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Foto-Ausstellung: Der Philosoph, der Vogelfreund und ihre Fotowelten

Im Reberhaus Bolligen startet eine Reise in spannende Bilderwelten: Urs Grunder und Adrian Schmid zeigen ihre Werke und erzählen, wie sie entstanden sind. Die beiden sind leidenschaftliche Fotografen, könnten aber kaum unterschiedlicher sein: Der eine ist Philosoph, Fotokünstler und Hobby-Hirnforscher, der andere Ornithologe, Naturfotograf und Reiseleiter. Zusammen ergibt das eine vielseitige Werkschau.

Naturfotograf Adrian Schmid (links) und Fotokünstler Urs Grunder: Beide zeigen Realitäten auf ihre Weise. (Foto: Schmid/Grunder/cw)
Adrian Schmid: «Eisvogel», Neuenburgersee
Urs Grunder: «Bliss of silence» 2024
Adrian Schmid: «Kolkrabe und Fuchs», Spanien
Urs Grunder: «Zeitreise» 2021
Adrian Schmid: «Rauchschwalbe», Bolligen
Urs Grunder: «Aufscheinen» 2015

Gemeinsamkeiten? Urs Grunder und Adrian Schmid schauen einander an und lachen: Die sind schnell aufgezählt. Beide wohnen drei Häuser voneinander entfernt in Bolligen. Beide teilen die Leidenschaft fürs Fotografieren. Und beide haben sich vorzeitig pensionieren lassen, um die Leidenschaft zum Beruf zu machen.

 

Aber da hören die Gemeinsamkeiten schon auf. Urs Grunder, der 72-jährige pensionierte Zahnarzt, beschäftigt sich seit bald 50 Jahren mit der Fotografie, Adrian Schmid, 61, der frühpensionierte IT/Telekom-Fachmann und Geschäftsleiter, ist erst spät auf den Geschmack gekommen. Grunder hat sich zwei Jahre vor der Zeit pensionieren lassen, Schmid vor drei Jahren.

 

Gleiche Leidenschaft, unterschiedliche Arbeitsweise

Gekannt haben sich die beiden gegensätzlichen Fotografen schon lange aus der Nachbarschaft. Als Urs Grunder eines Tages sah, wie sein Nachbar Adrian Schmid mit einem riesigen Teleobjektiv durch das Quartier pirschte und nach guten Fotomotiven suchte, sprach er ihn an. Schnell fanden sich die Männer in einer angeregten Diskussion über Fotokameras, Objektive und technische Fragen – und trafen sich vor allem in ihrer Begeisterung.

 

Rasch stellten sie aber auch fest, wie unterschiedlich sie an das gleiche Medium herangehen. Naturfotograf Schmid ist jeweils morgens früh um fünf Uhr unterwegs anzutreffen, ausgestattet mit einer ultraschnellen Kamera, einem leistungsstarken Teleobjektiv und einer grossen Portion Geduld: Bis er getarnt und eingerichtet ist, dauert es eine Weile. Und dann noch viel länger, bis er sein Objekt – am liebsten einen Vogel jeder Art – in optimaler Position vor der Linse hat: «Für ein gelungenes Bild brauche ich häufig einen Tag.» Um einen Bartgeier zum ersten Mal zu fotografieren, hat er gar insgesamt acht Tage investiert.

 

Der eine arbeitet in die Nacht, der andere geht früh los

Ganz anders Kunstfotograf Grunder: Das Ausgangsbild – «natürlich sorgfältig komponiert!» – fängt auch er mit einer guten Kamera ein, aber er benutzt dafür oft ein durchschnittliches Objektiv. Und häufig braucht er nur ein paar Minuten, um das Motiv für ein Anfangsfoto einzufangen. Denn seine Arbeit beginnt danach, am Bildschirm beim künstlerischen Bearbeiten, was er am liebsten bis in alle Nacht hinein macht. Er schaut seinen Nachbarn an und schmunzelt: «Ich bin oft bis zwei Uhr nachts dran – dann ziehst du schon bald wieder los.»

 

Adrian Schmid nickt zustimmend. Er fängt gerne die Natur in spektakulären Momenten ein, etwa Vögel im Flug oder Steinböcke auf Bergspitzen. Zugleich begeistert er die Teilnehmer:innen seiner Fotoreisen für die Wunder der Natur.

 

Wahrnehmung und Realität

Urs Grunder arbeitet dafür nach dem Fotografieren lange an seinen Fotos, manchmal über Monate hinweg. Zufrieden ist er erst, wenn sie zu Kunstwerken geworden sind, die zu philosophischen Fragen über das Leben und die Welt anregen.

 

Wo Grunder mit Erkenntnissen aus der Hirnforschung, Wahrnehmung und philosophischen Fragen spielt, begeistert Schmid Interessierte mit seinem Fachwissen über Ornithologie und die Natur: «Ich möchte mit meinen Bildern Realitäten aus der Natur für alle sichtbar machen.»

 

Inspiration: Von Klassik bis Rolling Stones...

Gegensätze, wo man hinschaut. Aber einiges haben der Naturfotograf Schmid und der Fotokünstler Grunder doch auch gemeinsam: Während Urs Grunder seine Werke am Computer umformt, einfärbt und verändert, lässt er sich von Musik begleiten und inspirieren. Klassik, Blues, Leonard Cohen oder Rolling Stones: «Die Musik versetzt mich in verschiedene Stimmungen, und diese wiederum verändern auch mein Bild.»

 

Oft wisse er nicht, wie sich ein Bild entwickle: «Das ist das Spannende am Digital Painting», erklärt er. «Ich weiss erst beim Bearbeiten, was herauskommt.»

 

... oder mit Geräuschen aus der Natur

Adrian Schmid nickt, diese Stimmungen erlebt auch er. Allerdings hört er bei seiner Arbeit nicht Musik im engeren Sinn: «Mich begleiten die Lieder der Vögel und die Geräusche der Natur.»

 

Für ihn sind das ebenso inspirierende Momente. Wo Urs Grunder neue Realitäten schaffen will, möchte er die Natur in ihrer Schönheit sichtbar machen.

 

Nachdenken über existenzielle Fragen

Die beiden freuen sich auf ihren gemeinsamen Bilderabend. Das werde spannend, sagen sie übereinstimmend. «Kunst, Philosophie, Ausdrucksform und existenzielle Fragen können da besprochen werden», verspricht Urs Grunder. Und Adrian Schmid ergänzt: «Ja, und wir zeigen die Natur und ihre Wunder.»

 

Ob Gemeinsamkeiten oder Gegensätze: Diese Reise in die vielseitigen Welten der Fotografie verspricht einiges.

 

«Welt der Fotografie», Montag, 25. März 2024 19:30 – 21:30, Reberhaus Bolligen, Eintritt 15 Franken (Mitglieder 10 Franken). Weitere Informationen: www.ursgrunder.ch und www.adrianart.net


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 23.03.2024
Geändert: 25.03.2024
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