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Nach 30 Jahren: Die Töpferei Steiner aus Kiesen geht zu

Weisse grosse Tupfen auf unifarbenem Grund – das klare Design der Töpferei Steiner ist weit herum bekannt. Derzeit verkaufen Peter und Therese Steiner in ihrem Laden in Kiesen die letzten Stücke. Vor Kurzem schlossen sie altershalber bereits die Werkstatt. Damit geht ein traditioneller Handwerksbetrieb in der Region zu. Ganz vorbei ist es aber nicht.

Hören nach 30 Jahren auf: Peter und Therese Steiner mit ihrer Töpferware. Neben den beliebten Tupfen zieren ihre Gefässe auch traditionelle Motive mit Blumen und Figuren. (Bild: Isabelle Berger)
Peter Steiner in einem seiner zwei restaurierten Autotraktoren: Damit unternimmt er mit Frau Therese gerne Pässefahrten. (Bild: Isabelle Berger)

„Töpfereien haben immer schauen müssen, was sich verkauft“, sagt Töpfermeister Peter Steiner. Die Kiesener Traditions-Töpferei Steiner mit fast 200-jähriger Geschichte ist bekannt für ihre Tupfen- und Apfelmuster in Hörnlimalerei. „So ein Krug sieht in jeder Wohnung gut aus“, sagt Therese Steiner über ihren Verkaufsschlager. Das sah auch Coop so und nahm die Ware der Töpferei Steiner vor ein paar Jahren ins Sortiment der Supercard-Prämien auf.

 

Zuerst  habe er nicht so daran geglaubt, sagt Peter Steiner. „Aber eines Tages kam eine lange Mail mit Bestellungen“, berichtet er. Als ein Bild von ihm bei der Arbeit einen Coop-Flyer zierte, der an allen Kassen abgegeben wurde, „räblete“ es Bestellungen. „Nach zwei Wochen mussten wir sagen: Mehr schaffen wir nicht“, erinnern sich Steiners. Rund 700 Krüge waren bestellt worden.

 

Immer genug zu tun

„Wir hatten immer genug Arbeit“, sagt Peter Steiner im Rückblick auf die gesamte Zeit im Betrieb. Und als weniger lief, hätten sie immer gute Lösungen mit den Angestellten gefunden. „Es ist immer schön aufgegangen“, so Steiner.

 

Neben dem Verkauf im Laden oder an Spezialmärkten wie dem Zibelemärit lieferten Steiners auch viel ans Heimatwerk am Zürcher Flughafen, welches traditionelles Schweizer Kunsthandwerk verkauft. Oder sie fertigten Auftragsware für Wiederverkäufer – tönerne Bestandteile für einen Raumbedufter und Urnen – oder für private Kundschaft.

 

In Kiesen wird weitergetöpfert

Therese und Peter Steiner führten den Betrieb in zweiter Generation. 1949 übernahm Peter Steiners Vater Hans den Betrieb, der 1826 seinen Anfang nahm. Eine Übernahme des Betriebs durch eines der Kinder von Peter und Therese Steiner, Andrea (38) oder Michael (39) habe nicht zur Diskussion gestanden. Beide schlugen einen anderen beruflichen Weg ein. Aber: "Überraschenderweise meldete sich jemand", sagt Peter Steiner. Kürzlich unterzeichneten sie einen Mietvertrag auf Anfang September mit einer Keramikerin und einer Töpferin, die in der Töpferei an der Bernstrasse 2 etwas Eigenes aufbauen wollen.

 

Darum sind Steiners derzeit am ausräumen. In der Werkstatt ist ausser viel Staub und anderen Spuren des grauen Tons nicht mehr viel zu sehen, was die Arbeit in den Räumen einst ausmachte. "Das gemeinsame Herausräumen ist auch ein gemeinsames ‘Verschaffen’", sagt Therese Steiner. Der eine oder andere beim Aufräumen in Erscheinung tretende Gegenstand weckt Erinnerungen an vergangene Zeiten.

 

Die Routine wird fehlen

Therese Steiner war Hausfrau und im Betrieb für den Verkauf und den Laden zuständig. Die morgendliche Routine, nach dem Eintreffen in der Töpferei mit den Keramikmalerinnen ein paar Worte zu wechseln, werde sie vermissen. "Aber ich geniesse nun die ruhigen Morgen", sagt sie. So könne sie die Grosskinder in Empfang nehmen, ohne zuerst noch einen Brennofen entleeren zu müssen. Aber klar sei es schade. "Es ist wieder ein Handwerk weniger", sagt sie.

 

"Es ist gut, ist jetzt fertig", meint Peter Steiner zum Aufhören. Bei den grossen Serien habe er es letztens in den Gelenken gespürt. Und auch sonst: Immer da sein zu müssen, der eigene Anspruch, die Ware anständig und gut zu machen, zur Zeit zu liefern und die Kund*innen zufrieden zu stellen – "Wenn das nicht mehr ist, ist es auch recht", meint er. Und trotzdem: "Das Schönste für mich war, wenn die Leute zufrieden waren, mit dem was wir gemacht haben."

 

Nostalgisch unterwegs

In der vielen neuen Freizeit wird es Peter Steiner aber sicher auch ohne das Töpfern nicht langweilig.  Er baut grosse Modelldampfeisenbahnen und hilft als Zugführer beim Vaporama mit, der Dampfbahn im Thuner Schadaupark. Und mit anderen Gefährten sind Peter und Therese Steiner gemeinsam unterwegs:  “Vorletztes Jahr reisten wir mit dem VW-Bus ans Nordkap und via St. Petersburg zurück, letztes Jahr durch den Balkan bis an die griechische Grenze”, erzählen Steiners.

 

Da das Reisen im Moment schwierig ist, werden in der nächsten Zeit aber wohl eher Pässefahrten mit dem Autotraktor auf dem Programm stehen. Das 90-jährige Fahrzeug – vorne Auto, hinten Traktor – in der Garage hat Peter Steiner selber restauriert. “Und er ist jetzt an einem zweiten dran”, sagt Therese Steiner, die mit Begeisterung durch die ausgedehnte Werkstatt ihres Mannes im gemeinsamen Wohnhaus führt.

 

Eine letzte Serie

Das Töpern ganz sein lassen wird Peter Steiner nicht. "Im Keller habe ich noch eine kleine Werkstatt eingerichtet", sagt er. Im Herbst wolle er dort nochmals eine Serie drehen. "Aber vielleicht sage ich das jetzt nur, damit ich nicht alles weggeben muss", schmunzelt er.


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 08.08.2020
Geändert: 08.08.2020
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