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Steuererhöhung Bowil: Gemeinderat erleidet Schiffbruch

Alle Stühle in der Turnhalle in Bowil waren besetzt. Es mussten noch Bänke aus dem Materialraum hervorgeholt werden. Grund für den Grossaufmarsch an der Gemeindeversammlung war die geplante Steuererhöhung von 1.84 auf 1.99 Einheiten.

Bürger zum Gemeinderat: "Im Jammern hättet ihr eine Goldmedaille verdient." (Fotos: Rolf Blaser)
Gemeindepräsidentin Claudia Jaussi: "Wir jammern nicht, wir zeigen euch die Fakten."

Der Gemeinderat zog sich im Frühling zu einer Klausur zurück. Er befasste sich mit der Finanzplanung und schlug für das nächste Jahr eine Steuererhöhung von 1.84 auf 1.99 Einheiten vor. Begründet wurde dies mit höheren Ausgaben und tieferen prognostizierten Steuereinnahmen. Fast der ganze Saal lehnte die Steuererhöhung vehement ab.

 

Keine Freude am Budget

"Wenn ich in meiner Firma ein solches Budget präsentieren würde, so würde dies in der Luft zerrissen", merkte ein Mann aus der hintersten Reihe an. So passierte es auch dem Gemeinderat. Er musste an diesem Montagabend viel einstecken. "Ihr habt zu wenig geschaut, wo man sparen könnte", warf ein Herr dem Gemeinderat vor und empfahl dem Saal: "Ziehen wir die Notbremse!" Der Applaus für sein Votum liess bereits erahnen, wie die Abstimmung ausgehen wird.

 

Die Gemeinde soll sparen

"Wir haben keine Freude, dass wir euch eine Steuererhöhung beantragen müssen", sagte Gemeindepräsidentin Claudia Jaussi. Damit war sie nicht allein, der Tenor im Saal schien klar. Jeder, der sich meldete, forderte den Gemeinderat auf, auf der Ausgabenseite zu sparen. "Es gibt Sparpotenzial zum Beispiel bei Gebäuden", warf der ehemalige Gemeindepräsident in die Runde. Man müsse nicht immer alles sofort und zu den höchsten Preisen sanieren.

 

"Früher sammelten die Schulkinder das Altpapier, heute fährt ein Camion einmal pro Woche umher", merkte ein Bürger an. Das komme bestimmt teurer und gehe zu Lasten der Steuerzahler:innen. Bemängelt wurde auch die Kommunikation seitens der Gemeinde bezüglich der geplanten Steuererhöhung.

 

Worauf die Versammlung unterbrochen wurde

Es gingen zwei Anträge aus dem Publikum ein. Einer forderte, den Steuersatz bei 1.84 zu belassen, der andere einen Steuersatz von 1.91. Was man nicht wollte, war, dass die Gemeinde am Ende des Abends über kein Budget verfügt. Also musste das Budget neu berechnet werden, die Versammlung wurde kurz unterbrochen.

 

Deutliche Niederlage

Am Ende nahm die Gemeindeversammlung ein Budget an mit einem Minus von 386'000 Franken, dies zum aktuell gültigen Steuersatz von 1.84 Einheiten. Der Vorschlag der Gemeinde (1.99) und der Antrag mit einem Steuersatz 1.91 scheiterten.

 

Fazit

Die Steuern werden in Bowil also vorläufig nicht erhöht. Die Gemeindeversammlung stimmte dagegen und genehmigte dafür ein höheres Defizit. Der Gemeinderat muss nochmals über die Bücher und schauen, wo er künftig sparen kann.

 

 

[i] Erste Abstimmung: Antrag Ramseier (Budget mit aktuellem Steuersatz von 1.84/Defizit 386'000 CHF) gegen Antrag Müller (Budget mit Steuersatz 1.91/Defizit 297'000 CHF) 131:37 Stimmen

 

[i] Zweite Abstimmung: Antrag Ramseier (Steuersatz 1.84/Defizit 386'000 CHF) gegen Antrag Gemeinderat (Steuersatz 1.99/Defizit 196'000 CHF) 144:20 Stimmen

 

[i] Dritte Abstimmung: Das Budget mit einem Defizit von 386'000 Franken wird mit 123:21 Stimmen genehmigt.

 

[i] Manuel Lüscher und Markus Kohli ersetzen im Gemeinderat die abtretenden Mariann Zaugg und Marianne Witschi (BERN-OST berichtete).

 

[i] 181 stimmberechtigte Personen waren anwesend, was einer Stimmbeteiligung von 18 Prozent entspricht. Um 22:50 Uhr ging die Versammlung zu Ende.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 06.12.2022
Geändert: 07.12.2022
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