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GGR Worb: Familienmensch, Heimwerker und Hobbybauer

Der neue Präsident des Worber Parlaments heisst Guido Federer (SP). Er ist seit elf Jahren Mitglied des Grossen Gemeinderats (GGR) und seit 2015 in der Planungskommission Worb. Er will sich dafür einsetzen, dass Worb grüner wird und als Regionalzentrum Angebote wie Badi und Eisbahn weiterführt.

Guido Federers renoviertes Bauernhaus in Richigen: Hier wohnt er mit Familie, Ziegen und Hühnern. (Foto: cw/zvg)
Worbs neuer GGR-Präsident Guido Federer: «Ich politisiere gerne dort, wo ich wohne.» (Foto: cw)
Handwerker und Hobbybauer: Guido Federer mit einer seiner Ziegen. (Foto: zvg)

Guido Federer lacht. Nein, mit dem bekannten Namensbruder Roger Federer ist er nicht verwandt. Obwohl wahrscheinlich beide Familien ursprünglich aus dem Rheintal stammen, wie er vermutet. Und obwohl beim Googeln neben Guido Federers Porträt immer auch gleich Bilder vom berühmten Federer auftauchen.

 

Tatsache ist jedoch: Guido Federer (SP), der dieses Jahr den Grossen Gemeinderat Worb präsidiert, ist kein gebürtiger Worber. Das verrät sein Dialekt sofort. Der heute 53-Jährige ist in St. Gallen aufgewachsen und hat dort zuerst eine Lehre zum Landwirt absolviert: Er sei zwar in einem Mehrfamilienhaus aufgewachsen, erzählt er, habe aber ab der vierten Klasse sehr oft bei einem Nachbarn auf dem Bauernhof geholfen. «Irgendwann war es dann ganz logisch, dass ich Landwirt lernen wollte.» Anschliessend bildete er sich am landwirtschaftlichen Technikum in Zollikofen zum Agronomen weiter.  

 

Geografie-Studium in Bern

Nach ein paar Jahren im Berufsleben wollte Federer mehr über die Welt wissen und meldete sich an der Universität Bern zu einem Geografie-Studium an. Noch während dem Studium lernte er seine Frau Martina kennen, eine Tierärztin. Das Paar wohnte im Berner Liebefeld, bevor es die beiden 2003 nach Richigen zog: Dort konnten sie ein altes Bauernhaus kaufen.

 

Voll Schwung packten die Federers beim Renovieren des Hauses selbst mit an: Sie legten Platten, schliffen Böden und strichen Wände. Wo er all das Handwerkliche gelernt habe? Federer lacht und sagt: «Als Bauer lernt man so einiges!» Zudem hätten sie gute Handwerker gehabt, die ihnen viel zeigten.

 

Ein Haus voll Kinder und Tiere

Und wo ein grosses Haus ist, hat es Platz für Kinder und Tiere. Federer liebt beides, und so füllten sich im Lauf der Jahre Haus und Stall. Die beiden Zwillingssöhne sind inzwischen 17 Jahre alt und spielen beim HC Wisle Hockey. Die anderthalb Jahre jüngere Tochter spielt im Jugendblasorchester Worb (WJBO) Oboe.

 

«Ich bin ein Familienmensch, die Zeit mit Frau und Kindern ist mir sehr wichtig», sagt Federer. Er geht gerne mit der Familie Skifahren oder wandern, sobald sein Knie wieder mitmacht. Ausserdem liebt er seinen Hobbybauernhof: Inzwischen wohnen ausser der Familie auf dem Hof auch acht Ziegen und fünf Hühner, im Sommer, wenn die Jungen zur Welt gekommen sind, seien es gar deutlich mehr. Auf einer halben Hektare Pachtland erntet er Gras für die Ziegen.

 

Hockeyanlässe und Jugendmusikkonzerte

Der Hof und die Tiere seien ein idealer Ausgleich zu Beruf und Politik, findet Federer. Und, das Schönste dabei: «Dort kann ich mit den Kindern draussen etwas unternehmen.» Die Tochter liebe die Arbeit mit den Ziegen, und die Jungs seien manchmal auch dabei, wenn es etwas Handwerkliches zu tun gebe. Heute hätten die Jungen immer mehr ihr eigenes Programm, «aber wann immer es möglich ist, essen wir zusammen Znacht».

 

Und auch beim Hockey seien sie wie alle Eltern mit verschiedenen Einsätzen beteiligt. Hockeyturniere, Vereinsanlässe und Konzerte der Tochter – das Ehepaar Federer trifft an all den Anlässen viele Leute.

 

Leute kennenlernen – in der Feuerwehr

Das war allerdings nicht von Anfang an so: «Zuerst arbeiteten wir beide 100 Prozent», erzählt Guido Federer.  Er war damals als Hydrologe bei einem Ingenieurbüro angestellt und erstellte Umweltverträglichkeitsberichte im Bereich Wasserkraftwerke und Infrastrukturanlagen, seine Frau war als Tierärztin voll eingespannt. «Wir verliessen das Haus morgens und kehrten erst abends wieder nach Richigen zurück.»

 

Federer überlegte dann, es wäre doch schön, am neuen Wohnort Leute kennenzulernen. Kurzentschlossen meldete er sich bei der Feuerwehr. Überdies, so dachte er halb im Scherz, könne das bei einem alten Holzhaus wie dem ihren auch ganz hilfreich sein. Tatsächlich habe dann das Kennenlernen bestens funktioniert: «Rasch kannte ich so viele Leute, dass sich später meine Kinder beim gemeinsamen Einkaufen im Dorf beschwerten, weil ich immer mit so vielen Leuten schwatzte.» Er hingegen freute sich: «Dort, wo man im Einkaufsladen die Leute kennt, ist man daheim.»

