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Covid-Zertifikat - "Haben Angst, Stammkunden zu verlieren"

Kann man künftig nur noch mit gültigem Zertifikat ins Restaurant? Der Bundesrat denkt über eine Zertifikatspflicht für Restaurants, Fitnesscenter und Kulturlokale nach. BERN-OST hat nachgefragt, was Beteiligte von der Pflicht halten.

Pesche Leu, Gründer und Leiter der Kulturfabrik Biglen: "Der Vorschlag des Bundesrats ist gut." (Bild: zvg)
Bei der Linde, Linden herrscht die Devise: "Lieber mit Zertifkat als ein Lockdown." (Bild: zvg)
Wirtschaft Oberthal: "Es gibt sicher den einen oder anderen, der nicht mehr kommt." (Bild: Archiv BERN-OST)

Jolanda Thierstein vom Gasthof Linde in Linden lacht, als sie auf das Zertifikat angesprochen wird. "Ich hoffe, dass der Aussenbereich ausgeklammert wird, damit wir dort noch etwas machen können." Es sei jetzt noch zu früh, um zu sagen, wie es werde.

 

Abwarten in der Linde

Den Aufwand, die Zertifikate zu kontrollieren scheue sie nicht, aber: "Wir sind auf dem Land. Hier sind weniger Leute geimpft als in der Stadt." Dass sich jemand extra testen lässt, um ein Bier zu trinken, sei nicht wahrscheinlich. Dann werde es schwierig: "Wenn ich einen Stammgast wegschicken muss, jemand, der immer da war. Das gefällt mir nicht. Ich habe Angst die treue Kundschaft zu 'vertäuben'."

 

Lieber Zertifikat als Lockdown

Im Moment könne sie noch nicht abschätzen, wie der Restaurantbetrieb  laufen werde. Als die Maskenpflicht kam, dachte Thierstein, es käme niemand mehr. Nach einer kurzen Anlaufzeit seien die Gäste aber wieder gekommen. "Wieder schliessen, wäre auch keine Option." Man müsse schauen, wie die Gäste reagieren.

 

Endlich kommt es

"Ich bin schon lange dafür, dass man das Zertifikat schweizweit für obligatorisch erklärt", sagt Pesche Leu, Leiter der Kulturfabrik Biglen. So sei überall klar, was gelte. Dass damit zusätzlicher Aufwand anfalle, denkt Leu nicht: "Wir haben eine Check-App und prüfen, ob das Zertifikat gültig ist. Drinnen kann sich jeder frei ohne Maske bewegen.

 

Weniger Umsatz

Es sei eine Tatsache, dass mit Zertifikat weniger Leute in die Kulturfabrik kommen. "Diejenigen, die weder testen noch impfen wollen, kommen nicht mehr. Das ist halt so. Zurzeit ist die Situation so, dass die Leute sowieso zurückhaltend sind." Dafür darf er, sobald die Zertifikatspflicht kommt, wieder die volle Kapazität des Lokals ausnützen. Bei ihm sei es schon heute so, dass sich Besucher:innen mit Zertifikat frei bewegen können. Wer keins hat, darf rein und muss sich setzen.

 

Eintracht Oberthal ist zuversichtlich

Ein Zertifikat zu kontrollieren sei kein Problem.  Sagt Adrian Herrmann, Küchenchef des Restaurants Eintracht Oberthal: "Da geht es ums Lesen des QR-Codes, das ist machbar." Er rechnet aber mit weniger Umsatz: "Es gibt sicher den einen oder anderen der nicht mehr kommt. Solange es ohne Zertifikat geht, kommen die Leute."

 

Laut Bundesrat gilt fürs Personal keine Zertifikatspflicht. Ohne Zertifikat muss das Personal weiterhin Maske tragen. "Ich überlasse es meinen Angestellten, ob sie sich impfen lassen oder nicht." Aber auch für Herrmann ist klar: "Lieber öffnen mit Zertifikat als ein erneuter Lockdown."

 

Taktisch nicht gut

Wir haben mit zwei Passant:innen vor dem Bern-Ost Kafi gesprochen. Die Meinungen sind geteilt. Ein Herr sagt: "Ich finde das nicht gut. Es ist taktisch falsch was da läuft. Das kommt wie ein Diktat daher. Man sollte den Menschen die Freiheit lassen, ob sie sich impfen oder nicht. Ich verstehe den Druck, aber die Vorgehensweise passt mir nicht. Wir leben schliesslich in einem freien Land."

 

Es macht Sinn

Eine zweite Passantin sagt: "Ich habe zwei Meinungen. Privat gesehen finde ich das übertrieben und schade für die Einschränkungen, die es dadurch gibt. Beruflich, als Selbständigerwerbende sehe ich es anders. Ich habe mich geimpft, damit wir die Corona Situation so schnell wie möglich hinter uns lassen können. Geschäftlich gesehen bin ich dafür."

 

[i] Der Bundesrat hat die Zertifikatspflicht noch nicht angeordnet. Bis Ende Monat wird sein Vorschlag von den Kantonen geprüft. Quelle: Bundesamt für Gesundheit

 


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 27.08.2021
Geändert: 27.08.2021
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