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Underrüti Münsingen: Frutiger gibt Bauprojekt auf

Die Baufirma Frutiger zieht sich aus dem Projekt für preisgünstige Wohnungen auf dem Areal Underrüti in Münsingen zurück. Das Investitionsvolumen sei grösser als erwartet und übersteige ihre Vorstellungen, begründen die Verantwortlichen der Baufirma. Gemeinderat Andreas Kägi sieht das Projekt trotzdem als Erfolg.

Bleiben vorerst erhalten: Die Schrebergärten auf der Underrüti. (Archivbild: Michelle Thönen)

Die Preiswert Leben AG (PWL), eine Tochterfirma der Thuner Baufirma Frutiger, zieht sich aus dem Projekt Underrüti zurück. „Es ist ein spannendes Projekt. Aber das Investitionsvolumen von 50 bis 60 Millionen Franken entspricht nicht mehr dem, was wir uns vorgestellt haben“, begründet Jürg Wanzenried, Geschäftsführer der PWL und Leiter Strategische Immobilien bei der Frutiger AG den Entscheid.

 

Die Tochterfirma wurde erst im letzten Herbst gegründet und verfolgt gemäss Statuten den Zweck, bezahlbaren Wohnraum im Sinne des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes (WEG), des Wohnraumförderungsgesetzes (WFG) sowie entsprechender kantonaler und kommunaler Erlasse zu schaffen.

 

Nun ist die Frutiger AG eine grosse Baufirma und verfügt entsprechend über Kapital auch für grosse Projekte. Warum hat sie nicht das Kapital ihrer Tochterfirma aufgestockt, um das Projekt zu realisieren? „Es ist eine Frage des Massstabs“, erklärt Wanzenried. Man wolle mit der neu gegründeten AG nicht so ein grosses Projekt angehen. Die Frutiger AG selber konnte das Projekt nicht übernehmen. Die Vorgaben der Gemeinde verlangen, dass der Zweck „preisgünstiges Wohnen“ in den Statuten der ausführenden Firma festgehalten ist.

 

Projekt zu gross

In der gemeinsamen Medienmitteilung von Gemeinde und Baufirma wird betont, die bisherige Planung habe gezeigt, „dass preisgünstiger Wohnungsbau auch ohne Subventionen der öffentlichen Hand gelingen kann.“ „Es ist ein gutes Projekt“, bekräftigt Wanzenried. Auch finanziell würde es im Prinzip aufgehen, nur sei es eben zu gross für die PWL.

 

Auch Andreas Kägi (FDP), Gemeinderat mit dem Ressort Planung und Entwicklung betont das Positive. „Das Workshopverfahren, mit dem wir das Projekt entwickeln, wird zu Ende geführt und die Resultate stehen der Gemeinde gratis zur Verfügung.“ Die Kosten trägt die Frutiger AG. Wegen der Corona-Krise verschiebe sich der für April geplante Abschluss aber um einige Monate.

 

Für preisgünstige Wohnungen vorgesehen

Das Areal Underrüti ist schon lange für den Bau von preisgünstigem Wohnraum vorgesehen und soll mit der Ortsplanungsrevision in eine ZPP überführt werden. Anschliessend werde das Projekt öffentlich ausgeschrieben, heisst es in der Mitteilung.

 

Das Projekt und insbesondere das Vorgehen des Gemeinderats hatten bei Bekanntwerden der Pläne für Kritik gesorgt. Kritisiert wurde, unter anderem vonseiten der SP, dass es keine öffentliche Ausschreibung gab und dass mit der Frutiger AG ein gewinnorientiertes Unternehmen zum Zug kam, anstatt eine gemeinnützige Trägerschaft.

 

Es gab und gibt aber auch grundsätzliche Kritik an einer Überbauung auf dem Areal, die mit bis zu vier Geschossen geplant ist. Zu dieser Seite gehört das Komitee „Zukunft mit Vernunft“ um Paul Stähli und Walter Strahm. Die beiden setzen sich seit längerer Zeit gegen höheres Bauen in Münsingen und das starke Wachstum der Gemeinde ein. Strahm bewirtschaftet ausserdem eine Parzelle in der Schrebergartenanlage auf der Underrüti.

 

"Stimmung hat gedreht"

Ein Teil der Gärten hätte bei Realisierung des Frutiger-Projekts schon im nächsten Jahr aufgegeben werden müssen, da auf einem Teil des Areals ein „Testbau“ geplant war. Walter Strahm freut sich, dass das Projekt vorderhand aufgegeben wurde. „Der Gemeinderat steht nun etwas blöd da“, findet er. Er ist überzeugt, dass das Projekt auch am zu erwartenden Widerstand aus der Bevölkerung gescheitert ist. Er sagt aber auch: „Den Krieg gewinnt man nicht mit einer Schlacht.“ Für einen nächsten Anlauf auf der Underrüti und für die gesamte Ortsplanungsrevision sieht er ebenfalls ein Scheitern voraus. „Die Stimmung im Dorf hat definitiv gedreht.“


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 19.03.2020
Geändert: 19.03.2020
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