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Oberdiessbach - Wohnen neben den Feuerwehrautos

Quelle
Thuner Tagblatt

Wohnungen statt Feuerwehrautos: Ein Teil des Firmenareals der Vogt AG soll umgenutzt werden. Für ein Pilotprojekt der Regionalkonferenz Bern-Mittelland beschäftigen sich drei Teams mit der Zukunft des Areals. Derweil schaut sich die Vogt AG nach einem neuen Standort in der Gemeinde um.

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Auf einem Teil des Firmenareals des Feuerlöschfahrzeug-Herstellers Vogt AG in Oberdiessbach sollen künftig Wohnungen entstehen. (Bild: Patric Spahni)

"Wir stehen bereits seit Ende 2016 im Gespräch mit der Firma Vogt", sagt der Oberdiessbacher Gemeindepräsident Niklaus Hadorn (SVP). Das Thema jenes Gesprächs: das Firmenareal des Herstellers von Feuerlöschfahrzeugen, genauer gesagt der Teil südlich der Freimettigenstrasse. Jenen nämlich will die Firma umnutzen. Dies habe mit ihrer wirtschaftlichen Lage nichts zu tun: "Das Unternehmen ist erfolgreich unterwegs und befindet sich auf einem Wachstumspfad", schreibt Vogt-Geschäftsleiter Roland Leuthold in einer Stellungnahme. Vielmehr sei das "verschachtelte Gebäude" langfristig nicht geeignet für die Produktion der Feuerwehrautos der Firma.

Geeignet sei jedoch das Firmenareal mit seiner Lage nahe am Dorfkern, sagt Hadorn. Und zwar für eine Wohnüberbauung. "Es kann dort verdichtet gebaut werden, was den Anforderungen des Kantons entspricht", erklärt Hadorn.

Das Projekt Vogt-Areal wurde von der Regionalkonferenz Bern-Mittelland, der die Gemeinde Oberdiessbach angehört, als Fallstudie ins Pilotprojekt "Innenentwicklung: Potenziale aktivieren" aufgenommen. Es soll später für andere Gemeinden mit ähnlichen Bauprojekten als Anschauungsbeispiel dienen. Begleitet wird die gesamte Planung deshalb von einem Beurteilungsgremium, bestehend aus den Grundeigentümern, Vertretern der Gemeinde und der Regionalkonferenz sowie dem Projektentwickler und unabhängigen Experten.

Bevölkerung redet mit

Auch die Oberdiessbacher Bevölkerung wurde bereits frühzeitig involviert und konnte an Informationsanlässen im letzten Jahr über die weitere Nutzung des Areals diskutieren. Einige Inputs flossen in die weitere Planung ein. Einig seien sich die Anwesenden darüber gewesen, dass Wohnraum auf dem Areal entstehen solle, sagt Niklaus Hadorn. Ein Bedürfnis sei, hierbei verschiedene Zielgruppen anzusprechen und ein Angebot zu schaffen, das sich für Familien, Einzelpersonen oder Menschen im dritten Lebensabschnitt gleichermassen eigne.

Die unbefriedigende Verkehrssituation sorgte laut dem Gemeindepräsidenten ebenfalls für Gesprächsstoff: Über die Freimettigenstrasse würden viele Lastwagen Waren in die Oberdiessbacher Industriezone liefern. Das müsse bei der Testplanung berücksichtigt werden. "Die Zufahrt zum Areal kann ausserdem nicht über die Schulstrasse erfolgen, da man dort ein grösseres Verkehrsaufkommen verhindern will." Weiter müssten die heute bereits über das Areal verlaufenden Schulwege bestehen bleiben, sagt Hadorn. Um die Lage professionell beurteilen zu lassen, wurde ein Verkehrsingenieurbüro beauftragt.

"Andere Inputs aus der Bevölkerung, wie etwa ein öffentlicher Mehrzweckraum, kommen eher nicht infrage", sagt Hadorn.

Als Vertreter der Familie Vogt, Vorbesitzer der Firma, ist Beat Vogt beim Planungsprozess dabei: "Wir sind nur am Rande in einer beratenden Funktion involviert", sagt er. "Für uns ist wichtig, dass auf dem Areal etwas Sinnvolles für die Gemeinde entsteht und es nicht brachliegt."

Drei Architekturbüros aus Bern und Biel sind in einem Testplanungsverfahren an der Entwicklung des Vogt-Areals beteiligt und präsentieren an drei ganztägigen Workshops ihre Resultate. Konkret sei bisher, dass mehrere von Grünflächen umgebene Wohngebäude auf dem Südareal entstehen sollten, die sich ortsbaulich in die Umgebung eingliedern würden. "Wie dicht man bauen kann, wird erst am Ende der Testplanung feststehen", sagt Hadorn.

Nächster Halt: Ziegelei?

Wo die Vogt AG in Zukunft produzieren wird, steht ebenfalls noch nicht fest. Sie will in Oberdiessbach bleiben, wie der Stellungnahme der Firma entnommen werden kann: "Die Vogt AG ist in Oberdiessbach verwurzelt, und daher ist ein Wegzug für uns kein Thema." Man plane, weiterhin am aktuellen Standort zu produzieren, schaue sich aber nach Alternativen in der Gemeinde um. "Das Ziegeleiareal würde sich als neuer Standort anbieten", sagt Gemeindepräsident Niklaus Hadorn.

[i] SO GEHT ES WEITER

Letzte Woche fand der zweite Workshop mit den beteiligten Planungsteams statt. Als Nächstes folgt die Schlusspräsentation der Testplanung am 3. April. Aus den Erkenntnissen werden Leitlinien für die zukünftige Gestaltung erarbeitet – ein Siegerprojekt gibt es bei einer Testplanung nicht.

Grundeigentümer und Entwickler entscheiden darüber, ob eines der Teams für die nächsten Schritte beauftragt wird oder ob weitere Meinungen eingeholt werden. "Zunächst muss eine Änderung des Zonenplans erfolgen, diese ist zwingend nötig", sagt Bauverwalter Roman Sterchi. Die Bevölkerung wird im Rahmen der Zonenplanänderung mitwirken können. Nach der Vorprüfung beim Kanton wird diese öffentlich aufgelegt, bevor sie der Gemeindeversammlung zur Genehmigung vorgelegt wird. Bis auf dem Vogt-Areal gebaut werden kann, dauert es laut Sterchi noch einige Zeit: "Eine Baueingabe ist erst nach Genehmigung der Umzonung durch den Kanton, voraussichtlich im Verlaufe des Jahres 2020, möglich." jzh


Autor:in
Janine Zürcher, Thuner Tagblatt
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Erstellt: 30.01.2018
Geändert: 30.01.2018
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