Repair Café Oberdiessbach: «Kein Unternehmen würde das flicken – aber wir tun es»

Eine Kaffeemaschine, die keinen Mucks mehr macht. Ein Spielzeug-Hai, der nicht mehr schwimmt. Oder ein alter Plattenspieler, dem das Gummiband fehlt: Im Repair Café Oberdiessbach wird an öffentlichen Reparaturtagen gemeinsam getüftelt - und dank dem ganzjährigen Reparaturservice auch zwischendurch repariert.

Pascale Groschel, info@bern-ost.ch

«Beim ersten Reparaturtag im Jahr 2022 standen plötzlich rund 70 Geräte auf den Tischen - damit hatten wir nicht gerechnet», erzählt Astrid Wallner. Sie gehört zum Team, das das Repair Café ins Leben gerufen hat. Die Trägerschaft liegt bei beim Verein «Zäme für Oberdiessbach» unterstützt durch den Verein «Seniorennetzwerk Region Oberdiessbach» und dem Schweizerischen Konsumentenschutz.

 

Vom Event zur Reparatur-Annahmestelle

Gestartet ist das Projekt mit zwei Reparaturtagen im Alters- und Pflegeheim Kastanienpark. Bald kam der Wunsch auf, ein ganzjähriges Angebot zu schaffen. «Wir wollten nicht, dass jemand mit einem kaputten Gerät ein halbes Jahr auf den nächsten Termin warten muss», sagt Erich Schmid. Gemeinsam mit Daniel Wenger wurde eine Lösung gefunden: Eine feste Werkstatt gibt es zwar nicht, aber eine fixe Annahmestelle für Reparaturen – betreut von Wenger in seinem Atelier 1818. Dieses Angebot nennt sich Reparaturservice.

 

«Ich bin die erste Anlaufstelle», erklärt er. «Ich muss nicht wissen, wie man das Gerät repariert – ich entscheide, ob es sinnvoll ist, es ins Reparaturteam weiterzugeben.» Alles läuft über eine WhatsApp-Gruppe. Wer Lust hat, übernimmt einen Fall. Ist das Gerät repariert, ruft die entsprechende Person den Kunden an. «Das klappt erstaunlich gut und ist sehr niederschwellig organisiert», so Schmid.

 

Vom Föhn bis zum Spielzeug-Hai

«Einmal kam ein Kind mit einem Haifisch für die Badewanne», erinnert sich Astrid Wallner. «Der Junge erklärte einem Reparateur, dass seine Mutter es bereits mit WD-40 probiert habe, es aber nichts half. Auch wenn der Haifisch am Ende nicht funktionierte – das Kind war zufrieden, dass sich jemand Zeit genommen hatte.»

 

Andere Geräte lassen sich besser retten: Eine Modellbahn-Lokomotive, die sich nicht mehr bewegte, ein alter Staubsauger mit Kabelaufroll-Problem oder ein Kombigerät mit Tonband und Radio, das dank eines neuen Gummibandes und 40 gelösten Schrauben wieder läuft. «Kein Unternehmen würde das flicken – aber wir tun es», sagt Schmid.

 

Auch Textilien werden angenommen: «Zuerst lief das nicht so gut, aber inzwischen ist die Nachfrage gross», so Wallner. «Wir haben Näherinnen, die Reissverschlüsse ersetzen oder kleine Schäden beheben.» Nur bei Velos ist Schluss – «da wollen wir den lokalen Velomech-Betrieben keine Konkurrenz machen.»

 

«Es geht nicht nur ums Reparieren, es geht um Begegnung»

Etwa zwei Drittel der Freiwilligen sind pensioniert. «Viele bringen technisches Wissen aus ihrem Beruf mit», erklärt Schmid. «Aber wir haben auch Lehrer, Studierende oder Leute, die einfach gerne tüfteln.»

 

«Für viele von uns ist das nicht nur Hobby, sondern auch eine Art Weiterbildung», ergänzt Astrid Wallner. «Jedes neue Gerät, das wir reparieren, bringt neue Herausforderungen mit sich. So lernen wir ständig dazu und erweitern unser Wissen.»

 

Erich Schmid sagt: «Manche Sachen sind wirklich knifflig, und wir müssen uns oft erst in die Technik einarbeiten. Das macht den Reiz aus – und wir helfen uns dabei gegenseitig.»

 

An den öffentlichen Reparaturtagen sieht man das besonders gut: «Da stehen manchmal vier Leute um einen Tisch und tüfteln gemeinsam an einem Problem. Da wird Wissen geteilt und neue Tricks ausprobiert.» Auch Kundinnen und Kunden schätzen den Austausch. «Manche bleiben gerne dabei, andere geben das Gerät lieber ab und kommen später wieder.»

 

Die Reparaturen sind grundsätzlich kostenlos – der Konsumentenschutz erlaubt keine Bezahlung. «Wir empfehlen einen Unkostenbeitrag, der auch auf der Webseite steht. An den Reparaturtagen steht ein Kässeli bereit, beim Service nimmt Daniel die Beiträge entgegen», sagt Wallner. Die Einnahmen werden für Werbung, Website und Verpflegung verwendet – «und ein kleiner Beitrag geht an die Reparierenden, zum Beispiel für Werkzeug oder Garn.»

 

Zwischenstand und Zukunft

Seit September 2024 wurden im Reparaturservice rund 120 Geräte angenommen. An einem einzelnen Reparaturtag kommen zwischen 60 und 70 Gegenstände zusammen. Die Reparaturquote liegt bei etwa drei Vierteln. «Wenn es nicht geht, dann meistens, weil etwas verklebt ist, Ersatzteile fehlen oder zu teuer wären», sagt Schmid.

 

Was bleibt, wenn eine Reparatur nicht möglich ist? «Dann sagen wir ehrlich, dass das Gerät entsorgt werden muss», erklärt Astrid Wallner. «Wir wollen keine falschen Hoffnungen machen.» Daniel Wenger ergänzt: «Manchmal kosten Ersatzteile mehrere hundert Franken. Da muss man mit dem Kunden abklären, ob sich die Reparatur überhaupt lohnt.»

 

Was häufig vorbeigebracht wird? «Ganz klar Kaffeemaschinen – viele Repaire-Cafés machen die nicht gern, weil sie innen schmutzig und teilweise schwer zu öffnen sind. Wir nehmen die Herausforderung aber gerne an», meint Schmid. Auch Föhne, Staubsauger und Unterhaltungselektronik gehören zu den Klassikern. Bei Textilien sind es vor allem Reissverschlüsse und kleinere Flickarbeiten.

 

[i] Der nächste Reparaturtag findet am 1. November von 9 bis 15 Uhr im Kastanienpark Oberdiessbach statt. Wer Lust hat mitzumachen – auch nur einmal im Jahr – darf sich gerne beim Repaire-Café melden (Kontakt via Webseite www.repaircafe-oberdiessbach.ch) und wer etwas geflickt haben möchte, ist herzlich willkommen.

 

[i] Dieser Bericht erschien zuerst im Newsletter Oberdiessbach.


Autor:in
Pascale Groschel, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 13.10.2025
Geändert: 13.10.2025
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