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Bowil - Ohne Fusion führt kein Weg ins Emmental

Quelle
Berner Zeitung BZ

Regierungsrat Christoph Neuhaus lässt die Bowiler nicht ins Emmental wechseln. Sie könnten ja mit den Röthenbachern fusionieren, bot er als Ausweg an. Dabei läge Signau doch viel näher.

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Bowil könnte sich zum Beispiel dem Nachbardorf Signau (hinten rechts) anschliessen und so den Verwaltungskreis wechseln. (Bild: Thomas Peter)
Seit acht Jahren sind die Bowiler unglücklich. Seit der Verwaltungsreform gehören sie zur Region Bern-Mittelland. Dabei würden sie sich viel lieber Emmen­taler nennen. Doch alle Kämpfe, die Gemeindepräsident und Grossrat Moritz Müller (SVP) bislang ausgefochten hat, fruchteten nichts.
 

Kürzlich hat ihm Regierungsrat Christoph Neuhaus (ebenfalls SVP) den Grundsatzentscheid der Berner Regierung eröffnet: Gemeinden dürfen den Verwaltungskreis nicht wechseln. Doch Neuhaus präsentierte dem enttäuschten Moritz Müller ein Hintertürchen, indem er sagte: «Bowil könnte zum Beispiel mit Röthenbach fusionieren.» Nach einem Zusammenschluss über die Grenze der Verwaltungskreise hinweg könnte die neue Gemeinde entscheiden, zu welcher Region sie gehören wolle.

Neuhaus’ Vorschlag verpufft

«Eine Fusion steht überhaupt nicht zur Debatte», kommentiert Bowils Gemeindepräsident den regierungsrätlichen Vorschlag auf Anfrage. Und sein Amtskollege in Röthenbach, Gemeindepräsident Matthias Sommer, muss nach einer diplomatischen Formulierung suchen, bevor er sagt, was er davon hält: «Das war wohl eher eine spontane Idee von Herrn Neuhaus.» Ernst genommen hat er sie nicht. «Wenn Bowil über eine Fusion nachdenken würde, wäre Signau wohl naheliegender», gibt Sommer zu bedenken.
 

Das bestätigt Bowils Gemeindeschreiber Urs Rüegger. Er kann sich nicht erklären, wie der Regierungsrat darauf kam, zwei Gemeinden könnten sich zu­sammenschliessen wollen, deren Dörfer durch einen breiten Hügelzug voneinander getrennt sind und gut acht Kilometer auseinander liegen. Da würde sich Signau, das viel näher und im gleichen Talboden liegt, doch eher anbieten.
 

Kommt hinzu, dass Signau und Bowil schon heute einiges miteinander zu tun haben: Ein Teil des Bowiler Abwassers fliesst durch gemeinsame Leitungen in die ARA Mittleres Emmental. Die beiden Gemeinden betreiben auf Signauer Boden zusammen eine Grüngutsammelstelle.
 

Zudem gehört Bowil wie Signau zur Feuerwehr Region Langnau. Einzig durch den Sekundarschulverbund ist Bowil sowohl mit Signau als auch mit Röthenbach verbandelt. Diesem gehört zudem auch die Gemeinde Eggiwil an (siehe unten).

Weder Gemeindepräsident Martin Wyss in Signau noch Matthias Sommer in Röthenbach äussern die Absicht, die bisherigen Beziehung zu Bowil auf neue Grundlagen zu stellen. Matthias Sommer glaubt auch nicht, dass seine Gemeinde ein besonders begehrter Fusionspartner wäre. «Wir mit unserem Steuerfuss», sagt er. Röthenbach hat eine Steueranlage von 2,0.
 

Selber gross
 

Aber Sommer hat ohnehin nicht vor, seine Gemeinde mit einer anderen Kommune zu verheiraten. Mit 1184 Einwohnern sei Röthenbach mittelgross und «kein Fusionskandidat». Doch das sieht der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor des Kantons Bern anders. «Jede Gemeinde im Kanton Bern ist eine potenzielle Fusionspartnerin», sagt Christoph Neuhaus. Zwar stimme es, dass Röthenbach noch genügend Leute finde und seine Sache gut ­mache. «Aber was ist in zehn bis zwanzig Jahren?»

