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Unmut in Wichtrach: Offener Brief wegen Schulzentralisierung

Ende November veröffentlichte der Wichtracher Gemeinderat den Mitwirkungsbericht zum Projekt "Entwicklung nachhaltige Schullandschaft ENS". Nun meldet sich die IG Wichtrach mit einem offenen Brief an den Gemeinderat. Sie ist in mehreren Punkten nicht einverstanden mit dem Bericht.

Die Schulanlage Stadelfeld: Geht es nach dem Wichtracher Gemeinderat, soll allenfalls benötigter Schulraum hier gebaut werden. (Bild: Archiv BERN-OST)

Weil eine Mitwirkung und der entsprechende Bericht rechtlich nicht angefochten werden könnten, entschied sich die IG für einen offenen Brief, wie sie auf ihrer Webseite schreibt. Das Regierungsstatthalteramt Bern Mittelland habe der IG empfohlen, "die Differenzen aufzugreifen und eine Stellungnahme von der Gemeinde zu verlangen."

 

Im offenen Brief fordert die IG Wichtrach, welche sich in Opposition zur vom Gemeinderat geplanten Zentralisierung der Wichtracher Schulen am Standort Stadelfeld gebildet hat, dass der Mitwirkungsbericht in verschiedenen Punkten korrigiert wird.

 

"Sachfragen nicht beantwortet"

Als erstes bemängelt die IG, dass der Bericht unvollständig sei. So sei der angegebene Betrag für den Sanierungsbedarf nicht korrekt, die Berechnugsgrundlagen der Gemeinde lägen nicht vor und die verschiedenen Varianten, welche die Projektgruppe zur ENS erarbeitet habe seien nicht einsehbar. Es seien "gezielt Sachfragen nicht beantwortet" worden im Mitwirkungsbericht.

 

"Schlussfolgerung weicht von Mitwirkungsergebnis ab"

Weiter gibt es gemäss der IG Widersprüche im Bericht. Der wichtigste der beiden hierzu aufgeführten Punkte betrifft den Satz „Die Zentralisierung der Schullandschaft wird nach wie vor favorisiert." An anderer Stelle fasst der Gemeinderat die Grundstimmung zur einer Zentralisierung nämlich wie folgt zusammen: „Eine Zentralisierung, wie sie von der Gemeinde als Variante vorgestellt wurde, wird grossmehrheitlich nicht gutgeheissen oder zumindest von fast allen Mitwirkenden sehr kritisch beurteilt.“

 

Die Schlussfolgerung bilde nicht das Ergebnis der Mitwirkung ab, schreibt die IG. "Falls die Spezialkommission ENS und der Gemeinderat die Zentralisierung der Schullandschaft favorisiert, so kann dies festgehalten werden. Es muss aber klar ersichtlich sein, dass dies trotz grosser Ablehnung, gegen den Willen der Mitwirkenden geschieht", so die IG.

 

"Nicht alle Mitwirkenden gleich behandelt"

Der dritte Vorwurf der IG ist, dass der Mitwirkungsbericht einseitig und suggestiv sei und Tatsachen verdrehe. Sie bezieht sich hierbei auf eine Passage, in der die Gruppe der Mitwirkenden ab 60 Jahren hervorgehoben wird. Die Qualität und Ausgewogenheit ihrer Eingaben wird dort gelobt und sie als "Nettozahler" als für die Spezialkommission von grosser Bedeutung bezeichnet.

 

Damit würden nicht alle Mitwirkenden gleich behandelt. Zudem würde suggeriert, dass sich alle aus dieser Gruppe für das Projekt ausgesprochen hätten, was nicht der Fall sei. "Dies zeigt, dass die Spezialkommission ENS alles daran setzte, die Ablehnung zu bagatellisieren und sehr einseitig die zustimmenden Voten hervorheben", so die IG.

 

Verwirrung um Rahmenbedingungen

Zuletzt spricht die IG von veränderten Rahmenbedingungen anlässlich des Informationsanlasses vom 3. September sei kommuniziert worden, dass die raumplanerische Entwicklung westlich der Bahnlinie stattfinden werde und eine Investition in den Schulstandort Am Bach dem entgegen stehe. Die Klassen- und Kinderzahlen seien berechenbar und ab 2025 es seien ein signifikanter Anstieg der Schülerzahlen erkenn- und weitere Klassenöffnungen absehbar.

 

In den Augen der IG stehen diese Informationen Äusserungen des Gemeindepräsidenten Bruno Reim gegenüber der BZ und BERN-OST vom November im Widerspruch. Im entsprechenden BZ-Artikel sieht Riem die Entwicklung Wichtrachs als "plötzlich nicht mehr ganz so klar". BERN-OST sagte er, dass die Schüler*innenzahlen nur für die nächsten fünf Jahre vorlägen. "Die Grundlagen zum Projekt wurden zu wenig genau und nicht mit der nötigen Sorgfalt zusammengetragen", schreibt die IG.

 

Enttäuscht vom Vorgehen des Gemeinderates

Die IG findet zudem, dass die jetzt von der Gemeinde beabsichtigte Etappierung einer Zentralisierung der Lösungsvision der Gemeinde – Stichworte "Nachhaltigkeit, eine gute Lösung für Schüler, Eltern und Lehrerschaft, Planbarkeit" – widerspreche. Sie zeigt sich auch in ihrem Verständnis von Demokratie enttäuscht: "Mit viel Elan hat die Gemeinde Wichtrach das Thema ENS mit einem partizipativen Weg gestartet. Kaum ist der Dialog begonnen, wird dieser abrupt mit einem Entscheid vom Gemeinderat Wichtrach beendet."

 

Gemeinderat antwortet im Januar

"Wir werden den Eingang des Briefs bestätigen", sagt Gemeindepräsident Bruno Riem gegenüber BERN-OST zum weiteren Vorgehen seitens des Gemeinderates und der Spezialkommission ENS. Die nächste Sitzung des Gemeinderates sei aber erst am 18., diejenige der Kommission am 21. Januar. "Spätestens dann werden wir eine Antwort formulieren", stellt er in Aussicht.


Autor:in
Isabelle Berger, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 01.01.2021
Geändert: 01.01.2021
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