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Tägertschi/Trimstein: Eltern wehren sich gegen Schulbus-Entscheid

Anfang Woche wurde bei der Gemeinde Münsingen eine Volksmotion eingereicht: Der Schulbus soll Schulkinder aus Trimstein und Tägertschi auch zum fakultativen Unterricht kostenlos fahren. Um das zu erreichen, hat SVP-Parlamentarier Henri Bernhard ein Komitee gebildet und über 100 Stimmen gesammelt.

Henri Bernhard, Susanne Bähler und Markus Hänni vom Komitee (von links) überreichen Thomas Krebs, Abteilungsleiter Präsidiales und Sicherheit, die Volksmotion mit über 100 Unterschriften. (Foto: zvg)
So sieht der Inhalt der Volksmotion aus. (Bild: zvg)

In Münsingen sorgt ein Entscheid zum Schulbus für Diskussionen: Ab Sommer 2025 werden Kinder aus Tägertschi nicht mehr mit dem Bus zu freiwilligen Schulfächern wie Musik oder Gestalten gefahren. Dagegen wehrt sich ein Komitee unter Leitung von SVP-Parlamentarier Henri Bernhard – und hat eine Volksmotion mit über 100 Unterschriften eingereicht.

 

Kürzung aus Kostengründen

Das war die Situation bis anhin: Ein Schulbustransport zum Fakultativunterricht wurde erst in den letzten Jahren auf spezielle Anfrage von Eltern eingeführt – mit der Argumentation, dass die Kinder zum Teil auch mit den regulären Transporten mitgenommen werden könnten. Die Anzahl der zusätzlich nötigen Transporte zum Fakultativunterricht nahm allerdings jährlich zu. Damit ist nun Schluss. Die Gemeinde begründet den Schritt mit Einsparungen von rund 20’000 Franken pro Jahr, bei einem Bildungsbudget von 3,4 Millionen. Die Ankündigung dieser Angebotskürzung stiess bei betroffenen Eltern auf wenig Begeisterung. 

 

Das fragte Henri Bernhard...

Für die Parlamentssitzung vom 10. Juni hatte Henri Bernhard deshalb eine einfache Anfrage gestellt unter dem Titel «Pro Schulbus im ländlichen Raum». Darin wollte er von der Gemeinde wissen, warum der Schulbus die jüngsten Schüler von Tägertschi nicht mehr für Wahlfächer wie Musik oder Gestalten nach Münsingen fahre? Ob diese Entscheidung mit dem Bildungsleitbild der Gemeinde übereinstimme, die Kinder in allen Bereichen zu fördern? Und wie der Gemeinderat diese Entscheidung im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beurteile?

 

... und das antwortete Urs Baumann

Gemeinderat Urs Baumann, Ressortvorsteher Bildung, beantwortete sämtliche Punkte in einer schriftlichen Stellungnahme einzeln und eingehend und begründete den Entscheid: Die Schule der Gemeinde organisiere viele zusätzliche Angebote wie Schulsport, Freiwahlfächer und anderes. Der Schulbus sei aber gesetzlich nur für den obligatorischen Unterricht vorgesehen. Und für berufstätige Eltern biete die Tagesschule eine Lösung: Von der Tagesschule aus sei der Besuch von Fakultativ-Unterricht ohne Bustransport möglich.

 

Und dann noch ein Ärgernis

Eines der Ärgernisse bei dieser Kürzung entstand durch einen unglücklichen Kommunikationsfehler: Eltern erfuhren von der Änderung nicht direkt von den Behörden, sondern über eine WhatsApp-Nachricht des Busfahrers. Für die Familien kam diese Information nach der Anmeldung zu den Wahlfächern überraschend und sorgte für Ärger – sie fühlten sich von der Gemeinde übergangen.

 

Dumm gelaufen ...

Auch auf diesen Punkt war Baumann bereits ausführlich eingegangen, jetzt erklärt er auf telefonische Nachfrage noch einmal: «Selbstverständlich müsste eine solche Information von der Gemeinde mitgeteilt werden.» Das sei auch so geplant gewesen, aber der Buschauffeur sei der Verwaltung irrtümlich zuvorgekommen. In der WhatsApp-Gruppe erkundigt sich der Busunternehmer jeweils bei den Familien, ob sie für den Schulbustransport zusätzliche Angaben haben, die nicht aus dem Stundenplan ersichtlich sind: Beispielsweise, ob das Kind am Mittag in der Tagesschule bleibt? Ob es anderweitig abgeholt wird? Ohne dass dies mit der Gemeinde abgesprochen war, enthielt dieses Planungs-WhatsApp auch die Information. Das sei tatsächlich einfach «dumm gelaufen», sagt Urs Baumann.

