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RBS: Das Mandarinli ist tot – es lebe das Mandarinli

Quelle
Berner Zeitung BZ

Just zum Abschied keimt die Hoffnung auf, dass zwei der orangen RBS-Züge überleben.

Der Abschied naht: Mandarinli im Schanzentunnel. (Bild: Urs Baumann)
Die ersten Mandarinli sind schon verschrottet. (Bild: Dominik Plüss)

Welche Freude für jeden Eisenbahnfreund! Plötzlich machte die Nachricht die Runde, dass das Mandarinli vielleicht doch noch ein zweites Leben erhält. Aus der Welt war der für viele nur schlecht erträgliche Gedanke, dass dem knallorangen Vorortszug des Regionalverkehrs Bern-Solothurn (RBS) Ende Woche die letzte Stunde schlägt.

 

Genau das ist der Plan: Mit dem Fahrplanwechsel wird das Mandarinli, das vor 45 Jahren in Bern wie in der Schweiz das Zeitalter der S-Bahn eingeläutet hat, definitiv seinen Nachfolgern Platz machen und sich in Richtung Schrottpresse verabschieden.

 

Doch dann wurde aus dem Umfeld des RBS ruchbar, dass dem vielleicht doch nicht so sein wird. Als Retterin tauchte aus dem fernen Tessin die Ferrovia Lugano-Ponte Tresa auf, auf deren Netz sieben baugleiche Fahrzeuge auch weiterhin wacker ihren Dienst versehen. Bis im Frühjahr 2021 läuft das noch so, dann verschwindet das nicht ganz so knallorange gespritzte Fahrzeug hier ebenfalls.

 

Doch anders als die Berner scheinen die Tessiner für ihre Occasionen einen Käufer an der Angel zu haben. Das heisst, eigentlich fällt diese Aufgabe ja dem Thurgauer Fahrzeugbauer Stadler Rail zu, der für jeden neuen Zug, den er dereinst nach Lugano liefert, einen alten zurücknehmen muss.

 

Stadler also hat die Fühler ausgestreckt und, so scheint es zumindest, prompt einen Interessenten gefunden, der allerdings nicht nur sieben, sondern gleich neun Fahrzeuge braucht. Und da kommt der RBS ins Spiel: Ob er nicht zwei seiner letzten Mandarinli zurückhalten und so die Bestellung komplettieren könnte?

 

Unter den Eisenbahnfreunden verbreitete sich die frohe Kunde wie ein Lauffeuer. Von einem zweiten Leben in Südafrika war bereits die Rede und davon, dass die kultigen Züge dafür auf Dieselantrieb und auf die dortige Spurweite umgebaut würden. Einige sahen sie bereits auf der berühmten Garden Route fahren, wo die bei den Touristen einst so beliebte Strecke das Meer entlang auf ihre Wiederbelebung wartet.

 

Befeuert wurde die Fantasie dadurch, dass der RBS plötzlich selber von einem Verkauf sprach: Man solle, liess er die Souvenirjäger an zwei zur Verschrottung abgestellten Mandarinli wissen, doch bitte keine Teile mehr abschrauben und mit nach Hause nehmen.

 

Der RBS bestätigt die Kontakte zu Stadler und hofft gleichzeitig, dass der Deal gelingen wird. Stadler wiederum redet nur von Verhandlungen mit mehreren Unternehmen, die nicht abgeschlossen seien. Derweil der RBS noch beifügt, dass er die Abstellgleise eigentlich anderweitig braucht und deshalb bis Ende Jahr Klarheit haben muss. Sonst landen die zwei Mandarinli doch noch auf dem Schrottplatz.

 

Die letzte Fahrt

Noch haben die Fans des Mandarinli Zeit, sich von ihren Lieblingen zu verabschieden. Möglich machen es die beiden allerletzten Exemplare, die der RBS über das Jahresende hinweg als eiserne Reserve in der Hinterhand behalten will. Noch bis zum Sonntag laden sie zur Reise durch das Worblental – der eine oder andere wird auf dieser letzten Fahrt wohl heimlich eine Träne verdrücken.


Autor:in
Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 09.12.2019
Geändert: 09.12.2019
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