Restaurant Schlossgut Münsingen

So läuft es nach den Anfangsschwierigkeiten

Der Start des neuen Pächterpaars im Restaurant Schlossgut Münsingen verlief holprig. Aber im Lauf des ersten Jahres hat Tharmachandran Tharmendra die Abläufe neu organisiert, und inzwischen ist das Personal gut eingespielt. Heute, sagt der Wirt, laufe alles rund: Er sei zufrieden mit seinen Münsinger Gästen – und sie offenbar auch mit ihm.

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Wirt Tharmachandran Tharmendra hat sich vom turbulenten Start erholt. (Fotos: cw)

Nebel liegt über Münsingen, aber schon schimmert schwach die Sonne durch. Tharmachandran Tharmendra schaut sich im noch fast leeren Raum um: An diesem Morgen sind zwei ältere Herren ins Restaurant Schlossgut Münsingen getreten. Der Wirt hat ihnen einen Kaffee an den Tisch gebracht, beide haben es sich mit einer Tageszeitung gemütlich gemacht.

 

Total überrannt …

Jetzt hat Tharmendra Zeit für einen Kaffee und ein Gespräch über sein erstes Jahr. Heute, sagt er, könne er entspannt zurückblicken. Anfangs jedoch habe er teils nicht mehr gewusst, wo ihm der Kopf stand: «Meine Frau Sasikala und ich wurden total überrannt, wir waren auf den riesigen Andrang überhaupt nicht vorbereitet.» Mit einem Kopfschütteln schaut er auf das Eröffnungswochenende Mitte Oktober 2024 und die ersten drei Monate zurück.

 

… und völlig überrumpelt

«Alles war neu, neues Personal, neue Abläufe, eine neue Kasse und eine neue Küche – und ich hatte alles zu knapp berechnet.» Dass das Schlossgut mit seinen 100 Innen- und 100 Aussenplätzen eine Menge Arbeit bedeute, sei ihm natürlich bewusst gewesen, er hat 35 Jahre Erfahrung in allen möglichen Bereichen der Gastronomie. Aber: «Ich hatte völlig unterschätzt, dass sich die Leute derart über die Wiedereröffnung freuen und in Scharen auftauchen würden.»

 

Er hatte mit einer Anlaufzeit gerechnet

Stattdessen hatte Tharmendra auf einen anderen Erfahrungswert gesetzt: «Üblicherweise dauert es einen Moment, bevor das Geschäft anzieht, wenn man etwas neu anfängt.» Er rechnete mit mehreren Wochen Durstzeit, weil das Restaurant Schlossgut vor der Wiedereröffnung über ein Jahr lang geschlossen war, und Erfahrungswerte konnte er daher auch nicht beiziehen.

 

Stundenlanges Warten, ärgerliche Gäste …

In den ersten Wochen hätten deshalb die vielen Gäste manchmal stundenlang warten müssen. «Sie waren verärgert, und einige kamen danach nicht wieder», sagt der Wirt, und er konnte sie verstehen.

 

 

Sein Trost im ganzen Stress: «Mit dem Essen waren von Anfang an alle zufrieden.» Das ist ihm wichtig, noch heute fragt er die Gäste beim Abschied immer, ob sie zufrieden waren – «nur so kann ich besser werden.»

 

… und erst noch ein kranker Koch

Inzwischen hat Tharmendra längst das Personal aufgestockt und schon bald stellte er einen neuen Koch ein – der erste Koch war bereits nach einem Monat krank geworden und musste für einen Monat ins Spital. Heute helfen sieben Festangestellte in Küche, Service und Reinigung mit. Für Anlässe stellt Wirt Tharmendra zusätzliche Aushilfen an, und er selbst ist an sechs Tagen pro Woche ab neun Uhr morgens dabei und packt an, wo nötig.

 

Aber: Anlässe bringen zusätzliche 300 Gäste ...

Nach den Startschwierigkeiten sei es immer besser gelaufen, sagt er, die Arbeit bleibe jedoch auch heute anspruchsvoll. «Das Schlossgut ist gross und zentral, hier finden das ganze Jahr hindurch Anlässe statt», erklärt Tharmendra. Das sei einerseits sein Glück, denn Anlässe wie Theaterabende, Konzerte, die Oldies Night oder die Kurzfilmtage bringen ihm manchmal zusätzlich 300 bis 400 Gäste an einem Tag. Zugleich sei das auch herausfordernd, besonders bei Anlässen mit fixen Zeiten: «Diese Gäste wollen dann innerhalb einer Stunde ihr Essen.»

 

... und fröhliches Personal wirkt Wunder

So brauche er je nach Tag sehr unterschiedlich viel Personal, das sei sehr unregelmässig und schlecht planbar. Vor allem, weil er grossen Wert auf gutes Personal legt: «Sie müssen Freude haben

an der Arbeit, Spass im Umgang mit Leuten», davon hänge ein grosser Teil der Kunden-Zufriedenheit ab. Bei Anlässen helfen wenn möglich seine Familie oder Kollegen aus.

 

Inzwischen sind alle zufrieden

«Heute bin ich sehr zufrieden mit meinem Team – und meinen Gästen.» Und auch die Einwohnerinnen und Einwohnern von Münsingen seien offenbar zufrieden mit ihm: «Ich höre noch heute immer wieder, es sei so schön, dass wieder offen ist.» Von Gemeindeseite, betont er, werde er übrigens sehr gut unterstützt. Besonders die Tatsache, dass die Saalmiete – anders als bei seinen Vorgängern – direkt über die Gemeindeverwaltung laufe, sei für ihn eine grosse Erleichterung.

 

Schweizerisch und Tamilisch …

Als sich nach und nach alles einpendelte, konnte Tharmendra auch das kulinarische Angebot erweitert: Anfangs standen Schweizer Gerichte im Zentrum, inzwischen gibt es täglich eine tamilische Spezialität, und auf Vorbestellung auch ein tamilisches Buffet. «Das kommt super an», sagt Tharmendra. Zurzeit ist auch die Wildsaison gut angelaufen.

 

… mit regionalen Eiern und Gemüse

Beim Einkauf setzt das Schlossgut wo möglich auf regionale Produkte: Gemüse, Kartoffeln, Eier und Bier bestellt Tharmendra bei Produzenten aus der Umgebung. «Manchmal rufen die Bauern an und bieten mir 40 Kilo Kartoffeln an oder ein paar Kisten Gemüse», sagt er. «Ich nehme das oft auch ohne Bestellung, denn ich kann immer etwas daraus kochen.» Finanziell komme er damit einigermassen gut durch, er habe gut zu planen gelernt, so dass er auch die Schwankungen auffangen könne.

 

Der Nebel hat sich gelichtet

Tharmachandran Tharmendra blickt auf den Spielplatz hinaus. Vor dem Schlossgut dringt langsam die Sonne durch, der Nebel lichtet sich. Das passt fast sinnbildlich zu seinen Erfahrungen des letzten Jahres. Er nickt. Im Winter wird es ein bisschen ruhiger, dafür finden mehr Veranstaltungen im Saal statt. «Gastronomie ist hart, das ist so», sagt er dann ruhig. Aber er habe Glück: «Hier im Schlossgut läuft jeden Monat etwas.»

 

Restaurant Schlossgut Münsingen


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 17.11.2025
Geändert: 17.11.2025
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