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Mybuxi Worblental: Der Tür-zu-Tür-Service kommt nicht in Fahrt

Mybuxi, der Fahrdienst auf Verlangen, sollte eine Lücke im öffentlichen Verkehr schliessen: Das Ruftaxi bietet einen Tür-zu-Tür-Service, vor allem für schlecht erschlossene Gebiete. Jetzt steht aber das Projekt «Mybuxi Worblental» mit sechs Gemeinden schon vor dem Start wieder still, weil nicht alle mitmachen wollen.

Im Worblental wird das Ruftaxi Mybuxi – anders als wie im Bild in der Region Gotthard – vorderhand wieder gestoppt. (Foto: Mybuxi/pixabay.ch)

Eigentlich hätte das Sammeltaxi Mybuxi in der Region so richtig loslegen wollen: Nachdem Corona vor vier Jahren einen ersten Versuch ausgebremst hatte – so sehr, dass Mybuxi in der Region Bern-Ost um das Überleben kämpfen musste –, sollte dieses Jahr ein Projekt «Mybuxi Worblental» Fahrt aufnehmen.

 

Unter dem Motto «Mission Arbeitsplätze!» startete Mybuxi-Chauffeur Christophe Langenberger mit seinen beiden Kollegen eine Sammelaktion auf wemakeit.com. Damit trieb er immerhin 5517 Franken auf. Diese allerdings deckten nur gut vier Prozent der nötigen 120'000 Franken, und das Projekt ging erfolglos zu Ende. Jetzt, drei Jahre später, sollte ein Gemeindeverbund Mybuxi wieder anschieben.

 

Bolligen: Dabei, aber nur…

Im Gespräch waren die Gemeinden Ittigen, Bolligen, ein kleiner Teil von Ostermundigen, Stettlen, Vechigen und Worb. Das hätte eine Lücke gefüllt: Bis heute fehlen auf der Website von Mybuxi die Gemeinden aus der Gegend Bern-Ost, aufgeführt sind vorerst die Regionen Belp, Emmental, Herzogenbuchsee. Und Toggenburg und Gotthard. Das Worblental hätte eine weitere Berner Region werden können.

 

Aber auch dieses Projekt will offenbar nicht richtig in Fahrt kommen. Im Januar 2024 hätten die Gemeinden zwar noch einmal über eine Neuauflage von «Mybuxi Worblental» diskutiert, heisst es im Protokoll des Bolliger Gemeinderats von der Märzsitzung: «Obwohl teilweise Skepsis bezüglich der vorhandenen Nachfrage und der Nutzerfreundlichkeit herrscht, wird nun angestrebt, einen 3-jährigen Pilotbetrieb mit einem Fahrzeug für alle sechs Gemeinden zu starten.»

 

… wenn alle anderen auch mitmachen

Die Idee lautete, dass das Minimalangebot solidarisch von allen beteiligten Gemeinden mitfinanziert werden sollte. Die jährlichen Kosten für ein Fahrzeug mit Chauffeur wurden auf 200'000 Franken veranschlagt, eine gleichmässige Aufteilung hätte also 33'333 Franken pro Jahr und pro Gemeinde ergeben.

 

Der Gemeinderat von Bolligen bewilligte das nötige Geld, «unter Vorbehalt, dass die anderen Gemeinden der Region auch mitmachen». René Bergmann, Gemeindepräsident von Bolligen, freute sich zunächst über den Gemeinderatsentscheid: «Das verbessert die Mobilität der Bevölkerung in den oberen Dorfschaften unserer Gemeinde», erklärt er. «Und nach den positiven Erfahrungen in anderen Gebieten erwarten wir von Mybuxi einen spürbaren Mehrwert.»

 

Stettlen: Dabei, wenn alle anderen mitmachen

Auch die Gemeinde Stettlen hatte Anfang Februar sogar als erste Gemeinde spontan beschlossen, bei «Mybuxi Worblental» mitzumachen. Aber eben: «Auch nur unter dem Vorbehalt, dass alle anderen Gemeinden dabei sein würden», erklärt Gemeindeschreiberin Verena Zwahlen. «So hätten sich die Betriebskosten splitten lassen und wären für alle tragbar gewesen.»

 

Vechigen: Nicht dabei, weil…

Daraus wird jetzt nichts: Bereits nach der ersten Märzwoche teilte die Gemeinde Vechigen den anderen mit, dass sie nicht mitmachen werde. Der Grund: Ende Jahr läuft in Vechigen ein befristeter Ausbau des Postautofahrplans (Halbstundentakt zwischen 06.00 und 21.30 Uhr) aus, und das Geschäft wird an der Gemeindeversammlung vom 13. Juni vorgelegt.

 

«In diesem Zusammenhang werden wir die Bevölkerung auch punkto Mybuxi und unseren Rufbus informieren», erklärt Gemeindepräsidentin Sibylle Schwegler-Messerli. Vechigens Rufbus wird durch die Firma Gerber Utzigen betrieben und ist unabhängig von Mybuxi.

