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Noch mehr Lädelisterben: Jetzt auch das Dorflädeli Ursellen

Ein schwieriger Start in das neue Jahr für das Kleingewerbe in Konolfingen. Nach der Metzgerei Gygax und dem Chrützplatz Kafi mit Bäckerei, verkündet jetzt auch das Dorflädeli Ursellen sein Ende.

Nach 28 Jahren macht Gisela Jakob ihr Lädeli zu. (Bilder: Adrian Kammer)
Konolfingen verliert auch noch das Dorflädeli Ursellen.
Vater Alfred Jakob war ein Dorforiginal und führte das Lädeli von 1975 bis 1990.

Wieder klingelt die Ladentür. Ein Pensionär im Velotenue tritt ein. Freundlich wird er von Gisela Jakob begrüsst. "Moment", sagt sie und verlässt kurz den Laden. Als sie zurückkommt drückt sie dem Herrn ein kleines Buch mit dem Titel "... für den begeisterten Radfahrer" in die Hand. "Ich habe das gesehen und musste an Sie denken", sagt die 74-jährige Ladenbesitzerin. Sofort glaubt man ihr, wenn sie im Interview erzählt, dass der Kundenkontakt für sie der schönste Teil der Arbeit sei. Diesen Teil wird die gebürtige Konolfingerin wohl auch am meisten vermissen, wenn sie am 30. Juni das Lädeli endgültig schliesst.

 

28 Jahre führte Gisela Jakob das Lädeli in Ursellen in zweiter Generation. Anfang der 50er Jahre hatte ihre Mutter dort in ihrem Geburtshaus damit angefangen, Gemischtwaren zu verkaufen. Nachdem sie 1975 früh verstarb, übernahm Gisela Jakobs Vater Alfred, der damals als Dorforiginal galt. Ab 1990 übernahm dann die jetzige Besitzerin.

 

Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen

In erster Linie macht Gisela Jakob altershalber und aus gesundheitlichen Gründen Schluss. Nebst einigen Operationen an Gelenken und Rücken, erlitt sie im letzten Dezember genau vor Weihnachten ihre zweite Hirnstreifung. "Einmal ist genug", meint die Ladenbesitzerin. Dementsprechend verspürt sie doch Erleichterung beim Blick in die ladenlose Zukunft. "Dann habe ich mehr Zeit für mich", sagt sie. Diese Zeit möchte sie vor allem für Turnübungen nutzen, und um den Garten in Schuss zu halten.

 

Auch ohne Laden, möchte Gisela Jakob den Kontakt zu gewissen Kunden aufrechterhalten. So hält sie beispielsweise regelmässig Kaffeekränzchen mit ein paar Frauen bei sich im Laden, wo sich der Pöstler in seiner Pause auf der Tour dazugesellt . Diese Gesprächsrunde  soll es weiterhin geben.

 

Kein Nachfolger

Einen Nachfolger für Gisela Jakob wird es nicht geben. Der Laden grenzt direkt an ihre Wohnung und ist sogar mit einem direkten Durchgang mit der Küche verbunden. Da sie das ganze Haus besitzt, kann Gisela Jakob mit der Ladenfläche machen was sie will. Die Ladentür soll zugemauert und die Schaufensterfront mit Holz verkleidet werden. Dann wird quasi die Wohnung innen um ein Zimmer erweitert.

 

Sowieso werfe das Lädeli laut Gisela Jakob keinen wirklichen Gewinn ab. "Müsste ich Zinsen und Löhne zahlen, würde das nicht funktionieren", sagt die Besitzerin. Für sie ist es mehr wie ein Hobby. Die meisten Kunden kaufen etwas Kleines auf die Schnelle, wovon ein Grossteil Schüler der zehnten Klasse aus dem benachbarten Schulhaus sind.

 

Lieber in den Früschmarkt

Auf die Frage, wo sie denn in Zukunft einkaufen wird, antwortet Gisela Jakob lachend: "Also wahrscheinlich werde ich erst einmal nicht einkaufen müssen. Es wird bestimmt noch einiges an Restposten übrig bleiben." Danach möchte sie aber weiterhin das Kleingewerbe unterstützen und zum Früschmarkt gehen, statt in einen der grossen Supermärkte.

 

Schon jetzt beginnt der Ausverkauf im Dorflädeli Ursellen mit Tischdecken, Servietten und anderen Dingen, die nicht verfallen. Im Verlauf des laufenden halben Jahres wird noch mehr dazu kommen und Gisela Jakob hofft, möglichst viel los zu werden.


Autor:in
Adrian Kammer, adrian.kammer@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.02.2019
Geändert: 20.02.2019
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