Christoph Neuhaus war es durchaus Ernst, als er vorschlug, Bowil könnte eine Fusion mit Röthenbach prüfen. Denn beide Gemeinden seien «tiefes Emmental». Aber auch eine Heirat mit Langnau könnte das Problem mit der Zugehörigkeit zum Verwaltungskreis lösen, gibt der Gemeindedirektor zu bedenken – «oder auch eine mit Bätterkinden». Mit seiner Aussage habe er die Gemeindebehörden von Bowil aufrütteln wollen, sagt Neuhaus und fügt an: «Ich wollte ihnen eine neue Dimension er­öffnen.»

Gespanntes Verhältnis?
 

Doch warum nennt der Regierungsrat sogar Bätterkinden als möglichen Fusionspartner, aber das naheliegende Signau erwähnt er mit keinem Wort? Weil die Fusion der Feuerwehren von Bowil und Signau seinerzeit nicht zustande gekommen sei, sagt er. 2011 hatten die Exekutiven beider Gemeinden eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Fusionsabklärungen treffen sollte. Es kam dann aber nicht zu dieser kleinen, sondern 2013 zur grossen Vereinigung: Bowil, Signau, Lauperswil und Rüderswil schlossen sich mit Langnau zur Feuerwehr Region Langnau zusammen.

Stünden Fusionsgespräche zwischen Signau und Bowil also von Beginn an unter einem schlechten Stern, weil sich die Behörden irgendwie abhold sind? Rudolf Wolf hat die Feuerwehrdiskussionen nicht miterlebt. Er arbeitet erst seit Mitte 2014 als Gemeindeschreiber in Signau. Wie beurteilt er die Zusammenarbeit mit den Bowilern? Er staunt über die Frage. Von Sand im Getriebe weiss er nichts, er berichtet vielmehr von einem «sehr freundschaftlichen, kollegialen Verhältnis».
 

Auch der Bowiler Moritz Müller lässt keine Disharmonie anklingen: «Jedes Jahr treffen wir uns abwechselnd mit dem Gemeinderat von Signau und Röthenbach. Wir pflegen den Kontakt im Sinne einer guten Nachbarschaft.» Und laut Rudolf Wolf sind diese Treffen bisher «jedes Mal gut ausgegangen».
 
[i] Durchlässige Oberstufen

Seit 153 Jahren betreiben die Gemeinden Signau, Bowil, Röthenbach und Eggiwil in Signau eine gemeinsame Sekundarschule. Nun haben die Signauer letztes Jahr beschlossen, sämtliche Schüler der Gemeinde bis 2024 im Dorf zu zentralisieren.

Der Gemeinderat hatte sich unter anderem auch mit folgendem Argument für die neue Schulstruktur ausgesprochen: «Sekundarschule und Volksschule an einem Ort ermöglicht andere Schulmodelle auf der Sekundarstufe 1.» Wenn es nun darum geht, die neue Organisation zu definieren, werden die Schulverantwortlichen nicht darum herumkommen, auch über ein Oberstufenzentrum zu diskutieren, in dem durchlässiger Unterricht möglich wäre.

Denn im Kanton Bern gibt es nur noch 10 Schulen, in denen die Real- und Sekundarklassen getrennt geführt werden. Durchlässigkeit würde aber bedeuten, dass sämtliche Oberschüler aus Eggiwil, Röthenbach und Bowil in Signau unterrichtet würden. Es war die Gemeinde Röthenbach, die zu diesem Thema Gespräche angeregt hat. Es gehe darum, Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten, betont Gemeindepräsident Matthias Sommer.

Im ehemaligen Amt Signau wird das durchlässige Oberstufenmodell auch andernorts diskutiert: Die Gemeinden Rüderswil und Lauperswil wollen dies in Zollbrück einführen, Trub und Trubschachen in Trubschachen, und auch in Langnau sind Diskussionen im Gang. In der Gemeinde Schangnau werden die Real- und Sekundarschüler schon seit 1990 nicht mehr getrennt. Nur in den Hauptfächern besuchen sie Niveauunterricht. Das wurde einst als Schulversuch von Erziehungsdirektorin Leni Robert eingeführt. sgs

[i] Siehe auch Newsbericht "Ich bin enttäuscht": Regierung sagt Nein zum Verwaltungs-Wechsel von Bowil und Linden" vom 2.2.2018


Autor:in
Susanne Graf, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 16.02.2018
Geändert: 16.02.2018
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