Darf der Speicher beim Freizeithaus Worb bleiben?
Nach seinem spektakulären Umzug Ende Mai wurde der historische «Aebersold-Spycher» provisorisch neben dem Freizeithaus Worb aufgestellt. Nun ist das Gesuch um Ausnahmebewilligung hängig, das klären soll, ob er dort dauerhaft bleiben und wiederhergestellt werden darf.
Der historische «Aebersold-Spycher» aus Rüfenacht macht sich gut neben dem Freizeithaus Worb – fast, als stünde er schon ewig dort. Tatsächlich aber wurde er erst Ende Mai auf diesen Platz gezügelt, in einer nächtlichen Grossaktion per Kran und Tieflader.
Provisorisch unter der Plane
Der Speicher hat den Umzug gut überstanden. Über den Dachbalken liegt allerdings immer noch eine riesige Plastikplane, fast sieht es aus, als trüge er eine grüne Regenhaube: Das Dach war bereits seit längerem reparaturbedürftig, der Speicher war «oben ohne» an seinen neuen Standort gereist. Jetzt stellt sich die Frage, ob er dort definitiv aufgebaut und wieder mit einem Dach ausgestattet werden darf.
Ein Gesuch um Ausnahmebewilligung …
Ob das geht, hängt vom Entscheid des Regierungsstatthalteramts ab: Mitte Oktober reichte der Trägerverein offene Kinder- und Jugendarbeit Worb (TJWO) ein «Gesuch um Ausnahmebewilligung» ein, lautend auf das Projekt «Zügeln und Aufstellen des historischen, vom Abbruch bedrohten Aebersold-Speichers aus Rüfenacht».
… wurde nach dem Umzug nötig
Ein Zügel- und Aufstellgesuch, nachdem der Speicher schon seit vier Monaten an seinem neuen Platz steht? Präsident Jonathan Gimmel erklärt, wehalb das nötig war: «Mitte Mai hatte die Gemeinde nur eine vorläufige Bewilligung erteilt, damit der ehemalige Speicher des Aebersoldhauses am Äusseren Stalden deponiert werden durfte.»
Gerettet in letzter Minute ...
Das genügte für die Rettung: Bald nachdem der Speicher umgezogen war, wurde das danebenstehende Aebersoldhaus abgerissen, der 250-jährige Speicher – als «nicht mehr schützenswert» einge-
stuft – wäre mit ihm verschwunden. Jetzt steht das Gebäude in Worb, und das Team der Jugendarbeit rund um Gimmel wartet auf die Bestätigung, dass es dort auch stehen bleiben darf.
... aber der Speicher sprengt den Rahmen von «geringfügig»
Dafür ist eine Ausnahmebewilligung nötig, weil gemäss Gemeindebaureglement Worb in einer Zone mit Planungspflicht «das bestehende Bauvolumen umgebaut oder geringfügig erweitert» werden darf. Der Speicher, so beschied das Regierungsstatthalteramt am 13. Oktober, überschreite jedoch das Ausmass von «geringfügig erweitert». Zurzeit läuft noch die Einsprachefrist, anfangs 2026 sollte der Entscheid eintreffen.
Übernächste Herausforderung Finanzierung
Bei der Rettung im Mai, sagt Gimmel heute, sei ihm sehr wohl bewusst gewesen, dass die eigentliche Herausforderung erst noch komme. Ist die Hürde der Ausnahmebewilligung genommen, muss auch die Finanzierung geklärt werden. Denn mit dem Umzug – der den Trägerverein 15'000 Franken kostete – ist es nicht getan: Der Speicher muss von seinem provisorischen Podest gehoben und definitiv gesetzt werden, er braucht ein paar Auffrischungen – und ein richtiges Dach. Dafür rechnet Jonathan Gimmel mit Kosten von 140'000 Franken.
Aber die Planungsarbeiten laufen bereits
Während der Wartezeit haben die Verantwortlichen bereits wichtige Planungsarbeiten angepackt: Begehungen mit Fachleuten organisiert und festgelegt, wie der Speicher gesetzt und erschlossen werden soll. Aber auch, wie die Umgebung gestaltet und welche Pflanzen gesetzt werden sollen. «Und wir haben überlegt, wie der Speicher konkret genutzt und betrieben werden soll.»
Gemeinde und Fachstellen stehen dahinter
Mit der Publikation des Baugesuchs seien sie einen grossen Schritt weiter, sagt der verantwortliche Projektleiter, Theo Schmid.: «Die Unterlagen sind vollständig eingereicht, die Gemeinde als Grundeigentümerin steht dahinter.» Gimmel und Schmid sind dankbar, dass die Bauabteilung der
Gemeinde das Baugesuch jederzeit unterstützt haben. Auch die Fachleute von Denkmalpflege, Heimatschutz und Architektur zögen am selben Strick, damit diese «Einrichtung für Freizeit, Bildung und Kultur» erhalten bleiben kann.
Vorsichtiger Optimismus …
Es sei einfach eine gute Sache, fasst Gimmel zusammen. Deshalb hofft er vorsichtig optimistisch, dass alle Faktoren die Regierungsstatthalterin überzeugen werden: «Der Speicher an seinem neuen Ort kommt dem Bauernhaus am äusseren Stalden zugute – und damit der ganzen Bevölkerung, die einen tollen Aussenbereich zur öffentlichen Nutzung erhält.» Daher plant der Trägerverein TJWO bereits den nächsten Schritt: Sobald die Baubewilligung vorliegt, beginnt er mit dem Fundraising.
… für eine Einweihung zum Jubiläum 2026
«Im Herbst 2026 möchten wir das Projekt verwirklichen», sagt Jonathan Gimmel. «Das würde schön zum 50-Jahr-Jubiläum der Jugendarbeit Worb passen.» Und er wird nicht der Einzige sein, der sich freut: In spontanen Begegnungen erfährt er immer wieder, dass der historische «Spycher» die Menschen bewegt: «Als wäre es ein kleines Zeitfenster, in dem die Geschichte ein neues Kapitel erhält», sinniert Gimmel. «Das macht Freude.»
Projekt «Alter Spycher beim Jugendzentrum Worb»
Im Gesuch für die Ausnahmebewilligung zeigt das Projektteam auf, wie der Speicher genutzt werden soll und warum er an diesem Standort für das breite Publikum – und auch aus denkmalpflegerischer Sicht – Sinn macht.
- Das Erdgeschoss soll als frei zugänglicher Unterstand genutzt werden, das erste Obergeschoss soll der Jugendarbeit für kleinere Aktivitäten zur Verfügung stehen, das zweite Obergeschoss als Lagerraum genutzt werden.
- Ausserdem stelle der Aebersold-Speicher ein wertvolles Zeugnis der ländlichen Baukultur im Worber Raum dar. Der Erhalt der historischen Substanz sei daher wünschenswert und dem Abbruch klar vorzuziehen. «Der Wiederaufbau des Speichers auf einer öffentlichen Parzelle gewährleistet den langfristigen Erhalt.»
- Auch der gewählte Standort zwischen dem Freizeithaus und dem Erschliessungsweg «Äusserer Stalden» sei funktional, sicherheitstechnisch und gestalterisch optimal.
Das Schlussplädoyer des Trägervereins offene Kinder- und Jugendarbeit Worb lautet daher:
«Der Speicher unterstützt gleichermassen soziale, kulturelle und ökologische Zielsetzungen der Gemeinde Worb und des Kantons Bern. Der Nutzen für die Allgemeinheit überwiegt das geringfügige planerische Abweichen deutlich.»