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Oberdiessbach - Voilà, le jardin français
Die Gartenanlage beim Schloss Oberdiessbach wurde vor einigen Jahren so hergerichtet, wie sie beim Bau vor knapp 350 Jahren aussah.
Der französisch geschriebene Titel kommt nicht von ungefähr: Der Erbauer des Schlosses, Albrecht von Wattenwyl, war Oberst unter Louis XIV; der Architekt des Schlosses, Jonas Favre, stammte aus Neuchâtel; und das Schloss selber wurde nach französischem Vorbild erbaut.
Da überrascht das breite Berndeutsch des Schlossherrn, Sigmund von Wattenwyl. Aber keine Angst, er spricht fliessend französisch. Diesen Wortschatz kann er gut brauchen, wenn er einen durch die Anlage führt. «Das ist der Cour d’honneur, der Ehrenhof», erklärt Sigmund von Wattenwyl bei der ersten Station. «Hier sind einst Kutschen vorgefahren und haben die Herrschaften aussteigen lassen.»
Majestätischer Eingang
Der Eingang wirkt majestätisch: Zwei massive Säulen tragen die schmiedeisernen, goldverzierten Eingangstore, welche im Régence-Stil erbaut wurden. Bereits hier fällt die strikte Symmetrie auf. Der Weg zum Schloss, das seinerseits auch symmetrisch gebaut wurde, ist von zwei Brunnen, zwei Grünflächen und zwei Rosenbeeten gesäumt.
Beim Schloss angekommen richtet sich der Blick automatisch nach rechts in den jardin français. «Das war nicht immer so», erklärt der Schlossherr. «Meine Ururgrossmutter, Henriette von Wattenwyl-von Sinner, liess die Mauer entfernen, welche den Eingangsbereich vom eigentlichen Garten trennte. Fast jede der elf Generationen hat wohl den Garten da und dort nach ihrem Geschmack angepasst. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis Zweiten Weltkrieg hatte das französische Schloss gar einen englischen Garten mit vielen runden Formen. Mit der Anbauschlacht Wahlen wurden die Büsche entfernt, die Flächen urbar gemacht und schliesslich Kartoffeln gesetzt. Der verschiedenen Nutzungen zum Trotz, die räumliche Struktur hatte Bestand.
Zurück zu den Wurzeln
Den letzten grossen Eingriff haben 2005 Sigmund und Martine von Wattenwyl durchgeführt. In Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege liessen sie die Anlage wieder herstellen. Als Vorlage diente ein Plan aus der Bauzeit des neuen Schlosses. So wie einst Albrecht von Wattenwyl durch den Garten spazierte, kann dies nun auch sein Nachfolger Sigmund von Wattenwyl tun. Durch die Mitte der Anlage führt ein schnurgerader Kiesweg, der einzig von einem Springbrunnen unterbrochen wird. Der Weg führt am Ende des Gartens weiter, direkt in die 250 Meter lange Allee.
Um den originalen Springbrunnen sind vier geometrische Rasenflächen angeordnet, die von einer massiven Kante abgeschlossen werden, damit ja alles schnurgerade bleibt. Sogar die Eibenbäumchen weisen eine geometrische Form auf, sie sehen aus wie kleine Pyramiden. Kein Unkraut wächst im Rasen, wie auch auf den Kieswegen. Manche Besucher würden den Garten als «chli mutz» empfinden, berichtet von Wattenwyl, der mit seinem Garten zufrieden ist. «Ich will kein Schwimmbad, auch wenn es genügend Platz hätte.»
Die von Wattenwyls hatten andere Pläne: Sie wollten die beiden Eckpavillons wieder aufleben lassen, welche auch der umbauwütigen Ururgrossmutter zum Opfer fielen. Als moderner Kontrapunkt liessen Sigmund und Martine von Wattenwyl eine filigrane Stahlkonstruktion erstellen. Die Schlichtheit der beiden Pavillons fügt sich gut in die Anlage ein.
Der 52-jährige Schlossbesitzer fühlt sich dem Schloss und damit der Tradition verbunden. Doch hat diese Begeisterung auch Grenzen. Auf dem Plan, der als Vorlage diente, sind auf den Grünflächen kunstvolle Ornamente aus Buchs zu sehen. «Diese Broderien wären sicher schön, aber deren Unterhalt ist viel zu aufwändig», erklärt der Schlossherr, der keine Heerscharen von Gärtnern befehligen kann, weil Sigmund von Wattenwyl und seine Familie selber zum Rasenmäher und zur Heckenschere greifen. «Wir lassen Bäume und Sträucher von einem Gärtner schneiden, den Rest machen wir selber.»
Früchte und Gemüse aus dem Potager
Früher war das anders. Das Schloss und der angegliederte Gutsbetrieb beschäftigte mehrere Familien. Das Gemüse und die Früchte, welche auf den Tisch kamen, wuchsen im potager (franz. Gemüsegarten). Dieser liegt östlich des jardin français und ist durch eine massive Mauer von diesem getrennt. Noch heute kümmert sich Sigmund von Wattenwyls Mutter, Marie Lise, um einige Beete.
