- Kultur
Mühle Hunziken: "'Scharlachrot' - sonst kann ich nicht schlafen"
Büne Huber’s Meccano Destructif Commando gab am Wochenende drei völlig ausverkaufte Konzerte. Es waren Abende zum Schwitzen und Schwelgen.
Einigen im Raum muss die Hitze nach drei Stunden etwas zugesetzt haben. Sie haben alle Hemmungen verloren. Zum Beispiel die nicht mehr ganz junge Dame auf dem Balkon der Mühle Hunziken in Rubigen. Sie lehnt sich gefährlich weit über die Brüstung, schaut auf Büne Huber hinab und krächzt: «Scharlachrot!» Eine Stimme von hinten im Zuschauerraum übertönt sie. Gellend klingt es: «D’ W. Nuss!», «Vater!», «Juanita!».
Schliesslich muss Büne Huber durchgreifen. Er setzt sich ans Piano und meint trocken: «Es ist nicht so, dass wir so ‹Tapsen› sind und nicht wissen, was wir spielen wollen, wenn wir auf die Bühne kommen.» Dann stimmt er ungerührt das Stück «Astronaut» von Udo Lindenberg an. Schliesslich befindet man sich nicht an einem Wunschkonzert von Patent Ochsner. Offiziell befindet man sich gar nicht an einem Konzert von Patent Ochsner. Während die Band pausiert, tourt Büne mit dem eigens dafür geschaffenen Meccano Destructif Commando durch die kleinen Konzertlokale der Schweiz. Nun sind die vier Männer in der Mühle Hunziken angekommen, um an drei ausverkauften Konzerten den Nachtschattengewächsen eine Bühne zu geben. Als Nachtschattengewächse bezeichnet der Berner Sänger Lieder, die sich nicht für die grossen Turnhallen eignen, alte und auch unbekanntere Stücke. Ihnen räumt er vor allem im ersten von zwei Sets viel Platz ein. Zum Beispiel «Schuumbad 1» vom ersten Album «Schlachtplatte» – zu dem Büne Huber auch gleich eine amüsante Episode zu erzählen weiss. Ob die Geschichte des etwas fehlgeleiteten Wiler Radiomoderators Raphael Bär sich wirklich so zugetragen hat, sei dahingestellt, unterhaltsam ist sie alleweil.
Überhaupt startet die Band gemütlich in den Abend, bringt mit dem Element-of-Crime-Cover «Wysses Papier» auch mal etwas zum Mitsingen, bleibt aber zum grossen Teil den Nachtschattengewächsen treu. Dass man trotzdem schwitzt, hat vor allem mit den bekannt-berüchtigten Mühletemperaturen zu tun. Auch die Band schwitzt, bleibt beweglich und abwechslungsreich. Patent-Ochsner-Gitarrist Diesel Gmünder empfiehlt sich als versierten Multiinstrumentalisten, der mühelos von der Gitarre über die Trompete und das Akkordeon zum Keyboard wechselt. Andi Hug am Schlagzeug ist ein sicherer Wert. Und der einzige Nicht-Patent-Ochsner Wolfgang Zwiauer steht am Bass und widmet sich den Backing Vocals, als hätte er nie etwas anderes getan.
Die groovigen Abschnitte bleiben rar, die berührenden Momente sparsam dosiert – und so ist die Überraschung umso grösser, als es nach der Pause lauter und wilder zu- und hergeht. Sei es bloss, weil nun doch bekannte Songs gespielt werden wie «Zimmer» und «Juanita la luna», sei es aber auch, weil da plötzlich Experimentelles zu hören ist, Reggae-Klänge und ein wild arrangiertes «Paranoid». Ein kleiner Teil des Publikums ist einen Augenblick verunsichert. Doch der Rest macht dampfend und stampfend weiter.
Die ganz grossen Hits spielen Büne Huber’s Meccano Destructif Commando trotz Bitten und Schreien aus dem Publikum nicht. Bis Büne Huber Erbarmen zeigt und als letzte Zugabe «Scharlachrot» spielt. Die nicht mehr ganz junge Dame strahlt: «Es musste so enden, sonst kann ich nicht schlafen, ehrlich.»
Erstellt:
28.03.2011
Geändert: 28.03.2011
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