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Walkringen: So lief der Start für den «neuen Aeschlimann»
In Walkringen wirkt Christof Aeschlimann seit einem halben Jahr als neuer Gemeindepräsident – mit einem komplett neuen Gemeinderat an seiner Seite. Wie hat sich das Team gefunden? «Aeschlimann der Neue» erzählt, wie sie zusammen gestartet sind, was er in seiner Amtszeit plant und wie ihm kurz vor der Gemeindeversammlung zumute ist.
Christof Aeschlimann führt die Treppen hinauf in den Dachstock des Gemeindehauses Walkringen. Dort tagt der neue Gemeindepräsident seit Anfang Jahr mit seinem ebenfalls komplett neu zusammengesetzten Gemeinderat. Ein eigenes Büro im Gemeindehaus hat er nicht: «Ich bin jeweils am Mittwochmorgen für Gespräche hier anzutreffen, dafür reicht unser Sitzungsraum völlig.»
Digital unterwegs …
Der Raum mit Dachschräge ist gemütlich, ringsum Holz, ein grosser schwarzer Sitzungstisch in der Mitte – und an der Kopfseite ein moderner Riesenbildschirm, an dem Aeschlimann sichtlich Freude hat. Der Bildschirm sei quasi das sichtbare Symbol für den Neustart des Gemeinderats, sagt er: «Er zeigt, dass wir digital unterwegs sind.» Er sei dem alten Gemeinderat sehr dankbar, dass dieser noch eine Neuanschaffung aufgegleist habe.
… mit neuem Team, neuen Anfragen …
Abgesehen vom neuen Bildschirm: Wie kann man sich eine erste Sitzung vorstellen, in der alle komplett neu im Amt sind? Ob da zunächst eine Runde ratloses Schweigen herrschte? Christof Aeschlimann lacht fröhlich. «Nein, nein, dafür stehen viel zu viele Themen an, wir waren sofort mittendrin!» Von Anfang an seien Anfragen von Bürger:innen eingetroffen. «Ich vermute, dass einige nicht mehr den alten Gemeinderat behelligen wollten, sondern gerade noch auf uns Neuen warteten.»
… und bestehenden Geschäften
Nebst diesen Anfragen lagen bereits laufende Geschäfte auf dem Tisch: «Die Abstimmung rund um das Schulhaus war zum Glück bestens aufgegleist – ich musste sie nur noch durchführen», sagt er. «Und natürlich war ich erleichtert, dass sie rund lief.» Und sofort ging es weiter: Der Ersatz der Wasserleitung in der Hauptstrasse, der inzwischen läuft, stand an.
Überarbeitung nach zehn Jahren
Andere Bereiche müssen nach fast zehn Jahren überarbeitet werden: Die Kosten des Mittagstischs und das Organisationsreglement der Gemeinde haben Anpassungen nötig. Auch das Altersleitbild wird weiterbearbeitet. Kurz: Die Themen seien dagelegen, und der neue Gemeinderat habe einfach handeln können. «Das ist für uns auch die Gelegenheit, neue Themen einzubringen und den Fächer zu öffnen, zu schauen, was gut war, aber auch, ob Neues nötig ist», findet Aeschlimann.
Alle neu – und alles anders?
Was also will er anders machen? Letztlich wurde «Aeschlimann der Neue» ja anstelle des «alten Aeschlimann» gewählt, damit etwas ändert. Er überlegt nicht lange und sagt: «Ich möchte ganz unterschiedliche Leute aus der Bevölkerung herbeiholen, das ergibt eine breite Meinung.» Eine Idee, das zu erreichen, sei, die Kommissionen zu stärken: «So sind Geschäfte breit abgestützt, und wir können auch Leute einbeziehen, die nicht unbedingt politisch unterwegs, sondern unternehmerisch oder persönlich involviert sind.»
Ressortverteilung gelungen
Auch bei den Geschäften der Gemeinderäte und der einzigen Gemeinderätin sei er dabei, falls sie das wünschen. «Aber ohne sie zu kontrollieren – ich habe volles Vertrauen in sie.» Schon die Ressort-Verteilung im neuen Gemeinderat sei gut abgelaufen: Sie hätten gute Diskussionen geführt, und am Ende die Ressorts so zuteilen können, dass es passt. «Jetzt sind alle gut aufgehoben und geben Gas.»
Nicht mit allen die Schulbank gedrückt ...
Christof Aeschlimann war mit einem fulminanten Ergebnis gewählt worden, obwohl er erst vor zehn Jahren mit seiner Frau nach Walkringen zog. Ob ihm das nicht ein wenig Druck macht? Er nickt, überlegt kurz, dann erklärt er, dass es vielleicht manchmal sogar einfacher sei, weil er nicht mit allen die Schulbank gedrückt habe.
... aber mit allen offen reden
Umso wichtiger ist ihm der Dialog mit allen: «Wenn ich mit meinem weissen Schäferhund spazieren gehe, erlebe ich sehr viele positive Kontakte, und die Leute kommen offen auf mich zu!» Aeschlimann hofft allerdings, dass Kritik genauso offen an ihn herangetragen werde: «Ich habe keine Angst davor, sondern möchte Anregungen aufnehmen, Probleme lösen und daran wachsen.» Auch vor direkten Worten fürchtet er sich nicht: «Ich komme aus dem Bausektor und bin einiges gewohnt – sofern es auf Augenhöhe bleibt und nicht beleidigend wird!»
