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Plattenhändler Urs Stauffer: "SRF 3 geht mir auf die Nerven"

Im "Vinylsound" eingangs Münsingen verkauft Urs Stauffer seit acht Jahren Schallplatten aus zweiter Hand. Sein jüngster Stammkunde ist ein 4-jähriger Hardrock-Fan.

Urs Stauffer mit drei seiner Lieblingsplatten. (Bilder: Anina Bundi)
Die Reinigung der Schallplatten funktioniert mit UItraschall und kostet 4 Franken pro Stück.

Ein grosser Laden ist es nicht, der sich in dem eingeschossigen, barackenähnlichen Gebäude zwischen Rubigen und Münsingen verbirgt. Für Urs Stauffer, Betreiber von Vinylsound, sind die Platzverhältnisse aber komfortabel. „Mein erster Plattenladen in Thun war knapp drei mal vier Meter“, erzählt er.

 

Im Plattenbusiness sei er eher zufällig gelandet. Gelernt hatte Stauffer „wie alle guten Männer“ zunächst Metallbauschlosser. Als er danach anfing, auf dem Flohmarkt Antiquitäten zu verkaufen, hätten ihm die Leute die Platten aus den Händen gerissen, bis er irgendwann nur noch damit handelte. Den ersten Laden in Thun eröffnete der heute 61-Jährige mit 28, ein weiterer folgte an seinem Wohnort Dürrenast. Beide existieren heute nicht mehr, seit acht Jahren führt er nur noch jenen in Münsingen.

 

Der Laden ist nur an zwei Tagen pro Woche geöffnet. „Dann aber garantiert“, verspricht Stauffer. Trotzdem könne er davon leben, wenn auch bescheiden. Im Laden finden sich mehrere Zehntausend Langspielplatten und Singles aus zweiter Hand und aller Musikrichtungen ausser Volksmusik. Spezialisiert ist er auf Black Music, also Funk, Soul und Blues. Es hat aber auch Country, Rock’n’Roll und Klassik. Alles ist säuberlich eingeordnet, die Platten sind in gutem Zustand und in Schutzhüllen verpackt. Auch CDs findet man im Laden. „Da bin ich ein Exot“, sagt Stauffer. Er kaufe billig CDs und spekuliere darauf, dass die 90er-Jahre-Kinder irgendwann nostalgisch werden und die Musik ihrer Jugend kaufen.

 

90 Prozent Männer

Nebst dem ordentlichen Sortiment stehen im Laden allerdings auch unzählige Kisten und Taschen herum. Platten, die Stauffer aus Sammlungen und Nachlässen erhalten oder gekauft, aber noch nicht sortiert hat. Obwohl er eigentlich weiss, was verkäuflich ist und was nicht, könne er manchmal nicht so gut Nein sagen und nehme auch Material an, das er danach entsorgen muss – manchmal sogar kostenpflichtig. Ab und zu finden sich in den Sammlungen aber auch Perlen. Vor Kurzem etwa eine Platte der Schweizer 70er-Jahre-Band Mac Church, für die er 1000 Franken einlösen konnte. „Das ist aber die teuerste, die ich je verkauft habe.“

 

Beim Besuch von BERN-OST sind zwei Kunden im Laden, beide männlich und nicht mehr ganz jung. Was das Alter angehe, sei das nicht repräsentativ, sagt Stauffer. „Ich habe Stammkunden in jedem Alter. Der jüngste ist vier und mag AC/DC, der älteste ist über 80. Aber ja, es sind zu 90 Prozent Männer, die in meinen Laden kommen. Wenn Frauen kommen, sind sie meistens sehr jung und fragen zuerst nach den Klassikern wie zum Beispiel Pink Floyd. Später landen sie dann oft beim Blues, also bei den Wurzeln der Rockmusik.“ Die Kundschaft komme aus der ganzen Schweiz und auch aus Italien. „Aber langsam entdecken auch Leute aus Münsingen den Laden.“

 

"Etwa so beweglich wie ein Ghüdersack"

Urs Stauffer bevorzugt ebenfalls Black Music, mag aber auch 70er-Jahre-Rock wie Led Zeppelin oder Santana. Er ist zwar Musikliebhaber, allerdings kein Sammler. „Das hat seine Vorteile, weil ich so nicht in Versuchung komme, die wertvollen Stücke alle für mich zu behalten“, sagt er dazu. Platten höre er nur im Laden und sonst meist Radio. „Am Vormittag SRF 1, am Nachmittag Jazz auf SRF 2. Das Drei geht mir mittlerweile eher auf die Nerven.“ Nach Feierabend, etwa am Samstag, wenn der Laden den ganzen Tag voller Kundschaft war, habe er es am liebsten still. „Keine Leute, kein Lärm, keine Musik!“ Selber Musik machen oder auch tanzen tut er nicht. „Ich habe nach der zweiten Blockflötenstunde wieder aufgehört. Und ich bin etwa so beweglich wie ein Ghüdersack.“

 

[i] Öffnungszeiten und weitere Infos auf der Website www.vinylsound.ch


Autor:in
Anina Bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 07.03.2020
Geändert: 07.03.2020
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