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Bolligen - Wer Schneider-Ammann eine Grube gräbt …

Quelle
Berner Zeitung BZ

SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen zieht gerne über Unternehmen und Reiche her, die Steuerschlupflöcher nutzen. Nun schallts aus dem Wald zurück, wie sie hineinrief: Die «Weltwoche» wirft ihr Doppelmoral vor. Sie sei selber Steuern optimierende Millionärin.

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Margret Kiener Nellen: Die Angreiferin wird angegriffen. (Bild: Keystone)

Eigentlich hat die Bolliger Nationalrätin Margret Kiener Nellen bloss getan, was Tausende Schweizerinnen und Schweizer auch tun: Sie hat zusammen mit ihrem Ehemann Alfred Steuern optimiert. Gestern machte die Weltwoche bekannt, dass Alfred Nellen 2011 einen grösseren Geldbetrag aus seinem eigenen Geschäft entnahm. Der Betrag war so gross, dass die Nellens in jenem Jahr 400 000 Franken in ihre Pensionskasse einzahlen konnten. Nachzahlungen in die Pensionskasse sind ein beliebter Kniff dafür, Steuern zu sparen. Man kann den vollen einbezahlten Betrag vom steuerbaren Einkommen abziehen. Und man muss ihn bei der Auszahlung nach der Pensionierung bloss zu stark reduziertem Tarif versteuern.

Dank der Einzahlung lautete die Veranlagung der Steuerbehörde der Nellens für das Jahr 2011 null Franken Einkommen. Gleichzeitig machte die «Weltwoche» publik, dass das Ehepaar ein Vermögen von 12 Millionen Franken hat.

Mit der Optimierung haben die Politikerin und der Ingenieur unter dem Strich etwas über 100 000 Franken Steuern gespart. Diese völlig legale Steueroptimierung der Nationalrätin wäre an sich kaum erwähnenswert.

Noch kein Jahr ist allerdings verstrichen seit Margret Kiener Nellen dem freisinnigen Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann hart an den Karren gefahren ist. Sein ehemaliges Unternehmen, die Ammann-Gruppe, habe mit Steueroptimierungen gravierende Verfehlungen begangen, entrüstete sich Kiener Nellen. Ammanns Firma hat Steuern gespart, indem sie Gelder in einer Offshoregesellschaft im Steuerparadies Jersey hortete, um sie in der Schweiz nicht versteuern zu müssen.

Kiener Nellen hat auch dann noch scharf gegen den Oberaargauer Bundesrat geschossen, als die Steuerverwaltung bestätigt hat, dass die Steuerpraxis der Ammann-Gruppe zu jeder Zeit völlig legal gewesen sei. Schneider Ammanns Unternehmen hat bloss getan, was damals sehr viele andere Firmen in der Schweiz auch getan haben. Davon völlig unbeirrt hat die Bolligerin den Kopf des Wirtschaftsministers gefordert.

Nun bekommt Kiener Nellen die Quittung. Nicht vom Wirtschaftsminister, sondern von Roger Köppel, Chefredaktor der «Weltwoche». Für die polarisierende Nationalrätin griff er persönlich in die Tasten. In einem launischen Artikel analysiert er Kiener Nellens Steuerdaten. Genüsslich streicht der Polemiker Roger Köppel hervor, dass die Bolliger Sozialdemokratin, die so gerne unmoralische Unternehmer und Multimillionäre in Gstaad angreift, ja selber Multimillionärin sei. Und obendrein als reiche Bernerin genau das betreibe, was sie bei anderen so gerne anprangere: Steueroptimierung.

Köppel tut zwar päpstlicher als der Papst, wenn er fordert, dass Kiener Nellen auf Einzahlungen in die Pensionskasse verzichten muss, weil sie als Politikerin gegen Steuertricks mit Offshoregesellschaften schiesst. Schliesslich könnte man einem grünen Politiker auch nicht wirklich ankreiden, wenn er einmal im Flugzeug in die Ferien verreist.

Trotzdem darf die Bolliger Sozialdemokratin jetzt nicht jammern, dass sie angegriffen wird: Ihre Gegner schiessen nun einfach mit derselben Munition zurück, mit der sie selber gerne in Feindesland schiesst. Und sie macht es dem Feind leicht: Sie selber hat den Pensionskassenkniff, den ihr Mann anwandte, schon als Steuerschlupfloch bezeichnet. Ein Eigentor.

Man könnte gar noch einen Schritt weitergehen: Würde Kiener Nellen denselben Massstab anlegen, den sie bei Schneider-Ammann angelegt hat, müsste sie ihren eigenen Rücktritt fordern.

Der guten Ordnung halber sei hier noch betont, dass Margret Kiener und ihr Mann Alfred an sich zuverlässige Steuerzahler sind. In den neun Jahren vor 2011 und auch danach wieder haben sie stets ein regelmässiges Einkommen (um die 250 000 Franken) versteuert. Das hat die Ammann-Gruppe allerdings auch.


Autor:in
Mischa Aebi, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 07.11.2014
Geändert: 07.11.2014
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