• Region

Worb: Schnurrli ist wieder unterwegs

Wochenlang war Schnurrli, die wohl berühmteste Katze von Worb, verschwunden. Jetzt ist sie endlich wieder unterwegs – und Eliane und Eduard Münger lösen das Rätsel: Sie erzählen, wie Schnurrli vor vier Jahren bei ihnen eingezogen ist, was in den vergangenen Wochen mit ihr los war, und warum man sie zurzeit auf keinen Fall füttern sollte.

Eliane und Eduard Münger freuen sich, dass Schnurrli wieder zum Turnen aufgelegt ist. (Foto: cw/zvg)
Nach den Spitalaufenthalten erholte sich das erschöpfte Schnurrli jeweils auf Müngers Terrasse. (Foto: zvg)
Die Terrasse war Schnurrlis Refugium, wo es sich drei Monate lang erholen konnte. (Foto: zvg)
Jetzt ist Schnurrli endlich wieder wohlauf, wohlig ... (Foto: zvg)
... und seit einem Tag wieder auf Erkundungstour! (Foto: zvg)

Viele Worberinnen und Worber haben sich in den letzten Wochen gefragt: Wo ist eigentlich Schnurrli? Die schwarz-weisse Katze, die normalerweise täglich durch das Dorfzentrum streift, liess sich nicht mehr blicken. Keine Spur von ihr im Coop, wo sie jeweils den Mittag verbringt. Ihr Stuhl im Gemeindehaus blieb ebenfalls leer, und das letzte Lotto im Bärensaal fand ohne sie statt.

 

Des Rätsels Lösung ...

Auch auf der Redaktion von BERN-OST haben wir den nachmittäglichen Katzenbesuch vermisst: Schnurrli rollt sich vorzugsweise neben dem Drucker zusammen – oder auf einer Tastatur. Die Frage war: Wo ist Schnurrli? Jetzt ist das Rätsel gelöst: Schnurrli war sehr krank und hat sich bei Eliane und Eduard Münger auf der Terrasse erholt.

 

... und Schnurrlis Wohngewohnheiten

Die beiden wurden vor rund vier Jahren von der eigenwilligen Katze als neue Familie ausgewählt: «Sie kam im kalten Winter 2021 zu uns», erinnert sich Eliane Münger. Eigentlich wollten sie die Katze nicht füttern, weil sie ein Bändeli um den Hals trug. Aber es war so bitterkalt, dass sie ihr wenigstens ab und zu ein Kaffeerähmli draussen hinstellte. Und ihr irgendwann doch die Tür öffnete.

 

Von der Streunerin ...

Die Wohnung der Müngers liegt über Geschäften, sie ist die einzige mit einer warmen Wohnstube. «Schnurrli kam immer wieder, also haben wir sie schliesslich doch gefüttert», erzählt Eliane Münger. Weil die eigenwillige Katze immer wieder mitten in der Nacht Einlass begehrte, baute das Ehepaar schon bald eine Katzentür ein – und Schnurrli war offiziell eingezogen.

 

... zur Hausgenossin

Jeweils morgens um drei Uhr meldet sich die Katze zuverlässig bei ihren Menschen. «Wenn ich nicht sofort reagiere, stellt sie sich auf meinen Hals und schaut mich an, bis ich sie endlich begrüsse», lacht Eduard Münger. Er sorgt sich aber immer, wenn die Katze auf der Bahnhofstrasse unterwegs ist: «Nachts und frühmorgens fahren viele Autofahrer mit 50 statt der erlaubten 30 Stundenkilometer durch.» Ein Unfall träfe Müngers hart: «Schnurrli ist uns sehr ans Herz gewachsen.»

 

Von der Krankheit ...

Auch so hat aber Schnurrli in den letzten Monaten einiges durchgemacht. Im Frühjahr hatte sie eine Schwanzverletzung mit Bissspuren, und bei der Untersuchung stellte der Tierarzt eine Schilddrüsenüberfunktion fest. Die Behandlung wurde komplizierter als gedacht: Schnurrli reagierte nicht auf die Medikamente und wurde zusehends schwächer.

 

... ins Tierspital ...

Mehrere Medikamentenwechsel und drei stationäre Aufenthalte in der Tierklinik Thun folgten, einmal sogar im Sauerstoffzelt. Schnurrli liess alles über sich ergehen – und genoss sogar im Spital eine gewisse Bekanntheit: Eine der behandelnden Tierärztinnen wohnt in Worb und kannte Schnurrli bestens.

 

... und zurück ins Leben

Nach Bluttransfusion und viel Pflege ging es langsam wieder bergauf. Heute verabreichen Müngers der Katze ihre Medikamente als Salbe ins Ohr und Cortison ins Futter – eine Kombination, die sie gut verträgt. Nachdem sie ein halbes Kilo abmagerte, bringt sie jetzt fast wieder die ursprünglichen vier Kilo auf die Waage, und Müngers sind erleichtert: «Wir sind so froh, dass es wieder gut kommt.» Die teuren Tierarztrechnungen haben sie klaglos übernommen, denn: «Wir haben Schnurrli schon sehr gern.»

 

Das ist Schnurrlis Geschichte ...

