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Tempo 30 in Oberdiessbach: Viel Contra und Pro am Infoanlass

Tempo 30 ist ein emotionales Thema. Das war in der Aula des Sekundarschulhauses Oberdiessbach spürbar.

Bettina Gerber: «Es gibt Dinge, die wir nicht beeinflussen können, wie das hier.» (Foto: Rolf Blaser)
Bettina Gerber: «Wir können die Gesetze nicht ändern.» (Foto: Rolf Blaser)
Für das Dorf gibt es drei Varianten, welche in die Mitwirkung gehen. (Bild: Mitwirkungsbericht)

Zum Start der öffentlichen Mitwirkung lud die Gemeinde zu einem Infoanlass. Das Ziel war, die Bevölkerung über die Sanierung der Ortsdurchfahrt zu orientieren. Der Saal war gut gefüllt, lediglich die beiden vordersten Reihen blieben halb leer.

 

Flyer im Briefkasten

Bereits im Vorfeld hatte das Komitee Stopp-Tempo-30 zwei Flyer verteilt. Ein grosser Teil der Leute im Saal äusserten sich kritisch gegen das geplante Tempo-Regime, es gab aber auch etliche Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die sich positiv zur kommenden Sanierung äusserten.

 

Wer zahlt, befiehlt

Die Hauptstrasse, die durch Oberdiessbach führt, gehört dem Kanton. Das heisst, der Kanton bestimmt, wie die Strasse saniert wird. Viel hat sich geändert in der letzten Zeit, der Verkehr schleicht heute langsamer als in den 80er Jahren. Tempo 30 gibt es bereits in vielen Ortschaften. Die Gegend um den Kreuzplatz in Konolfingen wurde diese Tage in eine 30er-Zone umgewandelt, dies wird wohl auch Oberdiessbach blühen.

 

«Buckelpiste» muss weg

Am Info-Anlass wird die Thunstrasse, welche durch das Dorf führt, mehrmals als «Buckelpiste» bezeichnet. Zwischen Kirche und Löwen passieren jeden Tag 12'000 Fahrzeuge diese Piste, welche bereits an 67 Stellen geflickt worden ist. Der Kanton will die Strasse sicherer machen, wobei sich auf dieser Strasse kaum schwere Unfälle ereignen.

 

Laut Kanton ereignen sich pro Jahr etwa drei Unfälle. Das «subjektive Sicherheitsempfinden» gegenüber der Strasse sei in Oberdiessbach schlecht, sagt Luc Schiffmann vom Tiefbauamt. Die Strasse werde von vielen Leuten als gefährlich empfunden, es passierten viele Fast-Unfälle und es gebe viele brenzlige Situationen. Dies soll verbessert werden.

 

Weniger Lärm dank neuem Belag

Ein weiterer Grund für die Sanierung ist der Lärm. Dieser soll mittels Flüsterbelag und Tempo 30 reduziert werden. In Oberdiessbach soll nichts Neues ausprobiert werden, der Kanton hat bereits in verschiedenen Gemeinden solche Sanierungen durchgeführt. Die Strasse bleibt brutto gleich breit wie heute, soll aber optisch schmaler gemacht werden. Die Breite bleibt sechs Meter, rechts und links wird die Strasse Richtung Trottoir mit einem abgeflachten Randstein abgeschlossen.

 

Dadurch wirkt sie laut Tiefbauamt schmaler, als sie ist. Dies habe zur Folge, dass vorsichtiger gefahren wird. Das Sicherheitsempfinden für Velofahrer werde verbessert. Kreuzen zwei Lastwagen, kann einer der beiden Richtung Trottoir ausweichen. Auch Velofahrerinnen können bei engen Situationen nach rechts über den abgeflachten Randstein aufs Trottoir ausweichen.

 

Mehrheit dagegen

Viele Leute im Saal scheinen diese Ansicht nicht zu teilen. Die Tempo-30-Zone wird als Schikane empfunden. Es könne – wegen der Verkehrsdichte - bereits heute kaum mit 50 durchs Dorf gefahren werden, sagt ein Mann und fügt an: «Wenn Sie einen 30er montieren, können sie Blitzer aufstellen und kassieren.»

 

Andere zweifeln einerseits die Lärmmessungen an und die geplanten Massnahmen: «Bereits heute hat jede Liegenschaft im Perimeter Lärmschutzwände», sagt der Mit-Verfasser des Flyers des Stopp-Komitees.

 

Viele dafür

Neben viel Kritik gibt es aber auch andere Stimmen, ein Mann sagt: «Ich verstehe die Leute im Saal nicht. Stehen sie mal mit einem vierjährigen Kind an die Hauptstrasse. Wenn man weit weg steht, hat es Freude an den Lastwagen. Ist man nahe dran, beginnt das Kind fast zu weinen.» Auch eine Mutter von schulpflichtigen Kindern zeigt sich erleichtert, dass für die Schwächsten etwas gemacht wird.

 

Keine Abstimmung über Thunstrasse

«Wir wollen nicht streiten», sagt Gemeindepräsidentin Bettina Gerber (Die Mitte). Der Kanton halte sich bei der Sanierung an ein Bundesgerichtsurteil, welches vorschreibe, dass die Anwohnenden nicht übermässigem Lärm ausgesetzt sein sollen. Über Tempo 30 auf der Hauptstrasse werde es keine Abstimmung geben, man könne aber gegen die Baupublikation Beschwerde einreichen.

 

Abstimmung über Dorfkern

Anders sieht es aus bei der geplanten Tempo-30-Zone rund um die Ortsdurchfahrt. Auf den Nebenstrassen im Dorf hat nicht der Kanton das Sagen, sondern die Gemeinde. Es wurden drei unterschiedliche Varianten geprüft. Diese liegen jetzt zur Mitwirkung auf. Vor zehn Jahren lehnte das Stimmvolk von Oberdiessbach Tempo 30 in den Quartieren wuchtig mit 74 zu 26 Prozent ab. Deshalb ist für Gemeindepräsidentin Gerber klar, dass darüber erneut abgestimmt werden kann.

 

Alle können mitreden

Bevor abgestimmt wird, haben die Bürgerinnen und Bürger von Oberdiessbach Gelegenheit, sich zur Sanierung zu äussern. Bis Ende November dauert das Mitwirkungsverfahren, danach werden die nächsten Schritte eingeleitet. «Sehen Sie es als Chance, dies besser zu gestalten», sagte Gerber zum Abschluss. Frühestens 2027 kann mit der Sanierung begonnen werden. Bis dahin gilt weiterhin Tempo 50.

 

[i] Die Mitwirkung zur «Verkehrsberuhigung Dorfkern» und zur «Sanierung Ortsdurchfahrt Oberdiessbach» dauert bis am 30. November. Sämtliche Dokumente und einen Fragebogen gibt es auf der Webseite der Gemeinde.

 

[i] Laut Tiefbauamt ereigneten sich ungefähr 30 Unfälle in zehn Jahren, im Schnitt etwa drei pro Jahr. Es ereigneten sich wenige schwere Unfälle, es gebe auch keine Unfallschwerpunkte auf der Thunstrasse. Das subjektive Sicherheitsempfinden in Oberdiessbach wird laut Tiefbauamt als schlecht wahrgenommen. Es passierten viele Fast-Unfälle, brenzlige Situationen, es herrsche eine Angstsituation in Bezug auf die Ortsdurchfahrt. Dies werde so von Fussgängerinnen und Velofahrern empfunden.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
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Erstellt: 03.11.2023
Geändert: 03.11.2023
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