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A6 zwischen Bern und Thun: Radare sollen Raser bremsen
Das dynamische Temporegime auf der Autobahn A6 zwischen Thun und Bern hat eine Kehrseite: Viele Autofahrer sind zu schnell unterwegs. Nun reagiert der Bund.
Auf der A6 zwischen Bern und Thun sollen Raser mit neuen Radaranlagen gebremst werden. An je drei Standorten in beiden Richtungen montiert das Bundesamt für Strasen (Astra) fixe Vorrichtungen, an welche Radargeräte angeschlossen werden können. Das System wird bereits getestet, die Arbeiten sollen bis im Herbst abgeschlossen sein. Für die eigentlichen Kontrollen und Sanktionen wird dann die Berner Kantonspolizei zuständig sein.
Seit Anfang 2018 wird das Temporegime auf der Autobahn durchs Aaretal dynamisch und automatisch reguliert. Dafür sorgt das sogenannte GHGW-System, das die Geschwindigkeit harmonisieren und vor Gefahren warnen kann. 31 Signalisationstafeln wurden montiert, 16 in Richtung Thun, 15 in Richtung Bern. Je nach Verkehrsaufkommen wird auf den Tafeln die Höchstgeschwindigkeit von 80, 100 oder 120 Stundenkilometern angezeigt.
Die Kehrseite
Vor genau einem Jahr zog das Astra eine erste Bilanz. Mark Siegenthaler, Sprecher der Astra-Filiale Thun, zeigte sich «sehr zufrieden» mit dem neuen System. Eine Auswertung zeigte, dass der Verkehr zwischen Thun und Bern flüssiger rollt und die Fahrzeit im Schnitt sogar leicht verkürzt wird. Die Kehrseite: Wegen des ständig wechselnden Tempos waren Geschwindigkeitskontrollen bisher nur eingeschränkt möglich. «Womöglich hat sich das herumgesprochen.» Jedenfalls würden viele Lenker deutlich zu schnell fahren.
Nachts seien schon Autofahrer mit Tempo 230 gemessen worden – das System misst die Geschwindigkeit auf der Autobahn automatisch, kann sie aber nicht bestimmten Fahrzeugen zuschreiben. Aber auch tagsüber wird gern zu schnell gefahren: Bei einer Stichprobe bei Tempo 80 betrug das Durchschnittstempo auf der Überholspur 103 Stundenkilometer. Wie zahlreiche Reaktionen ans Astra zeigten, fühlten sich Autofahrer, die sich ans Limit hielten, bedrängt.
Das sei nicht nur gefährlich, sagt Siegenthaler. «Damit wird auch eine optimale Wirkung des GHGW-Systems vereitelt.» Zum Beispiel dann, wenn mit Tempo 80 versucht wird, einen «Handorgeleffekt» zu verhindern. «Wenn einige Fahrer trotzdem mit 100 fahren, sorgen sie für unnötige Ausweich- und Bremsmanöver, und am Ende haben wir doch wieder ‹Handorgeln›.»
Keine Irrtümer
Für eine Verbesserung sollen nun neue Radargeräte sorgen, die auf das dynamische Temporegime abgestimmt sind. «Damit hat die Polizei wieder die Möglichkeit, in einem sinnvollen Rahmen Kontrollen durchzuführen.» Dafür muss einerseits eine Schnittstelle zwischen GHGW-System und Radargerät errichtet werden. Anderseits muss eine Videoanlage installiert werden, die überprüft, ob die geltende Geschwindigkeit auf den Tafeln auch tatsächlich angezeigt wird. Nur so könne verhindert werden, dass Autofahrer irrtümlich gebüsst würden.
Zudem wird noch eine zweite Sicherheitsstufe eingebaut. Bei geltendem Tempo 120 blitzt das Gerät ganz normal bei einer Übertretung. Wird das Tempo auf 100 oder 80 Stundenkilometer gesenkt, gilt folgender Grundsatz: Es muss bereits am vorangehenden Signalquerschnitt 80 oder 100 angezeigt worden sein, und beim Radar muss das gleiche Tempo angezeigt sein. «So stellen wir sicher, dass der Verkehrsteilnehmer dasselbe Tempolimit mindestens zweimal gesehen hat, bevor eine allfällige Übertretung geahndet wird.»
Über die neuen Radaranlagen kursieren an den Stammtischen und in Foren offenbar falsche Vorstellungen. Auch Siegenthaler hat schon davon gehört. Demnach sollen die Geräte auch die Abstände zwischen den Fahrzeugen messen können, aber nicht blitzen. «Das ist falsch», sagt Siegenthaler. «Ich weiss auch nicht, woher diese Gerüchte kommen.» Es handle sich um normale Radargeräte, die einfach ans Temporegime angepasst seien.
Erstellt:
13.07.2019
Geändert: 13.07.2019
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