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Bauboom: So sieht Vechigens Zukunft aus

In der Gemeinde Vechigen wird derzeit emsig gebaut. Gleich zwei grosse Wohnbauprojekte – Oberfeld und Diessenberg – sind im Gange. In den kommenden Jahren soll zudem im Zuge der Entwicklung des Areals Kern Boll Süd mehr Wohnraum entstehen, als es dort bis jetzt gibt. Bereits fertiggestellt ist mit Vechigen Höfe auf dem Rämelacker eine weitere grosse Überbauung. Gemeindepräsident Walter Schilt (SVP) über die Gründe des Baubooms, das zukünftige Wachstum der Gemeinde - und wie diese darauf vorbereitet ist.

Da standen noch die Profile: Die Überbauung Oberfeld in Boll ist eines der drei grossen Wohnbauprojekte, die derzeit in der Gemeinde Vechigen realisiert werden. (Bild: vechigen.ch)

5290 Einwohner und Einwohnerinnen zählt die Gemeinde Vechigen. Die Zahl soll in den kommenden Jahren um schätzungsweise 300 bis 400 Personen steigen. Mit den Überbauungen, die derzeit entstehen, werden insgesamt rund 200 Wohnungen geschaffen, später folgen mit der Überbauung "Kern Boll Süd" weitere Wohneinheiten. Die rund 65 Wohnungen auf dem Rämelacker sind derzeit bis auf neun alle vermietet.

 

Investoren stürzten sich 2014 auf Bauland

"Jetzt gibt es gerade einen Hype. Danach wird es das für Vechigen aber für längere Zeit gewesen sein", schätzt Schilt die Zahlen ein. Den Boom erklärt er mit dem Abschluss der Ortsplanungsrevision 2014 und dem Investitionsdrang beispielsweise der Versicherungsanstalten und Pensionskassen. Wegen der Negativzinspolitik sei der Druck dort gross, die millionenschweren Vermögen irgendwo sicher zu investieren. Und das geschehe mit Vorliebe im Wohnungsbau.

 

"Wir haben in der Ortsplanungsrevision zwar keine neuen Quartiere erschlossen, aber bestehende Lücken aufgefüllt. Danach haben sich die Investoren darauf gestürzt", so Schilt. So sei es zur Häufung der Projekte gekommen.

 

Der Verkehr wird zunehmen

Mit dem Wachstum der Gemeinde hat man gerechnet. "Das Wachstum ist so eingetroffen, wie es von Fachleuten prognostiziert wurde", sagt Schilt. Problematisch werde es aktuell aber nur während der Bauzeit der zwei gleichzeitigen Projekte und später bei der Verlegung der Bahngeleise und der darauffolgenden Neubebauung des Areals Kern Boll Süd in Bezug auf den dadurch verursachten LKW-Verkehr. "Es ist dem Gemeinderat ein wichtiges Anliegen, dass wir insbesondere die Schulwegsicherheit in dieser Zeit gewährleisten können" sagt Schilt.

 

Mit dem Einzug neuer Einwohner wird es aber auch danach zu zusätzlichem Verkehr kommen. "Aber das ist überall so", relativiert Schilt. Die Verkehrskommission der Regionalkonferenz Bern-Mittelland (RKBM) hat mit ihrem Verkehrskonzept bereits darauf reagiert. "Die RKBM hat Zahlen für Bahn, Autos und Langsamverkehr erhoben und erarbeitet derzeit ein Mobilitätskonzept unter anderem fürs Worblental", sagt Schilt.

 

Mit dem Begriff Langsamverkehr sind Velos gemeint. "Das Velo wird extrem wichtig: Jeder der Velo fährt, sitzt nicht in einem Auto", so Schilt. Konkret habe die Verkehrskommission der RKBM hier die Veloroute durchs Worblental aufgearbeitet.