 

Erste politische Schritte in der SP Zürich

Zur Politik war Guido Federer schon während der Ausbildung gekommen, «ohne grosse Ziele», wie er sagt. Die ersten Schritte machte er in der SP Zürich und im Stadtparlament Zürich. Er nickt: «Ich möchte gerne dort mitgestalten, wo ich wohne.» Denn das ist für ihn ein schönes Wesenszeichen der Schweiz: «Alle können sich beteiligen und einbringen. Es betrübt mich manchmal ein wenig, dass nicht mehr Leute diese Chance auch wahrnehmen wollen.»

 

Bei der Entscheidung für eine Partei entsprach ihm dann die SP am besten: «Ich bin nicht in allem der gleichen Ansicht», erklärt er. Aber alles in allem passe diese Partei am besten zu seinen Werten: «Das Soziale passt mir gut, dieser Gedanke, auch jenen zu helfen, denen es nicht so gut geht oder die nicht gleich viel leisten können – und daneben ist mir natürlich auch die Ökologie wichtig.»

 

Bau, Planung und Umweltverträglichkeit

Im GGR fühlt er sich allerdings in den sozialen Themen nicht so sehr heimisch, ihm liegen eher die Bereiche Bau und Planung am Herzen: «Dabei kann ich meine berufliche Erfahrung einbringen.»

 

Federer arbeitet heute als Stellvertretender Leiter Wasserkraft beim Bundesamt für Energie. Sein Wissen rund um Raumplanung und politische Abläufe und die Tatsache, dass er «keine Angst vor Gesetzen» hat, könne er gut mit der Gemeindepolitik verbinden.

 

Politisieren mit Nähe zur Praxis

Seine erste Sitzung im Grossen Gemeinderat Worb erlebte er vor elf Jahren. «Als ich in das Büro des GGR gewählt wurde, hat mich dies schon gefreut», erinnert er sich. Und dann sei es immer spannend zu sehen, wer zweiter Stimmenzähler wird: «Nachher rutscht man dann die Leiter hoch.» Vom zweiten Stimmenzähler sei er zum ersten geworden, vom zweiten Vizepräsidenten zum ersten. Und an der letzten Sitzung dann in stiller Wahl zum neuen Präsidenten. Ganz unerwartet sei das also nicht gewesen. Aber: «Ich freue mich, dass dadurch auch mal jemand von den Aussenorten zum Zug kommt, das beweist die Wertschätzung diesen gegenüber.»

 

Ansonsten hegt Federer aber keine politischen Ambitionen. Einmal hatte er sich zwar als Grossratskandidat versucht, aber das sei ein einmaliger Versuch gewesen: «Die Gemeindeebene ist viel konkreter, mir gefällt diese Nähe zur Praxis.» Besonders am Herzen liegt ihm die aktive Bodenpolitik. Und dass Worb seine Rolle als Regionalzentrum wahrnehmen kann: «Gute Infrastruktur, ein attraktives Ladenangebot – dort müssen wir noch dran arbeiten.» Momentan stehe es in diesen Bereichen nicht so gut um Worb. Ein guter Schritt sei der Rahmenkredit von 10 Millionen Franken für den Ankauf von Liegenschaften, den das Stimmvolk bewilligt hat.

 

Sternenmatt, grünes Worb und Regionalzentrum

Einsetzen wird sich Guido Federer auch für die Sternenmatt: «Das ist ein gutes Projekt, von dem Worb profitiert», sagt er: «Ein Spielplatz, neue Wohnungen, mehr Grün, das steigert die Attraktivität des Dorfs – und das ist ein wichtiges Ziel.» Sein Wunsch: Ganz Worb dürfte grüner werden, «dafür setzen wir uns ein». Als SP-Vertreter beteiligt er sich auch neben dem Parlamentsbetreib in Projekten: Langsamverkehr, Velostreifen, fussgängerfreundliche Zonen – es gebe noch einiges anzupacken.

 

Grosse Themen, die während Federers Präsidialzeit anstehen, seien der Wislenpark und die Frage, wie Worb das Kernangebot als Regionalzentrum erhalten könne: «Wir müssen Lösungen finden», sagt er: «Es ist wichtig, dass dieses Angebot erhalten bleibt.» Worb habe viele Vereine, und die Badi sei wichtiger Begegnungsort im Sommer, die Eisbahn im Winter. «Sie haben eine Bedeutung über die Gemeinde hinaus.»

 

Intensiver Austausch nach der eigentlichen Sitzung

Vor seiner ersten GGR-Sitzung fühlt sich Guido Federer nicht viel anders als sonst. «Klar, eine gewisse Nervosität spüre ich schon», sagt er: «Ich hoffe, dass alles gut und korrekt abläuft.» Grosse Wünsche hegt er aber nicht. Und auch persönlich sei sein Leben gerade sehr gut, wie es ist: «Ich habe Glück, dass ich hier zur Welt kam, eine gute Ausbildung machen konnte und meine Familie habe – ich bin sehr zufrieden.»

 

Er überlegt kurz, dann kommt ihm doch noch in den Sinn, was er sich in Bezug auf den GGR Worb wünscht: «Früher gingen wir noch häufiger nach Sitzungen etwas zusammen trinken.» Der intensivste Austausch passiere nämlich oft nach der eigentlichen Sitzung beim gemütlichen Zusammensitzen, und dabei entstünden oft gute Ideen. «Jetzt diese Tradition wieder zu beleben, fände ich schön.»


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 05.02.2024
Geändert: 05.02.2024
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