Wenn 80-Jährige Party machen: Der Männerchor Münsingen feiert 175 Jahre

Gerade mal zwei der 23 aktiven Sänger des Männerchors Münsingen müssen sich auch mal wegen eines Elternabends für die wöchentliche Probe entschuldigen. Das Durchschnittsalter ist gegen 80, heisst, auch über 90-jährige sind dabei. Trotz Nachwuchsproblemen hätten sie beschlossen, mindestens bis zur Jubiläumsfeier durchzuhalten, sagt Edi Brügger. Weil sich kein Ersatz für die letzte Dirigentin finden liess, dirigert er den Chor zum zweiten Mal.

Gerade eben hat die Planung für die Jubiläumsfeier angefangen. Am 13. Mai nächsten Jahres soll sie im Schlossgutsaal in Münsingen stattfinden. "Wir machen eine Sonderform, denn in ein paar Jahren wird es uns nicht mehr geben", sagt Brügger. Für das Jubiläumskonzert sucht der Chor Projektsänger, die ihn unterstützen. Eine Handvoll hat Brügger bereits zusammen, die Suche hat aber erst begonnen.

Schubert und Blues

Was die Liederauswahl für das Konzert anbelangt, hat sich Brügger schon etwas überlegt. "Das Motto ist die Geschichte des Männerchorgesangs", sagt er. Die Lieder sollen dessen Wandel darstellen. Früher sei es ums Vaterland, Gott und die Freiheit gegangen, man habe Volkslieder gesungen. "Inzwischen hat sich das ziemlich gewandelt, da sich die Chöre der modernen Musik anpassen und Alternativen für das Vaterländische suchen mussten", so Brügger. In der Romantik habe dann zum Beispiel Schubert Lieder für Männerchöre geschrieben. Für viele Chöre sei diese Musik jedoch zu schwierig. "Aber wir werden sicher etwas davon singen." Weiter werde ein Blues im Programm sein, aber auch Modernes.

Seine Geschichte will der Männerchor Münsingen für das Jubiläum auch aufarbeiten. Dieses Vorhaben ist aber noch nicht gestartet, wie auch das Fest-OK noch nicht aufgestellt ist. Aus der Geschichte des Chors kann Brügger daher erst wenig berichten. Er weiss jedoch, dass der Chor früher eine wichtige Rolle in der Dorfpolitik spielte. "Früher waren politisch aktive Leute im Chor, und man machte da Politik", sagt er. Als er den Chor zum ersten Mal übernommen habe, seien etwa der Gemeindeschreiber und der Tierarzt dabei gewesen. "Wer früher etwas galt, war im Männerchor." Sei das damals die Freizeitgestaltung dieser Leute gewesen, so sei man heute wegen dem Singen und der Kameradschaft dabei. "Und der Chor ist politisch wie konfessionell durchmischt und es wird bewusst nicht über Politik diskutiert."

Die Anekdote vom unrühmlichen Gesangfest

Möglichweise kam das Singen früher ob des Politisierens zeitweise gar zu kurz. Auf diesen Gedanken kommt man jedenfalls bei folgender Anekdote. "Ein Tiefpunkt war ein Gesangfest in den 30er- oder 40er-Jahren in Bern. Der Männerchor schnitt dort sehr schlecht ab", sagt Brügger. Um dem Empfang der Musikgesellschaft am Bahnhof Münsingen zu entgehen, seien die Chormitglieder danach entlang der Aare nach Hause gegangen. "Einer soll dann gesagt haben, man solle den Chor umtaufen und ihn nun 'Männerchor Nümsingen' nennen."

Computerkurs inklusive

In die Geschichte des Chors gehört auch ein Computerkurs. "Ich war früher Internetverantwortlicher an der Sekundarschule Rebacker in Münsingen", sagt Brügger. Damit die Sänger zuhause üben können, habe er schauen wollen, dass sie Probestücke und Noten von der Vereins-Website herunterladen können. "Um den Anteil derer, die das beherrschen, möglichst gross zu machen, dachte ich, ich biete einen Computerkurs an."

Und so sei er mit einer ganzen "Zilete" Mitglieder Computer kaufen und einrichten gegangen. "Dann haben wir immer eine Stunde vor der Probe grundlegende Sachen geübt. Wie öffnet man eine Webseite, wie navigiert man, wie schreibt und liest man ein E-Mail." Inzwischen hätten drei Viertel des Chors die Möglichkeit, mit dem Computer zu üben. Mit Erfolg: "In der Probe geht es mir viel 'ringer' mit denen, die das machen", so Brügger.

[i] Interessierte Projektsänger können sich via Kontaktformular auf der Website des Männerchors Münsingen oder direkt bei Edi Brügger melden.