlich auch mit unserer Bevölkerungsstruktur zu tun.»

 

Das heisse zum einen, dass viele Landiswiler:innen der SVP verbunden seien und sich von deren Argumenten überzeugen liessen. «Gleichzeitig ist unsere Bevölkerung eher vorsichtig, mag sich für keine Revolution einsetzen, sondern hat Respekt vor dem Ungewohnten und davor, was gewisse Entscheide auslösen könnten.»

 

«Zurückhaltend beim Hand-Hinhalten»

Insgesamt, findet Wittwer dann, klinge das aber zu einseitig, denn das zeige nicht die ganze Haltung. Denn: «Auf der anderen Seite sind die Landiswiler:innen auch nicht jene, die sofort rennen, um Ergänzungsleistungen zu beanspruchen – sie sind zurückhaltend beim Hand-Hinhalten.»

 

Wittwer selbst, das gibt er unumwunden zu, hat auch gegen die Initative gestimmt. «Allerdings ohne grosse Emotionen», wie er sagt: «Ich will einfach nicht, dass Reiche von diesem Giesskannenprinzip profitieren können.»

 

«Enttäuscht über niedrige Stimmbeteiligung»

Nach wie vor bleibt aber die Deutlichkeit des Ergebnisses in Landiswil bemerkenswert: Die umliegenden Gemeinden Arni, Bowil, Linden, Oberthal, Oppligen und Walkringen gehören zwar ebenfalls zu den Gemeinden mit dem höchsten Anteil Nein-Stimmen (Quelle: SRF*).

 

Aber bei ihnen lag dieser Anteil zwischen 55 und 65 Prozent, also doch noch im Schnitt rund zehn Prozent tiefer und damit weit weniger deutlich als in Landiswil. Gemeindepräsident Wittwer sagt, er sei «vor allem enttäuscht über die niedrige Stimmenbeteiligung», die mit 51,3 Prozent unter dem nationalen Durchschnitt liege.

 

«Hier helfen alle einander»

Er überlegt kurz. Dann findet er vielleicht eine weiterführende Erklärung: In Landiswil, sagt er, warten die Leute nicht darauf, dass ihnen der Staat zu Hilfe komme: «Hier helfen alle einander, und die Familien unterstützen sich gegenseitig.»

 

Das wiederum, stellt er dann dezidiert fest,  mache ja den ganz besonderen Reichtum seiner Gemeinde aus: «Sie gehört eben nur finanziell zu den ärmsten.»

 

*Quelle: Nationale Vorlagen - So hat Ihre Gemeinde abgestimmt - News - SRF > Gemeinderesultate: Renteninitiative


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 10.03.2024
Geändert: 10.03.2024
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