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Rubigen - Ein Sonntagabend mit Patent Ochsner

Quelle
Berner Zeitung BZ

Leise Töne, grosse Hits und gute Geschichten. So war das ausverkaufte Patent Ochsner-Konzert Nummer vier von sieben in der Mühle Hunziken in Rubigen.

22 Jahren nach dem ersten Auftritt traten Patent Ochsner wieder in der Mühle Hunziken auf. «Das pure Glück», wie Büne es beschrieb. (Bild: Iris Andermatt)

«Chly komisch, so am ne Sunntig Abe», sagte ein Herr an der Bar zur Dame neben sich. An einem normalen Sonntagabend sei er sonst stets zu Hause. Dieser Abend war jedoch alles andere als normal. Nicht nur in den Wahllokalen in der ganzen Schweiz. Auch in der Mühle Hunziken in Rubigen. Selbst für ein Konzertlokal, wo stets grosse Bands spielen, herrschte Ausnahmezustand. Ein halbe Stunde vor Türöffnung standen die Leute draussen schon Schlange. Eine halbe Stunde vor Konzertbeginn trat sich das Publikum vor der Bühne bereits auf die Füsse.

 

Und dann kamen sie endlich. Patent Ochsner sind auf ihrer Ochsentour, wie Büne es so schön nannte. Es ist das vierte von total sieben ausverkauften Konzerten innerhalb von zehn Tagen in der Mühle. Von Ochsentour jedoch keine Spur. Büne Huber ist gut gelaunt wie eh und je, hat das schelmische Lächeln im Gesicht, den spitzbübischen Blick aufgesetz.

 

Er machte gleich zu Beginn klar, dass die Tour zum neuen Album «Cut Up» durch die kleineren bis mittleren Lokalen des Landes die Königsdisziplin sei nach der Festivalsaison. Obwohl er sich beim Auftritt vor 20’000 Menschen als «Siebesiech» fühlte, seien die ganz grossen Konzerte dann doch eher «das Grobmotorische, die Breitbildleinwand». Und die Mühle Hunziken dagegen das pure Glück. - und erst recht 22 Jahre nach dem ersten Auftritt wieder.

 

Endlich ein Hit

Und so wurde es alles andere ein Mitgrölkonzert mit Hit an Hit. Das Publikum sang die Songs vom neuen Album nur zaghaft mit. Was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. Und doch war aus dem langgezogenen «Oooh» aus der Menschenmenge nach der Ankündigung von «Guet Nacht, Elisabeth» eine gewisse Erleichterung rauszuhören.

 

Der Song «Ohni di», wiederum einer vom neuen Album, sorgte für den ersten Hühnerhautmoment. Und dazu lieferte Büne auch gleich eine süffig amüsante Geschichte. Wie er das «Gliir» um Songrechte mit irgendwelchen Bundesbeamten galant umging und Elements-Of-Crime-Frontman Sven Regener gleich direkt nach der Cover-Erlaubnis gefragt habe.

 

Ja, saugut Geschichten erzählen, das kann Büne. Auch die traurigen. Wie jene über Polo Hofer, als er ihm einen handgeschriebenen Brief schrieb und um Inspiration für den Song «Gefallene Engel» bat. Und wie ihn die Nachricht erreichte, dass Polo in derselben Nacht gestorben war. Beim daraus entstandenen Song «Kreis» hielt das Publikum den Atem an.

 

«Bälpmoos» am Abend der Klimawahl?

Sowieso waren es die ruhigen Momente, die diesen Sonntagabend noch aussergewöhnlicher werden liessen. Auch wenn die grossen Hits wie «W.Nuss», «Fischer» oder «Ausklaar» dann doch noch kamen. Wobei man bei «Bälpmoos» am Abend der Klimawahl angesichts der vorherrschenden Flugscham etwas ins Grübeln geriet.

 

Und ein leiser Moment zum Schluss war es auch, der dem Publikum ein weiterer Hühnerhautmoment bescherte. Als man während des sagenhaften Saxophon-Solos von Alex Hedriksen zu «Scharlachtrot» die Holzdielen in der Mühle knarren hörte. Ein leises Schlussbouquet zu einem Konzert der leisen Höhepunkte, das so richtig gut zu einem Sonntagabend passte, den man sonst zu Hause auf dem Sofa vebracht hätte.


Autor:in
Sibylle Hartmann, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 22.10.2019
Geändert: 22.10.2019
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