 

Schilt: "Es darf holpern"

Bei den Strassen will man sich in Vechigen in Punkto Investitionen allerdings auf das Nötigste beschränken: „Der Standard der Gemeindenebenstrassen wurde heruntergesetzt“, sagt Schilt. Dafür setze die Gemeinde mehr auf Reparatur- und Unterhaltsarbeiten. Die Komfortminderung nimmt die Gemeinde in Kauf. "Es darf ein bisschen holpern. Dann fährt man auch weniger schnell und müsste unter Umständen keine (unbeliebten) Temporeduktionen einführen", argumentiert Schilt.

 

Er beteuert aber, dass die Hauptverkehrsachsen in gutem Zustand seien. Betroffen seien eher die kleineren Strassen. "Dort 'verlidets' es", sagt er und appelliert auch an die Eigenverantwortung: „Auch wenn beispielsweise eine Liegenschaftszufahrt der Gemeinde gehört, kann man auch selber mal eine Schaufel in die Hand nehmen und ein Loch mit ‚Grien‘ füllen“, schlägt Schilt vor.

 

Die Schule ist vorbereitet

Eine grosse finanzielle Investition in die Zukunft ist die Sanierung  und Erweiterung der Schule Stämpbach. "Die knapp 16 Millionen Franken hätten wir aber auch ohne Bevölkerungszuwachs investiert", sagt Schilt. Auch hier hat man mit der wachsenden Einwohnerziffer und der damit verbundenen Zunahme der Schülerzahlen bereits gerechnet.

 

Die Schule sei einer der Trümpfe der Gemeinde, sagt Schilt. Als Hauptargument für Vechigen als Wohnort nennt er aber die gute Bahnanbindung an Bern. "Das ganze Worblental ist attraktiv für Leute, die in der Stadt arbeiten, aber ländlich wohnen möchten", sagt er.

 

Nicht in Vechigen arbeiten dürften wohl viele der erwarteten Neuzuzüger. "Es hat schon Arbeitsplätze hier, zum Beispiel im Wohn- und Pflegeheim Utzigen. Aber für deren Förderung bleibt uns wenig Spielraum", sagt Schilt. Eine solche müsse stets im Lichte der Rechtsgleichheit vonstatten gehen, was es nicht einfach mache. „Die Gemeindebehörden versuchen aber zusammen mit dem Gewerbeverein unterstützend zu wirken“, beteuert er.

 

Bern ist kultureller Bezugspunkt

Und wie sieht es mit dem kulturellen Leben aus? Vechigen sei in diesen Dingen sehr auf das Nahe Bern bezogen. "Wir haben aber ein reges Vereinsleben", sagt Schilt, der in Vechigen aktuell keine Tendenz zur Schlafgemeinde sieht. Beispielsweise den Hornussern und  dem Turnverein windet er ein Kränzchen für ihr vielseitiges Engagement.

 

Die Kulturkommission der Gemeinde versuche auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten, Kultur in der Gemeinde zu unterstützen. Aber für Infrastrukturen, wie eine Dreifachturnhalle sei es schwierig, Geld bereitzustellen. „Für Angebote vor Ort braucht es ziviles Engagement, wie dies bereits passiert“, sagt Schilt.

 

Entwicklung wichtig für Infrastruktur

Dies dürfte sich auch in Zukunft nicht ändern: Schilt rechnet nicht damit, dass die Gemeindeeinnahmen durch die zusätzlichen Steuerzahler merklich zu Buche schlagen werden.

 

Wichtiger ist ihm auch der Einfluss der Bevölkerungszunahme auf die Infrastruktur: „An Orten, die nicht entwickelt werden, nehmen die Einwohner ab und damit auch die Infrastruktur, wie zum Beispiel der Postautobetrieb“, erklärt er. Bei ungenügender Entwicklung, beziehungsweise geringer Frequentierung des Postautos, könnten Linien auch gestrichen werden.


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 18.01.2019
Geändert: 18.01.2019
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