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Worb - Die Siedlung ist modern geblieben
Die Wohnsiedlung Bleiche ist seit 30 Jahren eine Erfolgsgeschichte von verdichtetem Bauen. Der Heimatschutz hat dort seine diesjährigen «Stadtführungen» gestartet. Diese geben Einblick in neue Wohnformen der Region Bern zwischen 1960 und 1990.
Auf der Wiese oberhalb von Worb wurden einst Leinenstoffe aufgehängt, damit das Sonnenlicht sie bleichte. Das Gelände gehörte zur Leinenweberei Worb & Scheitlin AG. Heute ist nur der Name des Landstücks übrig geblieben: Bleiche. Das Areal ist seit 1982 fertig bebaut – mit einer aussergewöhnlichen Siedlung.
37 Wohneinheiten sind in der Bleiche zu einem dorfähnlichen Ganzen zusammengefügt. Sieben langgestreckte Reihenhäuser gruppieren sich um die gedeckten Autoabstellplätze und einen Innenhof. Die Anlage erinnert ein wenig an die Halensiedlung in Herrenschwanden, einem architektonischen Vorzeigeprojekt der Fünfzigerjahre. Die Bleiche wirkt aber weniger streng und ist nicht so betonlastig wie Halen.
Die Begeisterung der Macher von damals ist noch heute zu spüren. Der Berner Architekt Franz Oswald, der die Siedlung entwarf, und Friedrich Weber, Gründungspräsident der Genossenschaft Bleiche, erzählen mit Enthusiasmus, wie sie die Siedlung planten und bauten. Die Grundidee habe er von der Berner Altstadt, sagt Oswald. «Die Häuser bilden eine Einheit, sind aber vielfältig gestaltet.» Das sei nur möglich gewesen, weil strikte Regeln gegolten hätten.
Regeln gab es auch in der Bleiche. So waren die Länge der Parzellen und die Hauslängen vorgegeben. Die dreigeschossigen Bauten bestanden vorwiegend aus Betonschalensteinen. Ein Haus konnte 4 oder 5 oder 6 Meter breit sein. Zu jedem Grundstück gehörten ein kleiner Garten hinter dem Haus und ein Vorgarten, wo ein individuelles Nebengebäude erstellt werden konnte. Der kleinste Haustyp kostete mit Innenausbau knapp 300 000 Franken, das Bauland – im Baurecht – miteingerechnet.
Besitzer bauten selber aus
So erhielten Hausbesitzer nebst dem Land unter dem gemeinsamen Gebäudedach zwei Seitenmauern, die Betonböden, Hinter- und Vorderfront und die sanitären und elektrischen Zuleitungen. Der Innenausbau war Sache der Besitzer. Viele bauten ihr Haus selbst aus oder steuerten zumindest Eigenleistungen bei. «Wir wollten Wohnungen schaffen, die sich auch Leute mit wenig Geld leisten konnten», erzählt Friedrich Weber.
Durch die Gründung einer Genossenschaft konnten gemeinsame Regeln aufgestellt werden. Jeder Hausbesitzer musste Mitglied sein. Das ist noch heute so. Zudem setzte sich ein hoher Bundesbeamter bei den Banken für günstige Baukredite ein. «Viele Genossenschafter hatten beim Eintritt in die Genossenschaft nur ein Eigenkapital zwischen 5000 und 10 000 Franken», weiss Weber. Das Genossenschaftsmodell und das Konzept des individuellen Ausbaus unterscheidet die Bleiche von der Halensiedlung. Dort wurden die fertigen Häuser an die Bewohner verkauft, und für die gemeinsamen Einrichtungen besteht eine Eigentümergesellschaft.
«Gelebte Nachbarschaft»
Friedrich Weber zog 1981 in der Bleiche ein – und lebt noch heute dort. Er habe es noch nie bereut, sagt er. Die meisten Bewohner hielten der Bleiche über Jahre die Treue. Mittlerweile sind etliche ausgezogen, meist aus Altersgründen. Daniel Schläppi und seine Familie wohnen seit 2011 in der Bleiche. Ihnen gefällt es dort. Schläppi lobt die «unvergängliche Schönheit» der Siedlung und das grosszügige Raumkonzept der Häuser. Und: «Es ist sehr positiv, wie hier Nachbarschaft gelebt wird.»
Erstellt:
18.05.2013
Geändert: 18.05.2013
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