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Max Gugelmann: "Adieu Berner Platte und Co."

Nach 20 Jahren als Koch in der Region Bern-Ost ist die Ära Max Gugelmann Ende Januar im Alpenblick Ferenberg zu Ende gegangen. Im Gespräch erzählt Gugelmann, was es braucht um in der Gastronomie Erfolg zu haben und warum die Berner Platte aussterben wird.

Max Gugelmann: "Man muss bereit sein, 16 Stunden zu arbeiten." (Foto: Rolf Blaser)
Max Gugelmann: "Koch ist ein harter Beruf, es sind lange Tage, man arbeitet am Wochenende. Man steht extem unter Druck." (Foto: Rolf Blaser)
Max Gugelmann kochte, Marianne Horisberger war an der Front, Werner Röthliberger war der Küchenchef. (Foto: Rolf Blaser)
Von 2017 bis Ende Januar 2023 leitete Max Gugelmann das Restaurant Alpenblick in Ferenberg am Bantiger. (Foto: Rolf Blaser)

Während Stettlen unter dem Nebel begraben liegt, schaut man vom Alpenblick auf Eiger, Mönch und Jungfrau und Richtung Westen auf die gesamte Voralpenkette bis zum Gantrisch. Drinnen stehen Teller in allen Grössen sauber aufgeschichtet, die Tische an der Wand aufgereiht, der Boden wird gebohnert, die Küche poliert. Der Alpenblick ist bereit für die Übergabe an den Nachfolger. Max Gugelmann hat den Alpenblick 2017 übernommen: "Das Restaurant lief damals nicht mehr, wie gewünscht. Dann kamen wir."

 

Umsatz vervielfacht

Er und sein Team haben den Umsatz des Alpenblick in diesen fünf Jahren massiv erhöht. "Wir hatten hier einen Riesenerfolg. Nicht nur bei den Gästen, sondern auch unter dem Strich." Vor dem Alpenblick führte Max Gugelmann zusammen mit Marianne Horisberger und Werner Röthlisberger das Restaurant Rüttihubelbad. "Der Hauptgrund für den Erfolg ist das Team, sie sind mitbeteiligt."

 

Er hätte im Rüttihubelbad weiterwirten können, doch es kam eine Anfrage, ob er nicht den Alpenblick übernehmen und aufbauen möchte. Gugelmann sagte zu, der Umsatz kletterte in die Höhe. Auf dem Höhepunkt hört er jetzt auf und geht in Pension.

 

Beim Spitzenkoch in die Ausbildung

Aufgewachsen ist Gugelmann mit neun Geschwistern auf einem Bauernhof im Kanton Aargau. Dass er Koch lernen soll, habe seine Mutter bestimmt. "Ich trieb mich als Kind immer um den Kochherd rum, das ist super rausgekommen." Er ging danach bei Kochbuchautor Fritz Gfeller in Weier im Emmental in die Lehre. "Die Lehre war fantastisch! Ich konnte bei Gfeller mithelfen das Kochbuch Emmentaler Küche zu schreiben." Gfeller, sei ein strenger Lehrmeister gewesen, aber er habe ihm das Handwerk beigebracht. Nicht nur das Handwerk, Gfeller habe ihn auch mit dem Gastrovirus infiziert. Doch dazu später mehr.

 

Es ist nicht mehr wie früher

Der Beruf und auch das Arbeitsklima habe sich verändert. Er hat in all den Jahren 14 Köchinnen und Köche ausgebildet. Es sei eine andere Generation heute, man benötige viel psychologisches Geschick als Ausbildner. "Heute braucht es einen Dialog mit den Auszubildenden, man spricht mehr miteinander, damit das gut aufgenommen wird." Damals hätte er einfach gemacht, was der Lehrmeister verlangt habe, das gehe heute nicht mehr. Es werde auch immer schwieriger junge Leute zu finden, die eine Kochlehre machen.

 

Kairo oder Freundin

Nach der Lehre hätte Max Gugelmann zu Möwenpick nach Kairo wechseln können. Das habe ihn sehr gereizt, aber am Ende kam es nicht dazu. "Ich war frisch verliebt. Ich hatte mich gegen Kairo, für die Freundin entschieden und mit ihr später drei Kinder gehabt." Auf die Frage, ob sie immer noch zusammen sind, antwortet Gugelmann: "Wir sind seit 30 Jahren geschieden."

 

Languste auf der Skipiste

Die erste Station, wo es den jungen Max Gugelmann Mitte 80er Jahre mit seiner Freundin hinzog, waren die Berge. Während 17 Jahren arbeitete er in Zermatt. Er begann als Küchenchef im 4-Sterne-Hotel Pollux. Danach führte er zwei weitere Gastrobetriebe, einer davon auf 2100 Meter Höhe.

 

Im Restaurant Adler auf der Findelnalp habe er eine gehobene Gourmetküche an der Skipiste serviert. "Ich fand das geil. Wir kochten Spaghetti mit Hummer für ein internationales Publikum." Die Touristen seien gekommen und hätten sich bei Champagner und Langusten wohl gefühlt. Dann kam der 11. September 2001 und Gugelmann kehrte Zermatt den Rücken.   

