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Das Bangen der Beizen: "Es ist haarsträubend!"

Leere Terrassen trotz schönstem Sonnenwetter sehen wir diese Tage vor den Restaurants. Seit Dienstag haben alle Gastrobetriebe auf Geheiss des Bundesrats geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Die meisten Beizer in der Region Bern-Ost verstehen den Entscheid, sehen aber ihre Existenz bedroht. Viele versuchen das Beste aus der Situation zu machen und werden kreativ.

Menü zum mitnehmen im Löwen Grosshöchstetten (Bild: Adrian Kammer)
genau wie im Sternen Bolligen (Bild: Isabelle Berger)

Der Entscheid des Bundesrates vom Montag, die "aussergewöhnlich Lage" zu erklären, war ein harter Schlag für die Gastrobetriebe.  Seit Dienstag sind alle Restaurants, Bars und Cafes geschlossen. Die Situation könnte verheerend sein für die  Branche, die es sowieso schwierig hat – gerade in einer ländlichen Region wie Bern-Ost, wo die Schliessung von Beizen in den letzten Jahren zugenommen hat. Das prächtige Wetter, welches zum Sitzen auf der Terrasse einlädt und normalerweise die Sommersaison einläuten würde, treibt die Ironie noch auf die Spitze.

 

Was ist nach dem 19. April?

"Von wenig auf Null. Es ist haarsträubend", bringt es Christoph Meierhofer, Geschäftsführer der Linde Stettlen auf den Punkt. "Immerhin sind wir alle im selben Boot", ist sein einziger Trost. Meierhofer betreibt sowohl ein Restaurant als auch ein Hotel in der Linde, welche jetzt beide leer sind und trotzdem bezahlt werden müssen. "Dagegen hilft auch keine Versicherung", so der Geschäftsführer. Besonders schmerzt ihn der Ausfall der BEA Ende April. Da wäre das Hotel ausgebucht gewesen. "Das Schlimmste ist, dass wir nicht wissen, ob die Situation am 19. April tatsächlich entschärft wird. Sollte es so sein, werden wir das überleben. Dauert es aber länger als zwei Monate, wird es gefährlich", sagt Meierhofer weiter.

 

Am Dienstag waren die meisten Gastrounternehmer vor allem damit beschäftigt, Formulare auszufüllen. Alle reduzieren ihr Personal auf das Minimum und beantragen Kurzarbeit beim Bund. So auch Numan Harimci vom Bahnhöfli Wichtrach. Er hat Verständnis für die Massnahmen des Bundesrates. Er meint: "Ich habe kein Problem mit dem Entscheid. Aber der Umsatz fehlt dann einfach." Es würde ihm ja nichts anderes übrigbleiben, als zu warten bis es vorbei ist, sagt er weiter.

 

Der Versuch mit Take away

"Not macht erfinderisch" heisst es, und das nahmen sich auch einige Restaurants zu Herzen, um das Beste aus der Situation zu machen. Die Esswaren haben die meisten trotzdem eingekauft, und die müssen sie jetzt auch loswerden, wenn möglich noch mit etwas Gewinn. Viele greifen auf die naheliegendste Lösung zurück und bieten mit einem Take-away-Service Menüs zum Mitnehmen an. So macht es auch der Löwen in Grosshöchstetten, wo Pächter Bruno Kolb zur Zeit alleine in der Küche steht.

 

"Ich habe mich schon am Freitag darauf vorbereitet. Nachdem entsprechende Massnahmen im Tessin ergriffen wurden, war für mich klar, dass es hier bald auch so sein wird", sagt Kolb.  Grundsätzlich findet er die Massnahmen gut, auch wenn sie nach seinem Gusto etwas zu spät kamen: "Es muss radikal sein, damit diese Phase schnell vorbei geht." Trotz eingeschränktem Betrieb bietet er fünf Tagesmenüs zum Mitnehmen an. Auch einen kleinen Lieferservice bietet er zur Zeit an. Der wurde allerdings noch gar nicht benutzt, und das mit dem Take away läuft auch noch nicht, wie sich Kolb das vorstellt: "Gestern verkaufte ich zwölf Menüs. Ich glaube, im Moment haben die Leute so viel eingekauft, dass sie eher zu Hause selber kochen."

 

Kosten tief halten

Auch das Restaurant Café Dörfli in Bowil setzt auf die Karte "Take away". Aber auch dort hielt sich die Nachfrage noch in Grenzen. "Anfangs waren wir alle sehr motiviert, um etwas Neues zu machen. Die Ernüchterung kam dann am Mittag. Da lief es eher mau", sagt Geschäftsinhaber Marco Wüthrich. Aufgeben will er deswegen noch lange nicht: "Wir müssen herausfinden, was funktioniert. Unsere Lage an der Hauptstrasse ist günstig. Wir werden da wahrscheinlich mit Aktionen auf uns aufmerksam machen."

 

Gegenüber reinen Gastrobetrieben hat das Dörfli den Vorteil, dass es noch eine Bäckerei betreibt. Die darf geöffnet bleiben, um die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicher zu stellen. Aber auch dort verzeichnet Wüthrich bis jetzt bescheidene Kundenzahlen: "Am Morgen haben wir noch einige Gipfeli verkauft. Am Mittag war allerdings Flaute." Im Moment reicht es laut dem Geschäftsinhaber noch zum Überleben, und man habe sich vorbereitet. Sollte die Situation noch länger dauern, müsse er einfach versuchen die Kosten möglichst tief zu halten.

 

[i] Aktuelle Angebote finden Sie auf BERN-OST in der Inserate-Rubrik Kulinarisches, Tagesmenüs


Autor:in
Adrian Kammer, adrian.kammer@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.03.2020
Geändert: 20.03.2020
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