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Bolligen - Gegenwind bei der Schulraumplanung

Weil der Gemeinderat von Bolligen einen grossen Andrang erwartet, hat er die heutige Gemeindeversammlung in die Turnhalle der Oberstufe verlegt. Für Interesse und Kritik sorgt die Schulraumplanung. Gegen den Vorschlag des Gemeinderats macht nicht zuletzt die Schule mobil.

Das alte Schulhaus an der Bolligenstrasse. (Bild: Wikipedia/uschoen)
Projektskizze Westfassade. (Bild: bolligen.ch)

Am Dienstag Abend wird die Schlange vor dem Rednerpult der Bolliger Gemeindeversammlung vermutlich wieder einmal lange werden. Sowohl die Pro- wie auch die Contra-Seite mobilisieren für die Versammlung. Der Grund: Ein Kredit über 10,4 Millionen Franken für neuen Schulraum.

 

Dass es mehr Schulraum braucht, so weit sind sich in Bolligen alle einig. Die Schüler:innenzahlen steigen, Primar- und Tagesschule platzen aus allen Nähten. Uneinig ist man sich, wo gebaut werden soll, vor allem aber auch über das Vorgehen.

 

Nicht links gegen rechts

Die Fronten verlaufen nicht zwischen links und rechts. Grüne, FDP und Mitte unterstützen den Vorschlag des Gemeinderats, SVP, SP, EVP, GLP und die Schule sind dagegen. In Stellungnahmen in der Bantiger Post äussern sich die Parteien für und gegen die Vorlage. Auf der Website eines neu gegründeten Komitees "Nein zur Schulraumerweiterung altes Schulhaus" finden sich Stellungnahmen des Elternrates und der Schule, unter "PRO Schulraum Bolligen" schreiben in der Bantiger Post auch die Befürworter:innen.

 

Für Unmut sorgt vor allem etwas: Noch diesen Sommer publizierte der Gemeinderat eine Machbarkeitsstudie mit einem ganz anderen Vorschlag. Die Architekt:innen hatten den Bedarf an Schulraum ermittelt und in Varianten aufgezeigt, wie das Schulhaus Lutertal erweitert werden könnte. Kostenpunkt der Variante mit 21 Schulklassen: Knapp 11 Millionen.

 

Altes Schulhaus anstatt Lutertal

Nun legt er der Gemeindeversammlung eine neue Idee vor: Saniert und erweitert werden soll nicht im Lutertal, sondern im alten Schulhaus an der Bolligenstrasse 113. Im sanierten Schulhaus und in einem Neubau direkt daneben sollen die Tagesschule Platz finden, zwei Kindergärten, vier Werkräume, Lehrer:innenzimmer, Kita, Spielgruppe und ein Mehrzweckraum im obersten Geschoss des alten Schulhauses. Durch den Zusammenzug der Kindergärten im alten Schulhaus und von Tagesschule und Werkräumen im Neubau würden Klassenräume frei im Primarschulhaus Lutertal. Kostenpunkt dafür: 10,4 Millionen Franken.

 

"Das eine schliesst das andere nicht aus"

Die neue Idee wurde auf der Verwaltung, von den Abteilungen Hochbau und Planung entwickelt, sagt Vize-Gemeindepräsidentin Marianne Zürcher (SVP). Der Grund, dass man nicht die Machbarkeitsstudie mit dem Ausbau im Lutertal weiterverfolge, liege im Zeitdruck. „Die Schule machte Druck, es brauche dringend schon ab 2026 neuen Schulraum. Da wir Containerlösungen vermeiden wollen, haben wir auf der Verwaltung das Projekt entwickelt, das wir nun zur Abstimmung bringen.“ Die Erweiterung des Schulhauses Lutertal sei damit noch nicht vom Tisch. „Das eine schliesst das andere nicht aus.“ An einer Infoveranstaltung im Frühling habe man auf die Möglichkeit eines Ausbaus am Standort Bolligen aufmerksam gemacht.

 

Schule ist dagegen

Für Unmut sorgt allerdings nicht das Umschwenken des Gemeinderats allein. Kritisiert wird auch, dass für das vorliegende Projekt weder Schule noch Elternrat beigezogen wurden und offenbar auch nicht die Bildungsabteilung der Gemeinde. Die Schulen, auf deren Druck hin der Gemeinderat laut Marianne Zürcher das Projekt erarbeitet hat, sprechen sich denn auch ungewohnt deutlich dagegen aus. Durch die räumliche Trennung der Spezialräume im alten Schulhaus von den Klassenzimmer im Lutertalschulhaus gehe wertvolle Unterrichtszeit verloren. Der kleinere Aussenraum beim alten Schulhaus und das Fehlen von Turnhallen als Ausweichmöglichkeit, schmälere ausserdem die Qualität bei der Tagesschule.

 

Über die Opposition der Schulen ärgert sich Zürcher hörbar. „Vielleicht ist nicht alles ideal. Aber der Raumbedarf ist seit Einführung des Lehrplans 21 enorm gestiegen. Viele Gemeinden können das kaum tragen. Da muss sich die Lehrerschaft halt auch nach der Decke strecken.“

 

Schnell geplant und emotional

In Frage gestellt wird vonseiten der Gegner:innen auch die Qualität der Planung, die, wie Zürcher selber einräumt, relativ schnell gemacht wurde. Der Betrag von 10,4 Millionen Franken basiere auf Richtofferten, erklärt sie. Da man mit Kosten von plus-minus 20 Prozent rechne, sind darin auch 1,7 Millionen als Reserve für Unvorhergesehenes enthalten.

 

„Ich weiss, dass das Projekt wahnsinnig umstritten und hochemotional ist“, sagt sie im Hinblick auf die Gemeindeversammlung. „Aber jetzt schauen wir mal, was passiert.“

 

Klar ist: Die vier Parteien, die gegen das Projekt sind (SVP, SP, GLP und EVP) werden an der Versammlung die Rückweisung des Geschäfts beantragen. Vom Gemeinderat fordern sie "unter Hochdruck eine gesamtheitliche und wirtschaftliche Schulraumplanung, aufbauend auf der Machbarkeitsstudie, zu erarbeiten." Dies unter Einbezug von Fachleuten und Stakeholdern, also der direkt Betroffenen. Die Bevölkerung sei über diesen Prozess zu informieren. Mit dem gemeinsamen Vorgehen hoffe man, zu einer "geordneten Gemeindeversammlung" beizutragen.

 

Hinter dem Vorschlag des Gemeinderats stehen FDP, Mitte und Grüne. Sie betonen den grossen Bedarf an Schulraum und begrüssen das "rasche und dynamische" Vorgehen der Gemeinde, schreiben etwa die Grünen in der Bantiger Post.

 

[i] Hier geht es zur Botschaft zur Gemeindeversammlung mit dem aktuellen Nutzungskonzept und hier zur Machbarkeitsstudie und weiteren Unterlagen zur Schulraumplanung.

 

[i] Die Gemeindeversammlung ist heute Dienstag, 13. Dezember, 19:30 Uhr, in der Turnhalle des Oberstufenzentrums Eisengasse (OzE).


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 13.12.2022
Geändert: 13.12.2022
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