 

Von Zermatt nach Deisswil

Die Pachtverträge in Zermatt liefen aus, man wusste nicht, wie die Anschläge die Welt verändern. "Mir fehlte der Mut und ich dachte, es kämen keine amerikanischen Touristen mehr. Gleichzeitig erhielt ich ein Angebot aus Stettlen." Der Eigentümer des Ziegelhüsi wollte etwas Neues aufbauen. "Ich hatte das Gefühl, jetzt machen wir den Schritt von Zermatt nach Bern."

 

Das Ziel war, das Ziegelhüsi während fünf Jahren aufzubauen und danach zu verkaufen. Gugelmann sagt: "Als ich dort begann, war es runtergewirtschaftet. Mein Mandat war, den Betrieb aufzubauen." Dies gelang, das Ziegelhüsi wurde verkauft, Gugelmann zog weiter.

 

Erfolgsrezept: Tipp 1

Gefragt was sein Erfolgsrezept sei, muss Gugelmann nicht nachdenken. Woher wusste er auf welche Küche er im Ziegelhüsi oder auch im Alpenblick setzen musste, damit die Gäste kommen? "Ich setzte auf eine saisonale, frische Küche, das heisst, eine französische Küche. Aber, man darf nie die währschaften Gerichte vergessen. Berner Platte, Röschti oder Rahmschnitzel. Das schmeckt und verkauft sich gut."

 

Beim Thema Berner Platte, prophezeit Gugelmann, die werde leider aussterben. "Es wächst eine Generation auf, die das nicht mehr kennt." Um eine Berner Platte aufzutischen, benötige es gutes Handwerk in der Küche, es brauche Zeit dies zu kochen und es brauche gute Zutaten.

 

Erfolgsrezept: Tipp 2

Gugelmann beschreibt seine Küche: "Wenn der Spargel reif ist, gibt es Spargel. Wenn Zander nicht laichen, gibt’s Zander, an Monaten die mit einem 'R' enden, gibt es Muscheln. Man muss der Natur auch die Zeit geben." Es gebe noch weitere Punkte, die für ein gutes Restaurant dazugehören. "Ich habe immer das gekocht, was der Gast will. Ich habe nicht gekocht, was ich wollte. Das ist massgebend und zentral. Wenn ich Hummer und Languste anbiete, dann geht das nicht lange und ich bin weg." Es brauche ein Gespür, was der Gast will. Ferenberg ist nicht Zermatt.

 

Erfolgsrezept: Tipp 3

Um Erfolg zu haben reiche es aber nicht, gut zu kochen. Man muss auch ein Gastwirt sein. "Ich bin es gewohnt 12 bis 16 Stunden am Tag zu arbeiten. Ich stand in der Küche und konnte trotzdem jeden Gast begrüssen und verabschieden. Das wird geschätzt, das ist gelebte Gastfreundschaft", sagt Gugelmann. Ohne gute Mitarbeiter sei dies nicht möglich. "Ich hatte Glück, dass viele mitkamen auf meinem Weg. Wenn die Ausbildung gut und die Leidenschaft da ist, dann behaupte ich, dass man Erfolg hat. Wer das Gefühl hat, sie müssen nur den Betrieb managen, das haut nicht."

 

Erfolgsrezept: Tipp 4

Für Gugelmann sei es nicht bloss eine Arbeit gewesen, sondern eine Berufung. Ohne den Gastrovirus, der ihm in der Lehre mitgegeben wurde, hätte er sich dies nicht vorstellen können. Bei solch langen Arbeitstagen sei wenig Platz nebenbei für eine Familie. "Beides geht nicht. Wenn ein grosses Verständnis da ist, vielleicht, sonst wird es schwierig." Das Problem sei folgendes: "In der Regel ist eines hinten, das andere vorne, Küche und Service. Es gibt Reibereien, es passieren Fehler. Der Stress in der Küche und dann ist man mit der Partnerin 24 Stunden zusammen. Man hat sich kaum noch was zu sagen."

 

Gugelmann macht den Bumann

Nach 42 Jahren Gastronomie hört Max Gugelmann auf. "Ich werde nicht nichts machen, ich werde in die Beratung einsteigen." Er will junge Leute, die einen Betrieb übernehmen beraten. "Praktisch unentgeltlich," werde er das machen. Anfragen habe er schon erhalten. Sein treues Team, Marianne Horisberger an der Front und Küchenchef Werner Röthlisberger werden eine Pause einlegen und sich danach neu orientieren.

 

Keine Reue?

Zwei Kellner werden bei seinem Nachfolger weiterbeschäftigt, die übrigen Angestellten hätten bereits etwas Neues gefunden. Eine letzte Frage zum Schluss: Hat er es nie bereut, dass er damals als junger Koch nicht nach Kairo ging? "Doch schon, vor allem als die Ehe in die Brüche ging, dachte ich, schade, dass ich das nicht gemacht habe."

 

[i] Das Restaurant Alpenblick in Ferenberg wird ab Februar von Ramo Deveci übernommen (BERN-OST berichtete). Deveci betreibt zwei Restaurants in Basel.   


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 04.02.2023
Geändert: 04.02.2023
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