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Arbeiten trotz Corona: "Wir wollen Gesicht zeigen"

Ob all der Berichte über Kurzarbeit und geschlossene Betriebe könnte man fast vergessen, dass ganz viele Leute weiterhin ihre Arbeit tun. BERN-OST war zu Besuch auf der Gemeindeverwaltung Münsingen.

Halten die Stellung, v.l.: Gemeindepräsident Beat Moser, Lernende Leonie Schneiter und Sachbearbeiterin Therese Strauss. (Bild: Anina Bundi)

„Wir arbeiten und haben die Schalter offen“, sagt Beat Moser (Grüne), Gemeindepräsident von Münsingen am Telefon. Als der Fototermin für diesen Artikel ansteht, bleibt die automatische Eingangstür zur Gemeindeverwaltung allerdings erst mal zu und öffnet sich erst, als klar ist, dass man erwartet wird.

 

Kein Normalbetrieb

Auch in der Schalterhalle merkt man, dass nicht Normalbetrieb ist. Beim Eingang steht ein Tisch, an dem sich alle Ankommenden die Hände desinfizieren müssen. Drei Frauen arbeiten, alle mit dem gebotenen Abstand zueinander, doch im Gebäude ist es sehr still.

 

Seit vorletzter Woche arbeiten 50 Prozent der Gemeindeangestellten von zuhause aus, im „Homeoffice“. Teams wurden getrennt, Sitzungen finden am Bildschirm statt und diejenigen, die da sind, halten Abstand und halten sich strikt an die Hygieneregeln.

 

"Das meiste geht gut per Telefon"

Glück im Unglück für Münsingen: Erst letztes Jahr wurde das „Business Continuity Concept“ eingeführt – ein Plan, wie bei besonderen Ereignissen, eine Pandemie ist eines der Beispiele, der Betrieb aufrechterhalten wird. Dabei wurde etwa überlegt, welche Dienste Priorität haben. Auch technisch wurde aufgerüstet, so dass Homeoffice für die Verwaltungsangestellten auch tatsächlich möglich ist. Dass man prinzipiell auch für persönliche Beratung zur Verfügung stehe, sei aber wichtig, findet Moser. „Wir wollen Gesicht zeigen und Sicherheit vermitteln in der Krise.“ Es kämen aber nur noch wenige Leute vorbei. „Das meiste geht gut per Telefon.“

 

Ebenfalls telefonisch und elektronisch finden die Sitzungen von Gemeinderat, Kommissionen und Ausschüssen statt. Nicht möglich ist das bei den eigentlichen Parlamentssitzungen, da diese öffentlich sein müssen.

 

Putzen geht nicht im Homeoffice

Nicht möglich ist Homeoffice naturgemäss auch für alle, die körperlich arbeiten müssen, etwa für die Mitarbeitenden des Werkhofs, der ARA, der Infrawerke und für den Reinigungsdienst. „Die Mitarbeitenden wurden geschult, so dass der vorgeschriebene Abstand eingehalten wird.“ Damit auch die Aushilfen weiterhin Lohn erhalten, habe die Gemeinde Arbeiten wie den Jahresputz der Schulhäuser und Unterhaltsarbeiten vorgezogen, dies „im Sinne eines kleinen Wirtschaftsprogramms“. So seien die Löhne vorerst bis Ende April für alle gesichert.

 

Um herauszufinden, wo die Verwaltung in dieser Krisenzeit Unterstützung leisten kann, habe man alle Organisationen der Gesundheitsversorgung angeschrieben und nach den Bedürfnissen gefragt. Als Hauptsorge habe sich die Angst vor Personalmangel herauskristallisiert.

 

"Dann hätten wir ein Problem"

Das betrifft nebst dem Gesundheitswesen und der Kinderbetreuung aber auch weniger offensichtliche Bereiche wie zum Beispiel die Abwasserentsorgung. „Wenn da die wenigen Angestellten, die die Anlage kennen, plötzlich alle ausfallen würden, hätten wir ein Problem.“ Der Gemeindepräsident sei täglich mit allen wichtigen Akteuren in Kontakt.

 

Der Gemeinderat hat am 18. März  in einem „Bürgerbrief“ die Bevölkerung darüber informiert, was in der Gemeinde läuft und wohin man sich mit welchen Anliegen wenden kann. Gerade auch um die älteren Leute zu erreichen, etwa um sie auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen, habe man bewusst die Papierform gewählt, um zu  kommunizieren. Ein zweiter Brief wird nächste Woche verschickt.

 

Leute ermahnen und Mut machen

Post haben auch die Parlamentsmitglieder und die Kommissionen erhalten. Sie werden darin unter anderem dazu aufgerufen, Leute zu ermahnen, die sich nicht an die Corona-Regeln halten, aber auch, ihnen Mut zu machen.

 

Wie fast alle Katastrophen hat auch die Corona-Krise ganz schüchtern ihre guten Seiten. Noch nie waren zum Beispiel so wenige Autos unterwegs im ansonsten arg verkehrsgeplagten Münsingen. Dass er das schön finde, will Beat Moser zwar nicht sagen. Dass die Umwelt momentan eine kleine Verschnaufpause kriegt, sieht er aber auch. „Es hat viel weniger Kondensstreifen am Himmel. Die Natur kann in diesem Frühling ganz anders aufblühen.


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 30.03.2020
Geändert: 30.03.2020
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