Inzwischen hat sich auch das Rätsel um Schnurrlis Herkunft gelöst: Ihre Geschichte beginnt vor ungefähr 15 Jahren bei Koni und Sonja Baumgartner in Worb. Eigentlich hatte die Familie ein anderes junges Tigerli ausgewählt, aber weil dieses nicht überlebte, kam das junge Schnurrli aus demselben Wurf zu ihnen. «Sie hatte die Kinder gern, und weil wir an der Kreuzgasse wohnten, hat sie auffallend grossen Gefallen an anderen Menschen gefunden», erzählt Sonja Baumgartner.

 

… als junge Katzenmutter

Als Schnurrli ungefähr ein Jahr alt war, wurde sie trächtig – davon hatten sich Baumgartners  erhofft, dass sie dann etwas häuslicher würde. Danach, sagt Sonja Baumgartner, hätten sie die Katze sterilisieren lassen, «eine weitere Schwangerschaft fanden wir nicht angebracht». Konrad Baumgartner erinnert sich aber noch lebhaft an die Geburt: «Schnurrli brachte mitten in der Stube vier Junge zur Welt, alles Katerchen.» Dem letzten half Sonja Baumgartner sogar noch als Hebamme auf die Welt.

 

Schnurrlis Wanderzeit ...

Doch Mutterpflichten waren nicht so Schnurrlis Sache: Nach einem Monat liess sie ihre Jungen zurück. «Wir mussten den vier Katerli alles beibringen, was ihnen sonst die Mutter zeigt», erinnert sich Sonja Baumgartner. «Wir lehrten sie ins Kistli gehen und fressen.» Für drei von ihnen fanden sie später ein gutes Plätzchen, den jüngsten Kater – Happy – behielten sie bei sich. Die überforderte Katzenmutter Schnurrli hingegen war kurzerhand zum Nachbarn weitergezogen. 

 

... von einem Ort zum anderen

Als dieser zügelte, zog die Katze kurzerhand ebenfalls weiter. Die Familie Baumgartner suchte ihr Schnurrli regelmässig im Dorf und brachte es wieder nach Hause. «Sie bekam aber überall zu fressen, und ihre Zutraulichkeit bescherte ihr manches Mal ein warmes Bett», sagt Sonja Baumgartner. Im Sommer blieb sie einmal drei Monate lang weg – und danach kannte ihr Sohn sie nicht wieder und verjagte sie kurzerhand.

 

Ein Freigeist ...

Deshalb entschloss sich die Familie schweren Herzens, Schnurrli ziehen zu lassen. «Sie ist und bleibt ein Freigeist», sagten sie sich. Und Sonja Baumgartner ergänzt: «Liebe ist freiwillig, und man kann niemanden zwingen, bei einem zu bleiben.»

 

... der ein neues Zuhause gefunden hat

Umso mehr freuen sich Baumgartners, dass Schnurrlis Sohn Happy, inzwischen ein stattlicher silbergrauer Tiger, zum gemütlichen Stubentiger mit Auslauf geworden ist. «Er ist anhänglich und verschmust», sagt Sonja Baumgartner. Und Konrad Baumgartner, der oft für die Gemeinde unterwegs ist, hält immer Ausschau nach Schnurrli und freut sich, wenn er sie unterwegs irgendwo beobachtet.

 

Schnurrli bringt Leute zum Lächeln

Schnurrli ist in Worb eine echte kleine Berühmtheit geworden und bringt viele Leute zum Lächeln. Ja, gar einen Aprilscherz mit ihr habe es vor ein paar Jahren gegeben, erinnert sich Baumgartner lachend: «Gemeindepräsident Niklaus Gfeller verleihe den Kulturpreis der Gemeinde an Schnurrli, hiess es.»  Dann zeigt er ein Foto von Schnurrli auf dem Bärenplatz, das er vor ein paar Monaten aufgenommen hat, und sagt: «Wir freuen uns, dass Schnurrli ein so gutes, neues Zuhause gefunden hat, wo sie sich wohl fühlt.»

 

... und ist jetzt wieder im Dorf

Eliane und Eduard Münger wiederum sind sehr erleichtert zu hören, dass niemand ihr Schnurrli zurückfordern will. Dieser Tage waren sie mit ihr bei der Abschlusskontrolle beim Tierarzt und haben guten Bescheid erhalten: Schnurrli ist trotz ihres Alters wieder fit, die Erholungskur auf der Terrasse hat ihr offenbar gutgetan. Dieser Tage durfte sie erstmals nach drei Monaten wieder ins Freie. «Schnurrli ist direkt zum Coop Restaurant marschiert», berichtet Eliane Münger schmunzelnd.

 

Nur füttern darf man sie noch nicht

Das blieb nicht unbemerkt: Schon bald hörten Eliane und Eduard Münger von der Terrasse her fröhliche Stimmen. «Wir bekamen mit, wie  ihre 'alten Bekannten', die Coopgäste, Schnurrli freudig begrüssten und sich freuten, dass es wieder gesund ist.» Darüber haben sie sich sehr gefreut. Eine grosse Bitte haben sie aber an alle: «Schnurrli soll bitte nicht gefüttert werden!» Die Katze ist immer noch auf ihre Medikamente angewiesen, und diese werden im Futter verabreicht.

 

[i] Zurzeit ist noch unbekannt, ob Schnurrli in den zehn Jahren zwischen ihren beiden Familien Baumgartner und Münger noch ein anderes Zuhause hatte. Falls Sie wissen, wo Schnurrli zwischen 2011 und 2021 wohnte, schreiben Sie es gerne gleich unten als Kommentar hinein!


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 27.07.2025
Geändert: 27.07.2025
Klicks heute:
Klicks total: