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Wasserversorgung: Wichtrach stimmt übers Trinkwasser ab

Der Gemeinderat von Wichtrach will sich dem Wasserverbund Region Bern anschliessen. Für die Gemeinde bedeutet dies, dass sie ihre eigenen Wasserquellen abtritt. Im November wird darüber abgestimmt.

Wichtrach stellt die Weichen für die Trinkwasserversorgung. (Foto: Rolf Blaser/zvg)

«Aktuell ist die Gefahr nicht da, dass uns das Wasser ausgeht, aber es gibt keine Garantie», sagt Andreas Stucki, Geschäftsleiter der Gemeinde Wichtrach. Der Gemeinderat von Wichtrach hat entschieden, das Wasser künftig beim Wasserverbund Region Bern zu beziehen. Die eigenen Quellen und Reservoire sollen abgetreten werden, für die Einwohnerinnen und Einwohner würde sich kaum etwas ändern.

 

Wichtigstes Pumpwerk fällt weg

Wichtigster Grund für den Anschluss an den Wasserverbund, ist die Aufgabe der Wasserfassung Mälchplatz, welche sich in einem Naturschutzgebiet an der Aare befindet. Da der Kanton die Aare in diesem Perimeter renaturieren wird, ist unklar, wie viel Wasser dort künftig noch gefasst werden kann.

 

Heute liefert dieses Pumpwerk fast die Hälfte des Trinkwassers für Wichtrach. 2039 läuft die Konzession für dieses Pumpwerk aus. Danach kann es nicht mehr betrieben werden. Deshalb will sich der Gemeinderat jetzt dem Wasserverbund anschliessen.

 

Unbekannt, wie viel Wasser noch kommt

Weiter sei nicht sicher, ob die Wasserquellen in Wichtrach künftig noch ausreichend Wasser hergeben. Wichtrach bezieht - als Ergänzung für das gefasste Grundwasser - Wasser aus je einer Quelle in Ober- und Niederwichtrach. Geschäftsleiter Stucki sagt: «Wir wissen nicht, wie lange dort noch genügend Wasser kommt. Durch die Klimaerwärmung haben die Schüttungen von privaten Quellen bereits nachgelassen. Es musste teilweise nachgraben werden, es ist unberechenbar.»

 

Wasserpreis bleibt gleich

In ein neues Pumpwerk zu investieren, sei für den Gemeinderat keine Option, so Stucki. Deshalb möchte sich Wichtrach dem Wasserverbund Region Bern anschliessen. Beim Wasserverbund haben sich 17 Gemeinden zwischen Rubigen und Wohlen angeschlossen. Dieser liefert das Wasser an die Gemeinden. Neu würde auch Wichtrach sein Trinkwasser vom Verbund beziehen.

 

«Entweder kommt das Wasser aus dem Emmental oder aus der Belpau, Kiesen und Uttigen», so Stucki. Preislich würde sich für das Trinkwasser in Wichtrach nichts ändern. «Wir haben beachtliche Mehrkosten für die Gemeinde, dennoch werden die Wassertarife in den nächsten 15 Jahren nicht steigen.»

 

Eigene Quellen verkaufen

Die Gemeinde würde die bestehenden Quellen und Reservoire für rund vier Millionen Franken an den Wasserverbund verkaufen. Gleichzeitig würde Wichtrach für eine Million Franken Aktien zeichnen. Der Verkaufspreis entspreche dem effektiven Zeitwert der Anlagen.

 

«Das ist keine Spekulation, das sind standardisierte Prozesse, die den Wert der Anlage wiedergeben. Dafür werden wir Aktionärin und müssen künftig das Wasser beim Verbund einkaufen.» Weiter sagt Stucki, die Einwohnenden in Wichtrach würden den Schritt einzig bei der Härte des Wassers spüren. «Wir gehen davon aus, dass die Wasserhärte tiefer sein wird.»

 

"Jetzt bietet sich die Chance"

Dass die Gemeinde das Wasser einkaufen will, kann auch auf Kritik stossen. «Die Bedenken sind nachvollziehbar», so Stucki, «theoretisch könnten wir unsere Quellen behalten und mit dem Verbund nur einen Liefervertrag abschliessen. Aber das wäre teurer.» Im Vordergrund stehe einzig die Versorgungssicherheit.

 

Die Gelegenheit bestehe nur jetzt, eine Leitung zu ziehen und sich dem Wasserverbund anzuschliessen. Die Beteiligung an dieser Leitung koste die Gemeinde einmalig 800'000 Franken. «In den nächsten Jahren besteht diese Möglichkeit nicht mehr, nie mehr», betont Stucki. «Deshalb wollen wir jetzt beitreten.»

 

Abstimmung im November

Das Stimmvolk von Wichtrach hat das letzte Wort. Am 19. November wird an der Urne entschieden, ob Wichtrach seine Quellen verkauft und sich ab Januar dem Wasserverbund Region Bern anschliesst.

 

[i] Informationen rund um den Beitritt zum Wasserverbund gibt es hier.

 

[*] Wasserfassung ist ein Oberbegriff für die Gewinnung von Wasser aus Grundwasser, Quellen oder Fliessgewässer, wie im Fall des Mälchplatzes an der Aare.

 

[*] Mit Schüttung bezeichnet man das aus einer Quelle austretende Wasser.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 09.09.2023
Geändert: 09.09.2023
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