Abgeschlossen wird die Schloss-Anlage mit einem Hof, der natürlich auch geometrisch angeordnet ist und eine französische Bezeichnung trägt: seconde cour. «Dieser zweite Hof befindet sich auf der Rückseite des Schlosses und wurde ursprünglich von den Bediensteten benutzt, welche das Schloss natürlich nicht von vorne betreten durften», erklärt der Schlossherr. Weil die von Wattenwyls Besitzer und Gärtner in einem sind, können sie sich auf der gesamten Anlage frei bewegen. Und Gäste können das Schloss und den Garten auf Anmeldung besichtigen.
www.schloss-oberdiessbach.ch
Da überrascht das breite Berndeutsch des Schlossherrn, Sigmund von Wattenwyl. Aber keine Angst, er spricht fliessend französisch. Diesen Wortschatz kann er gut brauchen, wenn er einen durch die Anlage führt. «Das ist der Cour d’honneur, der Ehrenhof», erklärt Sigmund von Wattenwyl bei der ersten Station. «Hier sind einst Kutschen vorgefahren und haben die Herrschaften aussteigen lassen.»
Majestätischer Eingang
Der Eingang wirkt majestätisch: Zwei massive Säulen tragen die schmiedeisernen, goldverzierten Eingangstore, welche im Régence-Stil erbaut wurden. Bereits hier fällt die strikte Symmetrie auf. Der Weg zum Schloss, das seinerseits auch symmetrisch gebaut wurde, ist von zwei Brunnen, zwei Grünflächen und zwei Rosenbeeten gesäumt.
Beim Schloss angekommen richtet sich der Blick automatisch nach rechts in den jardin français. «Das war nicht immer so», erklärt der Schlossherr. «Meine Ururgrossmutter, Henriette von Wattenwyl-von Sinner, liess die Mauer entfernen, welche den Eingangsbereich vom eigentlichen Garten trennte. Fast jede der elf Generationen hat wohl den Garten da und dort nach ihrem Geschmack angepasst. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis Zweiten Weltkrieg hatte das französische Schloss gar einen englischen Garten mit vielen runden Formen. Mit der Anbauschlacht Wahlen wurden die Büsche entfernt, die Flächen urbar gemacht und schliesslich Kartoffeln gesetzt. Der verschiedenen Nutzungen zum Trotz, die räumliche Struktur hatte Bestand.
Zurück zu den Wurzeln
Den letzten grossen Eingriff haben 2005 Sigmund und Martine von Wattenwyl durchgeführt. In Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege liessen sie die Anlage wieder herstellen. Als Vorlage diente ein Plan aus der Bauzeit des neuen Schlosses. So wie einst Albrecht von Wattenwyl durch den Garten spazierte, kann dies nun auch sein Nachfolger Sigmund von Wattenwyl tun. Durch die Mitte der Anlage führt ein schnurgerader Kiesweg, der einzig von einem Springbrunnen unterbrochen wird. Der Weg führt am Ende des Gartens weiter, direkt in die 250 Meter lange Allee.
Um den originalen Springbrunnen sind vier geometrische Rasenflächen angeordnet, die von einer massiven Kante abgeschlossen werden, damit ja alles schnurgerade bleibt. Sogar die Eibenbäumchen weisen eine geometrische Form auf, sie sehen aus wie kleine Pyramiden. Kein Unkraut wächst im Rasen, wie auch auf den Kieswegen. Manche Besucher würden den Garten als «chli mutz» empfinden, berichtet von Wattenwyl, der mit seinem Garten zufrieden ist. «Ich will kein Schwimmbad, auch wenn es genügend Platz hätte.»
Die von Wattenwyls hatten andere Pläne: Sie wollten die beiden Eckpavillons wieder aufleben lassen, welche auch der umbauwütigen Ururgrossmutter zum Opfer fielen. Als moderner Kontrapunkt liessen Sigmund und Martine von Wattenwyl eine filigrane Stahlkonstruktion erstellen. Die Schlichtheit der beiden Pavillons fügt sich gut in die Anlage ein.
Der 52-jährige Schlossbesitzer fühlt sich dem Schloss und damit der Tradition verbunden. Doch hat diese Begeisterung auch Grenzen. Auf dem Plan, der als Vorlage diente, sind auf den Grünflächen kunstvolle Ornamente aus Buchs zu sehen. «Diese Broderien wären sicher schön, aber deren Unterhalt ist viel zu aufwändig», erklärt der Schlossherr, der keine Heerscharen von Gärtnern befehligen kann, weil Sigmund von Wattenwyl und seine Familie selber zum Rasenmäher und zur Heckenschere greifen. «Wir lassen Bäume und Sträucher von einem Gärtner schneiden, den Rest machen wir selber.»
Früchte und Gemüse aus dem Potager
Früher war das anders. Das Schloss und der angegliederte Gutsbetrieb beschäftigte mehrere Familien. Das Gemüse und die Früchte, welche auf den Tisch kamen, wuchsen im potager (franz. Gemüsegarten). Dieser liegt östlich des jardin français und ist durch eine massive Mauer von diesem getrennt. Noch heute kümmert sich Sigmund von Wattenwyls Mutter, Marie Lise, um einige Beete.
Abgeschlossen wird die Schloss-Anlage mit einem Hof, der natürlich auch geometrisch angeordnet ist und eine französische Bezeichnung trägt: seconde cour. «Dieser zweite Hof befindet sich auf der Rückseite des Schlosses und wurde ursprünglich von den Bediensteten benutzt, welche das Schloss natürlich nicht von vorne betreten durften», erklärt der Schlossherr. Weil die von Wattenwyls Besitzer und Gärtner in einem sind, können sie sich auf der gesamten Anlage frei bewegen. Und Gäste können das Schloss und den Garten auf Anmeldung besichtigen.
www.schloss-oberdiessbach.ch
Autor:in
Bruno Zürcher / Wochen-Zeitung
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Erstellt:
19.07.2012
Geändert: 19.07.2012
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