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Münsingen - Eine Strasse mit einer Spur - aber zwei Richtungen

Quelle
Berner Zeitung BZ

Der Gemeinderat Münsingen lanciert eine eigenwillige Idee: eine Entlastungsstrasse, die morgens in der einen und abends in der anderen Richtung befahren werden kann.

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Die neue Variante West der Entlastungsstrasse in Münsingen. (Grafik: BZ)
Die Münsinger leiden unter zu viel Verkehr. Morgens staut es regelmässig in Richtung Rubigen, und abends stockts auf dem Heimweg. Nun lanciert der Gemeinderat eine neue und eigenwillige Idee, um dieses Problem zu lösen: eine einspurige Strasse im Westen des Dorfs, die mal in die eine, mal in die andere Richtung offen ist. «Wenn die Kantonsstrasse überfüllt ist, könnte eine solche Strasse für Entlastung sorgen», sagt Gemeinderat Andreas Kägi (FDP).
 

Die Strasse beginnt beim Autobahnanschluss Rubigen. Entlang der Autobahn, je nach Linie durch ein Naturschutzgebiet und schliesslich an der Raststätte vorbei führt sie bis zum Fussballplatz Sandreutenen. Das Durchfahrtsregime, das mit einem Lichtsignal geregelt wird, sieht wie folgt aus:

  • Am Morgen ist die Strasse Richtung Rubigen zwischen 6.30 und 8.30 Uhr befahrbar.
  • Am Abend ist die Strasse in Richtung Münsingen zwischen 16.30 und 19 Uhr offen.
  • Am Samstag und Sonntag ist die Strasse immer geschlossen.
 

Für Kägi hätte dieses Konzept den Vorteil, dass nicht eine neue Strasse gebaut werde, die 24 Stunden in Betrieb sei. Sondern eine, die dann für Entlastung sorge, wenn es wirklich nötig sei. Gemäss Berechnungen könnte die Ortsdurchfahrt damit morgens wie abends um je 2500 bis 3000 Fahrzeuge entlastet werden.

 

«Ich weiss nicht, ob eine solche Strasse realisierbar ist», sagt Kägi. Das sei vorerst auch nicht wichtig. «Wir wollen erst einen Denkprozess anstossen und darüber diskutieren.» Darum gibt es auch keine Kostenschätzung.

 

Parlament redet mit

 

Neu ist nicht nur das Konzept der Strasse, sondern auch das Vorgehen des Gemeinderats. Er legt dem Parlament ein noch unausgereiftes Projekt vor. Das liegt auch daran, dass die Münsinger Politik in den letzten Jahren immer mal wieder späte Niederlagen an der Urne erlitten hat. Nun ist der Gemeinderat offensichtlich bestrebt, früh die Fühler auszustrecken.

 

«Ich gebe nicht gerne Hunderttausende von Franken für ein Projekt, das dann nicht realisiert wird», sagt zudem Kägi. Darum kann sich nun das Parlament bis Anfang Juli äussern. Je nach Ergebnis wird der Gemeinderat eine Machbarkeitsstudie erarbeiten oder eben nicht.

 

Umstrittene Nordvariante

 

Ganz frisch ist die Idee einer Entlastung West jedoch nicht. 2008 stand eine zweispurige richtungsgetrennte Strasse zur Diskussion, die allerdings bei der Mitwirkung zur Korridorstudie Aaretal nicht gut ankam. Der Gemeinderat setzte sich deshalb für eine andere Variante ein: Die Entlastungsstrasse Nord/Hunzingenstrasse. Sie ist bereits im regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept aufgenommen. Die Meinungen sind aber auch dazu geteilt, das zeigen Mitwirkungen und Umfragen.

 

Jetzt wird sich zeigen, ob die neue Westvariante eine Konkurrentin werden könnte für die Nordvariante. «Unser Ziel ist, dass wir mit einer der beiden Varianten ins Agglomerationsprogramm des Bundes aufgenommen werden», sagt Gemeinderat Kägi, «und zwar mit Priorität A.» Dies würde bedeuten, dass sich der Bund und der Kanton an den Kosten beteiligen würden.

 

Rubigen profitiert nicht

 

Keinen grossen finanziellen Beitrag gäbe es dagegen von der Gemeinde Rubigen. «Wir würden von einer solchen Strasse ja kaum profitieren», sagt Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (BDP). Er hält aber auch fest: «Aber wir wollen Münsingen auch keine Steine in den Weg legen.» Entscheidend für die Gemeinden seien allerdings die Haltung des Kantons und des Bundesamts für Strassen. Und dass die Linienführung für die betroffenen Rubiger verträglich gewählt würde.

Autor:in
Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 19.06.2014
Geändert: 19.06.2014
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