• Region

Oberdiessbach - Ein Elektroauto wie eine Rakete

In Oberdiessbach kann man sich seit Montag ein Elektroauto ausleihen. Eine Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und der Landi macht's möglich. Für wenig Geld kann ein neuer E-VW gefahren werden. BERN-OST hat eine Runde gedreht.

Oberdiessbach steigt auf das E-Auto um. (Bild: Rolf Blaser)

Meine Erfahrungen mit Elektroautos sind gleich null. Ich bin kurz mal auf dem Beifahrersitz eines Tesla gesessen, selbst ein Elektroauto gefahren bin ich noch nie. Als erstes machte ich in den üblichen Anfängerfehler: Ich will den Motor starten, obwohl er schon läuft. Da es ein Elektromotor ist, hört man das Ding nicht. Überraschung Nummer zwei, es hat keine Gangschaltung. Klar, ist ja kein Motor, bei dem man Gänge einlegen muss. Es ist ein Automat.

 

Das Auto denkt mit

Bevor ich losfahre, tippe ich mit dem Daumen kurz auf einen kleinen Hebel neben dem Steuerrad. Etwa dort, wo sich bei meinem Auto die Bedienung für den Scheibenwischer befindet. Ich tippe also kurz drauf und lege den D, wie Drive, ein. Praktischerweise schaltet der VW auch gleich das Licht ein. Klar, das gibt es bestimmt auch bei anderen Autos mit Benzinmotor. Aber da ich privat ein Auto mit Baujahr 2007 fahre, kenne ich solchen Schnickschnack noch nicht. Ich drücke sanft aufs Pedal und gleite lautlos vom Parkplatz.

 

Sparsames Design

Der VW ID3 fühlt sich trotz Elektromotor an wie ein Auto. Er ist ein Kleinwagen und bietet etwa gleich viel Platz wie ein Golf. Im Unterschied zu meinem Kombi, sind die Armaturen beim E-VW sehr schlank. Oder anders gesagt, es hat gar keine Armaturen. Es hat nur einen Tacho, der die Geschwindigkeit als Zahl anzeigt.

 

Ich sehe, dass ich exakt 53 Stundenkilometer fahre. Sonst hat es keine Anzeigen. Keine Lämpchen, keinen Tourenzähler, keine Benzinanzeige. Radio, Ventilation und Navi lassen sich über ein zweites Display neben dem Steuerrad bedienen. Nicht so mein Ding, aber wir leben nun mal in einer digitalisierten Welt. Dass ich auch im Auto alles über eine App einstelle, finde ich gewöhnungsbedürftig.  

 

Leiser geht nicht

Wir fahren Richtung Linden. Ich warte auf die erste Gelegenheit, um das Pedal mal durchzudrücken. Vor uns fährt ein Traktor mit 20. Wir biegen rechts Richtung Bleiken ab, die Strasse ist frei, ich gebe Strom. Der VW braust von 30 auf 80 in gefühlt einer Sekunde. Ich staune schon wieder. Im Vergleich mit meinem Diesel-Automaten muss der Elektromotor nie schalten. Er zieht durch, deshalb ist die Beschleunigung konstant und sehr leise.

 

Der leise E-Motor verleitet mich ständig dazu, zu schnell zu fahren. Ich widerstehe dem. Schon nach kurzer Fahrt fühle ich mich mit dem E-VW vertraut. Vertraut genug, um noch weiterzufahren, aber wir beenden unsere Testfahrt wieder auf dem Parkplatz vor dem Gemeindehaus Oberdiessbach. Rückwärts einparken klappt problemlos. Klar, denke ich auch hier, der Motor sei "abverreckt", ist er nicht, ich höre ihn nur nicht.

 

Zum Einparken wechselt das Display auf die Kamera und zeigt den Blick nach hinten. Ich verzichte auf diese Hilfe und schaue wie gewohnt nach hinten. Auch beim Aussteigen denkt das Auto mit, Licht und alles andere wird runtergefahren.

 

Miete für alle möglich

Der Elektro-VW kann von allen gemietet werden, die einen Fahrausweis haben. Erst muss eine App installiert werden, über die App kann das Auto reserviert und geöffnet werden. Die Miete kostet 2.80 Franken pro Stunde und 62 Rappen je gefahrenen Kilometer.

 

[i] Oberdiessbach stellt den VW zusammen mit der Landi Aare zur Verfügung. Das Auto wird mit 100 Prozent-Ökostrom geladen. Die Gemeinde produziert mit der Photovoltaikanlage auf dem Sekundarschulhaus jährlich 80'000 kWh Strom. Das Angebot wird über die eigene Elektrizitätsversorgung finanziert und kostet 10'000 Franken pro Jahr. Der Betrag reduziert sich mit jeder externen Benützung.

 

[i] edrive-Carsharing , Oberdiessbach


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 13.05.2021
Geändert: 14.05.2021
Klicks heute:
Klicks total: