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Endlich mal erlebt: Ein Treffen mit den Zottel-Schotten
Schottische Hochlandrinder bringen vielen Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Auch unsere Redakteurin haben die Tiere schon lange fasziniert – mit ihrem zotteligen Fell, den langen Stirnfransen und den mächtigen Hörnern. Da man sie in unserer Region nur selten sieht, machte sie sich auf den Weg zum Ofenegghof von Franziska und Marcel Ledermann in Aeschlen und liess sich verzaubern.
Auf dem Hof angekommen, sehe ich die Rinder zunächst gar nicht. Stattdessen begrüsst mich Nero, der schwarze Labrador der Familie. Er führt mich zum Stall, wo mich Franziska und Marcel Ledermannherzlich empfangen. «Bei der Hitze bleiben die Schotten lieber drinnen, auf die Weide gehen sie erst am Abend», erklärt Franziska. Drei Kühe halten sich gerade hauptsächlich im Stall auf – zwei haben bereits gekalbt, bei der dritten steht die Geburt kurz bevor.
Liebe auf den ersten Blick
Später sitzen wir im wunderschönen Garten des Hofes, umgeben von Blumen, Bäumen und dem Blick auf die Weiden. Dort erzählen mir Franziska und Marcel Ledermann, wie die Hochlandrinder überhaupt zu ihnen kamen. Ursprünglich hielten sie Mutterkühe verschiedener Rassen. «Ich wollte den Hof eigentlich nie übernehmen», erinnert sich Franziska. «Doch nach dem Tod meines Vaters war für uns klar, dass wir sein Lebenswerk erhalten wollen.» So rutschten die beiden doch ins Bauern hinein. Marcel, der hauptberuflich ausserhalb arbeitet, unterstützte sie zwar, doch beiden war klar: Ein Leben mit täglicher Stallpflicht am Morgen und Abend passte nicht richtig zu ihnen.
«Ich schwärmte schon lange für die Schotten», schmunzelt Marcel. Dann sahen sie im Internet ein Angebot für drei schottische Hochlandrinder. «Eigentlich wollten wir nur mal schauen, wie diese Tiere so sind», sagt er. «Aber als wir dort ankamen, standen sie sofort vor uns, liessen sich striegeln und kraulen. Da war es um uns geschehen.» Für Marcel war es Liebe auf den ersten Blick: «Ich sage immer: Ich habe mich zweimal verliebt – einmal in meine Frau, einmal in die Schotten.» Kurzentschlossen kauften sie das zottelige Trio.
Neue Tiere – Neue Erfahrungen
Mit den ersten drei Rindern begann eine neue Ära auf dem Hof. Die Schotten sind robuster und pflegeleichter als andere Kühe, gleichzeitig aber erstaunlich zutraulich. «Die drei Kühe waren das Beste, was uns passieren konnte», sagt Franziska. So wurde der Stall für die Schotten optimiert, inklusive neuer Futtergitter, die mehr Raum für die kräftigen Hörner bieten.
Natürlich gab es auch Neues zu lernen. Vor allem die Rangordnung innerhalb der Herde. «Das war für uns ungewohnt – beim Fressen hat die Leitkuh Vorrang, sie bestimmt, wer wo steht, und die anderen ordnen sich ein», erklärt Marcel. Inzwischen wissen sie: Solange die Rangordnung klar ist, herrscht Ruhe. Leitkuh Adelina trägt als einzige eine kleine Glocke, damit man sie auf der Weide schnell findet – und somit meist auch den Rest der Truppe. Auch beim Striegeln zeigt sie ihren Führungsanspruch: «Wenn sie sieht, dass eine andere Kuh an der Reihe ist, drängt sie sich sofort dazwischen», erzählt Franziska lachend.
Leidenschaft und trotzdem Nebenverdienst
Die Schotten auf dem Ofenegghof sind nicht nur Hobby, sondern auch ein kleiner Nebenerwerb. Die Tiere leben im Freilaufstall und auf grosszügigen Weiden, wo sie ganzjährig draussen sein können. Ein Teil der Rinder bleibt zur Zucht, andere werden für Fleisch verkauft. «Wir halten sie nach Bio-Richtlinien – nicht weil wir müssen, sondern weil wir die Tiere ohnehin so halten würden», sagt Franziska. «Solange sie bei uns sind, sollen sie ein schönes, stressfreies Leben haben.» Als Bäuerin und Metzgerstochter ist sie mit dem Thema aufgewachsen und begleitet ihre Tiere konsequent bis zum letzten Herzschlag. «Das sind wir ihnen schuldig», betont sie.
Mehr Freiheit und Leidenschaft
Die Schotten haben den Alltag der Familie verändert. Früher musste morgens und abends jemand fix im Stall stehen – heute sind Franziska und Marcel Ledermann flexibler. «Und trotzdem verbringe ich nun viel mehr Zeit mit den Tieren», gesteht Marcel. «Als gelernter Automechaniker war ich früher vor allem für die Reparatur und den Unterhalt der Maschinen verantwortlich, heute schaue ich zusätzlich täglich mehrmals bei der Herde vorbei.» Seine ruhige Art schätzen die Tiere besonders – und er selbst geniesst die Nähe.
Eine Anekdote erzählt Marcel schmunzelnd: «Einmal kam Olaf, der Zuchtstier, auf mich zu. Ich stand mit dem Rücken zur Wand und seine Hörner links und rechts neben mir. Doch auch Olaf wollte nur gestreichelt werden.» Angst habe er auch da keine gehabt, aber sowohl er als auch Franziska begegnen den Tieren immer mit grossem Respekt.
Zwischen Äpfeln und Kamm
Einige Tage später komme ich noch einmal vorbei – diesmal, um die Schotten auf der Weide zu erleben. «Geh ruhig schon mal vor», ruft mir Franziska zu. Kaum habe ich die Koppel erreicht, heben die Rinder ihre Köpfe und schauen mich aufmerksam an, als wüssten sie, dass sie wegen mir noch nicht in den Stall dürfen. Während ich die ersten Fotos mache, naht Franziska mit einem Kübel Äpfel. «Damit kriegst du sie alle rum», meint sie schmunzelnd.
Und tatsächlich: Spätestens nach dem zweiten Apfel bin ich bei der Herde beliebt. Einige schieben neugierig ihre Nasen gegen meine Kamera, andere warten geduldig auf ihr Stück. Besonders Bina bleibt bei mir hängen. Als Marcel mir einen Kamm gibt, hält mir die Schottenkuh genüsslich den Hals hin, während ich sie striegle und ihre Hörner festhalte, um ihre Bewegungen zu spüren, wie es mir Marcel erklärt.
Eine Ehre zum Schluss
Doch plötzlich fällt Franziska auf, dass Ella, noch trächtig, fehlt. Wir laufen die Weide ab und finden sie etwas abseits. «Dass sie sich so separiert, ist auffällig – wahrscheinlich kommt das Kalb bald», sagt Marcel ruhig. Mit viel Geduld, leiser Stimme und Schritt für Schritt ermutigt er Ella, uns zum Stall zu folgen. Schweren Schrittes und kugelrund folgt sie uns bis zum Stall. Während wir im Garten ein Gipfeli essen, spähen zwei Hörner hinter der Hecke hervor: Ella ist wieder draussen. Sie folgt ihrem eigenen Rhythmus – und sucht sich den Platz, an dem sie sich wohlfühlt.
Am selben Abend erreicht mich eine Nachricht von Franziska: Das Kalb ist da! Ein kleiner Stierjunge. «Weisst du einen schottischen Jungennamen mit E?», fragt sie. Ich überlege lange – ein Name, einfach zu rufen und doch schottisch klingend. Schliesslich schlage ich «Elliot» vor. Kurz darauf kommt die Antwort: «Elliot gfaut üs.»
So endete mein Besuch auf dem Ofenegghof mit einem besonders schönen Moment – und der Gewissheit, dass ich bald wieder vorbeischauen muss. Schliesslich möchte ich den kleinen Elliot unbedingt kennenlernen. Ich freue mich schon, dann wieder von Hofhund Nero begrüsst und zu Elliot geführt zu werden.
[i] Mehr Informationen zum Hof finden Sie hier: Ofenegghof.ch
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Erstellt:
03.09.2025
Geändert: 03.09.2025
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