Allen recht getan …
Christof Aeschlimann ist bewusst, dass nicht alle begeistert sind von ihm und seinen Neuerungen. Die Idee beispielsweise, es mache allenfalls Sinn, wenn die Gemeinde den Gemeindepräsidenten künftig fix anstelle, komme sicher nicht bei allen gut an. «Aber wenn man diesen Job richtig gut erfüllen will, muss man 20 bis 30 Prozent investieren», sagt er deutlich. Und: «Klar gäbe es wahrscheinlich harte Diskussionen, aber man muss strategisch vorausschauen und solche Gedanken zumindest diskutieren dürfen – sonst finden wir für die nächste Legislatur vielleicht niemanden mehr .»
Manchmal ist er einfach Privatmann
Zwischendurch jedoch möchte Christof Aeschlimann in der Gemeinde ganz einfach privat unterwegs sein. Beispielsweise an den Schulfesten seiner achtjährigen Tochter Helen, die in Walkringen die zweite Klasse besucht. «An Festen bin ich voll als Vater dabei», betont er. Seine Frau Tanja habe übrigens seine Kandidatur voll unterstützt, und auch wenn er jetzt öfter an Sitzungen sei als anfangs gedacht: «Wenn es zu viel wird, könnte ich allenfalls mein Arbeitspensum als Abteilungs- und Projektleiter der Firma BBP Geomatik AG reduzieren.»
Wohin will er die Gemeinde bringen?
Was aber will er für die Gemeinde erreichen? Er holt Luft, dann sagt er: «Ich möchte die Gemeinde nachhaltig entwickeln und für die kommenden Jahre fit machen.» Er schweigt kurz und lacht dann herzhaft über sich selbst: «Das habe ich jetzt schön politisch verpackt, oder?» Aber tatsächlich sei ihm Nachhaltigkeit ein wichtiger Punkt: «Wir verschwenden viel zu viele Ressourcen – personelle und natürliche. Daher möchte ich die Infrastruktur der Gemeinde erhalten.»
Wie will er das erreichen?
Wie er das anstellen will? «Das ist ein schwieriger Punkt», gibt er zu. Dafür werde der Gemeinderat zusammen mit der Verwaltung demnächst einen Strategieworkshop mit externer Unterstützung durchführen. Thema werde immer wieder Nachhaltigkeit sein: «Bildung beispielsweise ist nachhaltig für das künftige Leben unserer Jungen, dort werden wir uns gemeinsam mit der Bildungskommission Gedanken machen.»
Soziales, Umwelt, Bauflächen
Auch Nachhaltigkeit im Sozialen werde ihn und den Gemeinderat beschäftigen, und in Umweltfragen und punkto Baufläche. «Alle im Gemeinderat haben den Auftrag, in ihrem Ressort zu suchen, wo Nachhaltigkeit möglich ist», sagt Aeschlimann. Ziel in vier Jahren sei nicht, tausend Einwohner mehr zu haben: «Wir wollen Themen gut bearbeiten und gemeinsam entwickeln.»
Brenzliges anpacken …
Auch heisse Kartoffeln wie die Überbauung Schafrain (separater Beitrag folgt), die Bschüttileitung auf dem Golpisberg oder die fällige Ortsplanung scheue er nicht, betont er: «Ich werde zuerst die Hausaufgaben machen und mir einen Überblick verschaffen.» Aber vieles sei schon vorgespurt, und er wolle eine Lösung, die für Gemeinde und Betroffene stimmt – «egal zu welchem Thema». Deshalb sei er zuversichtlich, dass er und sein Gemeinderat das zu Ende bringen können. «Sonst wäre ich falsch am Platz.»
… und gemeinsame Lösungen finden
Er überlegt kurz, dann doppelt er nach: «Ich suche einfach nach einer Lösung, es geht gar nicht anders.» Bauprojekte wie der Schafrain können die weitere Revision der Ortsplanung blockieren, und das Projekt Golpisberg wiederum beeinflusse das Grundwasser, das die Leute in Walkringen beziehen. «Wir können auch lang drumherum diskutieren und warten, bis das Wasser braun kommt, und dann sagen, ‘hätten wir doch’.» Letztlich bringe aber Stürmen nichts, eine Lösung müsse her: «Es wird meine Aufgabe sein, die Leute zu einer gemeinsamen Lösung zu bringen.»
In seine Gemeinde investieren …
Auch wenn er kein «eingeborener Walkringer» ist, liegt dem Gemeindepräsidenten die Gemeinde am Herzen: «Hier stimmt das Gesamtpaket, es ist ländlich, mit schöner Natur zum Laufen, Velofahren und Erholen, und dennoch einer guten ÖV-Anbindung und nur 20 Minuten von Bern entfernt», zählt er auf. Daneben eine grosse Auswahl an Vereinen von Schützen über Musik bis Ornithologie – und ein schöner Zusammenhalt in der Gemeinde: «Ich fühle mich heimisch und wohl.»
… und die erste Gemeindeversammlung leiten
Dementsprechend freut sich Christof Aeschlimann auf seine erste Gemeindeversammlung. Nein, gross aufgeregt sei er nicht, sagt er: Vieles sei soweit gut aufgegleist. «Und wenn etwas ansteht, können wir darüber reden.»
[i] Gemeindeversammlung: Montag, 16. Juni 2025, 20 Uhr im Schulhaus Walkringen
[i] Sprechstunde: Monatlich am Dienstagabend, Termine und Uhrzeit siehe Website der Gemeinde, im Gemeindehaus. Die Bevölkerung ist eingeladen, diese auch zu nützen!
[i] Ab August: «Walk and Talk» einmal monatlich mit einem Spaziergang in der Gemeinde. «Beim Laufen», hofft Christof Aeschlimann, «ist auf einmal ein Problem nicht mehr so gross.»
Erstellt:
16.06.2025
Geändert: 16.06.2025
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