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Arni - Trotz kleiner Rolle ist sein Leben ein grosses Theater

Quelle
Der Bund

Auf der Bühne ist Kurt Rothenbühler Schulinspektor, im richtigen Leben Gemeindepräsident von Arni: In beiden Rollen erlebt er Theater.

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Kurt Rothenbühler alias Schulinspektor. (Foto: Adrian Moser)
Aufgeregt? «Nei, sicher nid.» Bis sein Einsatz komme, gehe er in die Festhütte noch «eis ga ha», sagt Kurt Rothenbühler, der Gemeindepräsident von Arni, der für einmal in die Rolle des Schulinspektors schlüpft. Diese Rolle hat er sich nicht selber ausgesucht. Der Regisseur des Freilichttheaters «Schulmeister» hat entschieden, und Rothenbühler war – auch mit der kleinen Rolle – ganz zufrieden. «Mir isch das doch glich, wän i spilä», sagt er. Hauptsache man sei dabei. Als Schulinspektor hat er drei Auftritte: bei einer Beerdigung, bei einem Examen und bei einem Gespräch mit dem Schulmeister. Ungefähr zehn Sätze wechsle er mit diesem, und das war es auch schon.

Rothenbühler ist einer von 75 Laienschauspielenden, die im «Schulmeister», einem Schauspiel nach dem Roman «Leiden und Freuden eines Schulmeisters II» von Jeremias Gotthelf, mitspielen. Wie alle anderen musste er bei einem Casting teilnehmen. Da ging es allerdings nicht um die Selektion der Spielfreudigen. Denn der Autor und Regisseur des Stücks, Ueli Remund, habe von Anfang an gesagt: «Alle, die wollen, können mitspielen.» Vielmehr ging es ihm darum, die Menschen und ihre Eigenarten kennen zu lernen. Daraufhin habe Remund für alle 75 Leute eine Rolle geschrieben, sagt Rothenbühler und rezitiert einen seiner Sätze. «Nämet das nid so tragisch», muss er dem Schulmeister sagen, der die beruflichen Voraussetzungen nicht erfüllt und deshalb keine Lohnerhöhung bekommt. «Dann gehe ich pfeifend von dannen», erzählt er.

So unempathisch wie auf der Bühne geht der Gemeindepräsident von Arni im wirklichen Leben jedoch nicht mit seinen Mitmenschen um. In seinem Amt erlebe er zwar auch Theater und manchmal sogar Tragödien. Aber diese nimmt er sehr ernst. Teilweise vertrauen ihm die Leute ihr halbes Leben an, fragen ihn um Rat beim Verfassen des Testaments oder rufen ihn am Samstagmorgen ganz früh an – wegen Streitereien mit dem Nachbarn. «Ich bin eine Art Klagemauer», sagt er. So bezeichnet er sich denn auch nicht als Politiker im klassischen Sinne, sondern eher als «soziale Instanz».

Als soziale Instanz oder besser gesagt als Vermittler waltet er auch beim Freilichttheater. Denn nicht von Anfang an seien alle Arner von der Idee begeistert gewesen. Aber er kennt seine Mitbürger und wusste sie zu überzeugen – mit einem klugen Schachzug. So hat er erst einmal die Vereine mit ins Boot geholt. Sie sind nun für die ganze Festwirtschaft zuständig. Die Einnahmen gehen in «ihren Sack», wie er sagt. Doch um Geld gehe es nicht. Das Projekt sei idealistisch und basiere nur auf Freiwilligenarbeit. «Wer hier das grosse Geld machen will, ist am falschen Ort.» Zu gewinnen gibt es stattdessen das grosse Glück einer gemeinsamen Theaterproduktion.

40 Dorfbewohner konnten dafür motiviert werden, und alle seien euphorisch – trotz der vielen Proben und des Endspurts, wie der Gemeindepräsident versichert. «Die, die dabei sind, sind voll dabei.» So auch Rothenbühler, obwohl er nicht immer schon vom Theater begeistert war. Sein Interesse begann schleichend. Ungefähr vor drei Jahren habe man ihm gesagt, dass es im Organisationskomitee des Theatervereins Lützelflüh noch einen Verantwortlichen für die Bauten brauche. Als Inhaber eines kleinen Holzbaubetriebs kennt sich Rothenbühler damit aus und sagte zu. So ist er nun zuständig für die ganze Bühne und alles, was dahinter ist. Als Kulisse dient das alte Schulhaus in Lütiwil bei Arni.

Zum Mitspielen verlockt hat ihn sein «Gwunder», wie er sagt. «Wenn ich schon die ganze Zeit am Organisieren bin, möchte ich auch sehen, was hinter den Kulissen und auf der Bühne passiert.» Geprobt wird seit Januar – bei Wind und Wetter. Manchmal komme er sich fast vor wie im Militär, sagt er schmunzelnd. «Warten, warten, dann ein kurzer Einsatz und wieder warten, warten.» Sein stilechtes Kostüm mit schwarzem Anzug und einer Brille, die schon sein Urgrossvater auf der Nase hatte, helfe ihm, in die Rolle zu kommen. Trotzdem gebe es diese bangen Momente, wenn man glaube, den Text vergessen zu haben. «Und wenn ich an die Premiere am Mittwoch denke, bin ich scho chli ufgregt», gibt er zu.

«Schulmeister» - Freilichttheater mit Tradition

Das Theaterstück «Schulmeister» nach dem Roman «Leiden und Freuden eines Schulmeisters II» von Jeremias Gotthelf wurde von Ueli Remund, Autor und Regisseur, für den Theaterverein Lützelflüh umgeschrieben. Den Theaterverein gibt es seit 1995. Seither entstanden über zehn Theaterarbeiten.

Als Kulisse für den «Schulmeister» dient das alte Schulhaus in Lütiwil bei Arni. Es wurde ungefähr zur gleichen Zeit gebaut wie Gotthelf das Stück schrieb, erzählt Kurt Rothenbühler. «Hier weht der raue, gotthelfsche Wind. Hier wird Mädeli seine Kinder aufziehen und Peter sich mit störrischen Schülern und Gemeindeoberen herumschlagen und an seiner Narrheit leiden, um endlich doch Gnade zu finden», heisst es in der Beschreibung zum Freilichttheater.
Gespielt wird das Stück zwischen 13. Juli und 19. August 2011, jeweils Dienstag, Mittwoch sowie Freitag und Samstag um 20.15 Uhr. Da der Spielort auf offenem Gelände ist, sind die Zuschauer der Witterung ausgesetzt. Bei leichtem Regen wird weitergespielt. Telefonische Reservation 034 432 37 99, elektronische Reservation und weitere Infos (Wetter): www.theater-luetzelflueh.ch.

Autor:in
Rahel Bucher / Der Bund
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Erstellt: 11.07.2011
Geändert: 11.07.2011
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