 

…der ausgebaute Postautofahrplan Vorrang hat

Vor diesem Hintergrund habe jedoch der Gemeinderat eine Beteiligung an der Pilotphase von Mybuxi abgelehnt: Die jährlichen Kosten würden als sehr hoch angesehen, begründet Schwegler-Messerli. Und: «Der Gemeinderat findet, die Mehrkosten, die für den Ausbau des Postauto-Fahrplanes entstehen, stellten einen zielgerichteteren Einsatz der finanziellen Mittel dar.»

 

Worb: Nicht dabei, weil nicht alle anderen mitmachen

Mit diesem Entscheid kippte Vechigen den Verband Worblental als Ganzes. Trotz dem positiven Entscheid aus Bolligen beschloss nämlich der Worber Gemeinderat am 25. März: «Die Gemeinde Worb ist zwar grundsätzlich am Aufbau eines ‘on demand-Angebotes’ wie Mybuxi interessiert, lehnt aber auf Grund des negativen Beschlusses von Vechigen die Teilnahme am Projekt Mybuxi-Worblental zum jetzigen Zeitpunkt ab.» 

 

Der Gemeinderat Worb zeige sich aber offen, wieder am Aufbau eines Mybuxi-Angebotes teilzunehmen, heisst es im Protokoll zur Sitzung. Dies aber nur, «falls die Regionalkonferenz ein Pilotprojekt in der Region Worblental einführen wolle», oder falls andere Nachbargemeinden dafür gewonnen werden.

 

«Sicher willkommen, aber eine Frage des Preisschilds»

Theoretisch, erklärt der zuständige Worber Gemeinderat Adrian Hauser, würde ein Angebot wie Mybuxi bestens zu den Worber Energiezielen passen. «Und in einer Gemeinde mit acht Ortschaften, die kaum erschlossen sind – wie Wattenwil und Bangerten –, wäre ein solcher Fahrdienst sicher vielen willkommen», vermutet er.

 

Vor allem ältere und mobilitätseingeschränkte Personen seien ohne Auto teils ziemlich abgeschnitten. Aber: «Es ist immer auch eine Frage des Preisschilds, das dranhängt.» In der näheren Zeit werde daher ein neues Projekt kaum zur Debatte stehen.

 

Reicht ein Taxi für das Worblental?

Für Andreas Kronawitter, Gründer und Geschäftsführer von Mybuxi, ist damit noch lange nicht alles vorbei. Er weiss, dass die Koordination unter mehreren Gemeinden eine Hürde darstellt und die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden oft nicht so einfach ist.

 

Deshalb müssen sich Gemeinden etliche Gedanken machen, wenn sie einen Verbund planen: Beispielsweise gilt es zu überlegen, ob ein Fahrzeug für das ganze Worblental ausreicht.

 

Dicht genug, aber auch nicht zu dicht

Dabei muss man sich Fragen stellen wie: Was geschieht beispielsweise, wenn gleichzeitig in Worb und in Ostermundigen Bedarf nach einem Transport besteht? Kann diesem in vernünftiger Zeit entsprochen werden?

 

Andererseits gilt es aber auch zu bedenken, dass eine zu hohe Dichte an bereitstehenden Mybuxi-Fahrzeugen wirtschaftlich keinen Sinn macht. Diesbezüglich, das gab den Ausschlag für das Projekt «Mybuxi Worblental» würde eine regionale Zusammenarbeit Sinn machen.

 

Vorschläge sind willkommen

Mybuxi-Geschäftsführer Kronawitter ist jederzeit für solche Vorschläge offen. Dass es mit der Grossregion nicht geklappt hat, bedauert er. Aber er überlegt schon weiter: «Vielleicht gibt es andere Optionen – zum Beispiel könnte Bolligen mit Krauchthal-Oberburg den Anschluss an die Region Emmental suchen, und Worb-Rubigen den Anschluss an Region Belp-Gantrisch.»

 

Für ihn ist jedenfalls klar: «Wenn Bolligen und Worb weiterhin Interesse haben, machen wir mit.»

 

Stolperstein Finanzen

Der Stolperstein, das weiss er aus Erfahrung, sind immer die Finanzen: «Dass die öffentlichen Beiträge nicht vom Bund oder den Kantonen kommen, sondern von den Gemeinden, ist ein Problem für eine rasche Entwicklung.»

 

Manchmal sei daher hilfreich, wenn private Akteur:innen einspringen: «In der Gotthardregion ergriff die Andermatt Swiss Alps die Initiative.» 

 

200 Passagiere pro Tag

Wenn sich jedoch in der Region keine privaten Akteur:innen finden, steht «Mybuxi Worblental» bis auf weiteres in der Warteschlaufe. Gemäss Niklaus Gfeller, Gemeindepräsident von Worb, wird die Regionalkonferenz Bern Mittelland in Worb derzeit kein Pilotprojekt starten. «Weitere On-Demand-Angebote werden erst im Rahmen des ‘Regionalen Angebotskonzepts ÖV 2031 – 34’ geprüft.»

 

Das käme den Zielen der Klimastädte entgegen: «Bereits heute transportiert ein mybuxi-Minibus 200 Passagiere pro Tag», schrieb Mybuxi-Gründer Kronawitter im November 2021. «Es spart damit viele Fahrten mit Privatautos ein, sei es als Elterntaxi oder als Verbindung zu einem Bahnhof.»

 

www.mybuxi.ch


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 29.04.2024
Geändert: 30.04.2024
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