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Worber Bergführer Michael Wicky: "Die Ausstrahlung der Berge verändert sich"

Seit bald zwanzig Jahren bieten der Worber Michael Wicky und seine Firma Bergpunkt Ski-, Berg- und Klettertouren an. Im Gespräch mit BERN-OST erzählt der Bergführer, warum er inzwischen auch öfter mal im Büro sitzt und was der Klimawandel, aber auch die aktuellen Schneemassen für Auswirkungen haben auf sein Metier.

Im Aufstieg auf der Transalp 2017. In 5 Skitourenwochen überschritt Michael Wicky mit Gästen die Alpen von Nizza nach Chamonix. (Bilder: Christian Jaeggi, christianjaeggi.com)
Ebenda von weiter weg.
Abfahrt auf der Transalp im März 2018, gleiche mehrwöchige Tour.
Michael Wicky, Mitbegründer und Geschäftsführer von Bergpunkt.

"Wäre ich am Meer aufgewachsen, würde ich wohl kiten", sagt Michael Wicky, Geschäftsführer und Hauptaktionär der Worber Firma Bergpunkt auf die Frage, ob er sich als bergsüchtig bezeichnen würde. Das Wichtigste sei für ihn, mit Leuten, die er möge, gemeinsam etwas in der Natur zu erleben. So habe er auch schon mit seiner Frau längere Velotouren unternommen und sei mit Freunden über den Atlantik gesegelt. "Ich bin nicht der Typ, der ganz alleine loszieht", sagt er über sich.

 

Hier, im Alpenland Schweiz, interessierte sich Wicky aber schon früh für das Klettern. "Wir gingen mit den Eltern viel wandern und ich war von klein auf fasziniert von den Bergen.  Eines der ersten Bücher, die ich gelesen habe, war 'Taktik in Fels und Eis' von Paul Etter." Mit 14 war er Mitglied der Jugendorganisation des Schweizerischen Alpenclubs, mit 21 J+S-Leiter im Bergsteigen.

 

"Runterlaufen ist ja nicht soo angenehm"

Nach dem Gymnasium wollte Michael Wicky am liebsten direkt Bergführer werden. Seine Eltern gaben ihm, wie Eltern das so tun, den Rat, erstmal etwas zu studieren. Wicky gehorchte, schloss an der Uni Bern ein Physikstudium ab - aber schon parallel dazu nahm er die Ausbildung zum Bergführer in Angriff. Nach drei Jahren hatte er das Diplom in der Tasche und konnte als Bergführer Kletter- und Skitouren leiten. Am liebsten seien ihm Skihochtouren auf hohe Berge, was wegen der Lawinengefahr hauptsächlich im Frühling möglich ist, oder lange Felsklettertouren. "Mit dem Eispickel den Gletscher hoch und dann die Abfahrt. Runterlaufen nach dem Klettern ist ja jeweils nicht soo angenehm."

 

Bei seiner Firma Bergpunkt kann man alles buchen, wozu es einen professionellen Bergführer oder eine Bergführerin braucht. Also alles, was eine "alpine Gefahr" birgt. 15 Profis arbeiten bei Bergpunkt. Allerdings nicht als Angestellte. "Das Problem ist meistens, dass sich Bergführer selbständig machen, sobald sie Erfahrung haben und genügend Aufträge generieren können." Das – in der Schweiz einmalige – Erfolgsrezept von Bergpunkt: Die Bergführer und -führerinnen kaufen sich als Aktionäre oder Aktionärinnen ein und arbeiten dann selbständig unter dem Firmennamen. Angestellt sind nebst Wicky nur Verwaltungsratspräsident Stephan Tschudi und zwei Mitarbeitende im Büro. "Wir sind mehr eine Organisations- und Werbeplattform", erklärt Wicky.

 

Mehr Büro = mehr zuhause

Gegründet haben Wicky und sein damaliger Mitstreiter Emanuel Wassermann Bergpunkt im Jahr 2000, um mehr zuhause zu sein. "Meine Frau hatte nie Mühe damit, dass mein Beruf gefährlich ist. Sie hat viel Vertrauen. Die vielen Abwesenheiten sorgten aber für Diskussionen, besonders, als die Kinder klein waren." Als Unternehmer mit Büro konnte er mehr Zeit mit der Familie verbringen. Heute sind die Kinder erwachsen. "Der Ältere kommt ab und zu mit auf eine Skitour, der Jüngere zum Eisklettern", sagt Wicky.

 

Michael Wickys nächster Einsatz am Berg ist am kommenden Wochenende, ein Lawinenkurs in Avers/GR. "J+S-Skitourenleiter  müssen alle zwei Jahre eine Fortbildung machen." Wegen der aktuellen Schneeverhältnisse und der Lawinengefahr mussten dieses Jahr bereits mehrere Touren abgesagt oder angepasst werden. "Das ist ja unter anderem genau unser Job, die Gefahr abschätzen und entscheiden, was möglich ist."  Grundsätzlich seien dieser und auch der letzte Winter aber sehr gut gewesen. Langjährig sieht es etwas anders aus. "Die Wintersaison ist heute rund einen Monat kürzer als vor 20 Jahren." Das schlage sich auch im Umsatz nieder, selbst wenn dafür die Sommersaison länger ist. Ausserdem verändere sich die Bergwelt, etwa durch den Rückgang der Gletscher. "Die Ausstrahlung der Berge ist anders."

 

Von schweren Unfällen verschont

Er habe auch schon Lawinen ausgelöst, wirklich gefährliche Situationen habe er selber aber noch nie erlebt, und auch die Firma sei bisher verschont geblieben von schweren Unfällen. "Aber natürlich habe ich Kollegen und Freunde, die gestorben sind. Und letztes Jahr verunglückte einer unserer Bergführer tödlich, allerdings, als er privat mit einem Kollegen unterwegs war." Ans Aufhören denkt der 54-jährige Wicky noch lange nicht. "Klettern kann man eigentlich bis ins hohe Alter. Aber natürlich lässt die Kondition nach und werden die Touren eher kürzer." Sowieso sei er inzwischen zu rund 70 Prozent im Büro. Bergpunkt vertreibt auch Lehrbücher zum Alpinsport, bietet Untersuchungen und Gutachten bei Unfällen an und ist an der Ausbildung von neuen Fachleuten beteiligt.

 

[i] Die Firma Bergpunkt bietet auch Touren für Kurzentschlossene, hier geht es zum Angebot...


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 18.01.2019
Geändert: 18.01.2019
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