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Wege zur Kunst: 28 Künstler öffneten die Türen zu ihren Ateliers

Quelle
Berner Zeitung BZ

Am Wochenende gewährten Kunstschaffende in Grosshöchstetten, Worb, Beitenwil, Rubigen, Trimstein und Münsingen Einblick in ihre Werkstätten. Der Anlass lockte viele Leute an.

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In Europa ist er Maler, in Indien ein Dichter. Die «Wege der Kunst» führten auch ins Atelier des Künstlers Dev in Rubigen. Als Kind zog er von Indien nach Kenia, über zahlreiche Umwege kam er in die Schweiz. (Bilder: Nadia Schweizer)
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«Spuren» heisst das Werk mit dem Schuh von Ueli Hofer aus Trimstein.
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«Light-Cloud» – Geheimnisvolles von Brigitta Briner aus Münsingen.
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Unter dem Leitspruch «Wege zur Kunst» öffneten Kunstschaffende aus den unterschiedlichsten Sparten ihre Arbeitsräume. Interessierte hatten am Samstag und Sonntag die Gelegenheit, 28 Ateliers in den Ortschaften Grosshöchstetten, Worb, Beitenwil, Rubigen, Trimstein und Münsingen zu besichtigen. In Münsingen zeigte die Objektkünstlerin Brigitta Briner eine Auswahl ihrer Werke. Kurz nach der Öffnung ihres Ateliers, das sie seit 20 Jahren gemeinsam mit Ehemann Patrick King betreibt, sind bereits die ersten Besucher zugegen.

Kleine Höhlensysteme

Sie müssen nahe an die Werke herantreten, um deren Kern zu entdecken. Briners mal kantig, mal rund geformte Skulpturen sind mit kleinen Öffnungen versehen. Ein Blick hinein enthüllt Überraschendes: So birgt ein klobiger Würfel ein kleines, aber weit verzweigtes Höhlensystem. Und im Innern einer Wolke aus Keramik glitzern Glasfragmente wie kleine Kristalle. Solche Einblicke sind es, die Briner besonders reizen. «Die Leute sollen sich wie Höhlenforscher in unbekannte Räume hineinwagen und Unerwartetes entdecken», erklärt sie.

Abenteuer Shuttlebus

Aufregend ist an diesem Wochenende aber nicht nur das Innenleben von Brigitta Briners Skulpturen. Damit das Publikum problemlos zwischen den sechs Ortschaften hin und her wechseln kann, wurde eigens ein Shuttlebus eingerichtet. Wobei der engagierte Fahrstil des Chauffeurs nicht jedem Passagier behagt. Er werde später vielleicht doch mit seinem eigenen Auto weiterfahren, meint ein älterer Herr nach überstandener Fahrt.

Immerhin erreicht man auf diese Weise innert wenigen Minuten von Münsingen aus das Atelier von Ueli Hofer in Trimstein. Hier sind die Besucher besonders zahlreich. Hofer lässt sich durch den Betrieb um ihn herum aber nicht aus der Ruhe bringen. Er öffne sein Atelier nicht zum ersten Mal für Interessierte, erklärt er. Dicht an dicht hängen Hofers Arbeiten an den Wänden, die bekannten Scherenschnitte etwa oder Assemblagen aus verschiedenen Gegenständen. Fragen zu seinem Werk weicht er erst einmal freundlich aus. «Was ich mache, hängt dort an der Wand. Kunst ist Interpretationssache, und jeder erkennt etwas anderes darin.»

Der geheimnisvolle Schuh

Im Gespräch lässt sich Hofer schliesslich doch noch etwas mehr entlocken. Sein Blick fällt auf einen Kasten, in dem ein abgetragener Lederschuh und eine Emailschüssel nebst alten Schriften zu sehen sind. «Ich möchte Geschichten und Gefühle vermitteln. Zum Beispiel mit diesem Schuh. Der hat doch etwas Geheimnisvolles an sich», sagt Ueli Hofer. Vor Ueli Hofers Atelier wartet bereits der unvermeidliche Bus, um das immer grösser werdende Publikum nach Rubigen weiterzubefördern. Dort hat sich vor gut 20 Jahren der Maler und Dichter Dev eingerichtet. Über eine knarrende Treppe erreicht man seine Wohnung. Hier lebt und arbeitet Dev umgeben von Tausenden von Büchern und vielen fertiggestellten Bildern, die so zahlreich sind, dass es unmöglich wäre, alle auf einmal auszustellen.

Von Punjab nach Rubigen

In Punjab, im Norden Indiens, geboren, zog Dev als Kind mit seinen Eltern nach Kenia, wo sein Vater für die British Railways arbeitete. Über zahlreiche Umwege gelangte er schliesslich Ende der Siebzigerjahre in die Schweiz. «Paul Klee war mein Vorbild, deswegen kam ich hierher. Ohne überhaupt jemanden zu kennen», erzählt Dev. Bald aber konnte er seine Gemälde in Bern ausstellen. Und erwarb sich in seiner Heimat zugleich einen Ruf als begnadeter Dichter. Dass dies hierzulande kaum jemand weiss, stört ihn aber überhaupt nicht. «Ich trenne die Poesie vollständig von der Malerei. In Europa bin ich Maler. In Indien, da bin ich Dichter.» Allein für das Erzählen dieser Lebensgeschichte hat sich der grosse Aufwand der Organisatoren der «Wege zur Kunst» bereits gelohnt.

Autor:in
Simon Marti, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 19.11.2012
Geändert: 19.11.2012
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