 

... aber nicht dramatisch

Der Austausch zwischen Busschauffeur und Eltern via WhatsApp-Gruppe, ergänzt er dann, sei aber sehr sinnvoll und hilfreich. Und der Busschauffeur habe eigentlich nur etwas Gutes tun und die Eltern schon rechtzeitig vorinformieren wollen – und damit unwillentlich den Dienstweg umgangen. Unglücklich, dass die Kommunikation so abgelaufen sei, findet Baumann. «Fehler passieren, aber wir müssen aus einer Mücke keinen Elefanten machen.» Im Ganzen gehe es übrigens um total sieben Kinder, ergänzt er: «Das relativiert die Angelegenheit.»

 

Oder doch?

Diese Aussage stösst Henri Bernhard sehr sauer auf: Es gehe nicht um die Anzahl der Kinder, sondern um das Prinzip der Gleichheit. «Angesichts der millionenteuren Projekte, über die laufend auf BERN-OST berichtet wird, ist es absurd, Bildungschancen der Kinder aufgrund der Transportkosten zu relativieren», sagt er. Ihm geht es vor allem um die Kinder: «Hier ist am falschen Ort gespart.» Er stösst sich auch an einem ebenfalls von der Gemeinde erwähnten Argument, die Familien aus Tägertschi hätten schliesslich Niederlassungsfreiheit: «Mit der Gemeindefusion wurden nicht nur administrative Aspekte vereinheitlicht und das Schulhaus Tägertschi geschlossen, sondern auch Pflichten übernommen.» Dazu gehört für ihn auch, dass sichergestellt wird, dass alle Kinder gleichbehandelt werden.

 

Volksmotion mit zwei Punkten ...

Dementsprechend vermochten Urs Baumanns ausführliche Antworten offensichtlich nicht zu beschwichtigen: Henri Bernhard formierte ein Komitee, das sich auf Unterschriftensammlung machte. In seiner Volksmotion stützt sich das Komitee auf Artikel 40 der Gemeindeordnung und verlangt zwei wichtige Anpassungen: Erstens die Weiterführung des Schulbusbetriebs – auch für freiwillige Wahlfächer, ausserhalb der ordentlichen Fahrten. Und zweitens eine bessere Kommunikation – Eltern sollen frühzeitig, transparent und direkt durch die zuständigen Stellen informiert werden.

 

... und über 100 Unterschriften

Das Komitee sammelte bis am 3. August über 100 Unterschriften. Anfangs Woche überreichten sie diese unter dem Titel «Volksmotion zur Gewährleistung des Schulbusbetriebs für Schulkinder aus Trimstein und Tägertschi für den Transport zum fakultativen Bildungsangebot». Thomas Krebs, Abteilungsleiter Präsidiales und Sicherheit, nahm sie für die Gemeinde entgegen.

 

Und so geht es weiter

Urs Baumann nimmt den Eingang der Motion unaufgeregt zur Kenntnis. Der Gemeinderat werde die Punkte noch einmal sehr gründlich anschauen, prüfen und diskutieren. Das Ergebnis sei noch offen, erklärt er. «Neue Erkenntnisse  als in der Beantwortung der einfachen Anfrage sehe ich allerdings zum heutigen Zeitpunkt keine.» Es sei nicht die Aufgabe der öffentlichen Hand, Schülertransporte für fakultative Fächer zu organisieren, und der Entscheid liege im Handlungsspielraum des Gemeinderats. Aber: «Wenn es der politische Wille einer Mehrheit der Bevölkerung ist – im Wissen darum, dass dafür mehr Steuergelder eingesetzt werden müssen –, kann man das sicher anpassen.»

 

[i] Komitee: Henri Bernhard, Markus Hänni, Jürg Küng, Susanne Bähler, Michael Gerber, David Fankhauser und Pascal Seemann.

 

[i] In einer ersten Version lautete der Titel: Tägertschi/Trimstein: «Kinder sollen auch zum freiwilligen Unterricht gratis gefahren werden!». Darauf meldete sich Henri Bernhard bei uns mit dem Hinweis, dieser sei inhaltlich nicht korrekt und könne fälschlicherweise ihm als Zitat zugeordnet werden. Ausserdem möchte er Stellung nehmen zur Aussage von Gemeinderat Urs Baumann, es gehe um sieben Kinder. Wir haben Bernhards Replik unter dem Zwischentitel «Oder doch?» ergänzt. 


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 21.08.2025
Geändert: 21.08.2025
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