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Daniel Zaugg aus Freimettigen: "Unsere Tiere haben genug Platz"

Am 25. September stimmen wir über die Massentierhaltungs-Initiative ab. Wir haben mit zwei Bauern gesprochen. Sie erklären, warum sie für oder gegen die Initiative stimmen. Heute berichten wir über die Argumente gegen die Initiative.

Daniel Zaugg: "Wenn jeder Bauer nach Bio-Standard produzieren muss, werden die Produkte teurer und der Import wird gefördert." (Fotos: Rolf Blaser)
Daniel Zaugg: "Die Initiative ist zu streng und bevormundet die Konsumentinnen und Konsumenten."
Bei einem Ja müsste Daniel Zaugg mittelfristig einen Laufstall für die Kühe einrichten.
Zaugg's Hof in Freimettigen.

Die Initiative will die Massentierhaltung verbieten und die Würde der Tiere in der landwirtschaftlichen Haltung in die Verfassung aufnehmen. Daniel und Heidi Zaugg betreiben in Freimettigen ihren Hof in der dritten Generation. Sie werden Nein stimmen.

 

BERN-OST: Daniel Zaugg, was stört Sie an der Massentierhaltungs-Initiative?

Daniel Zaugg: Für mich ist die Initiative zu streng, es gibt zu viele Einschränkungen in der Produktion und für die Konsumenten. Die Konsumenten werden bevormundet was sie kaufen können, bei einer Annahme könnten sie dann nur noch Bio kaufen.

 

Warum haben die Bauern dermassen Angst vor der Initiative?

Ich persönlich habe keine Angst. Es geht um die gesamte Landwirtschaft. Wir haben eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt. Wir würden so noch strenger behandelt und es würde mehr importiert. Durch den Krieg haben wir gesehen, dass plötzlich nicht mehr alles importiert werden kann. Auch das Klima hat Auswirkungen, aus Frankreich und Deutschland gibt es kein Heu mehr zu kaufen. Wir dürfen unseren Selbstversorgungsgrad nicht senken. Der liegt heute etwa bei 54 Prozent. Bei einem Ja ginge der Selbstversorgungsgrad um rund 20 Prozent zurück. Wenn wir dieselben Tierzahlen beibehalten möchten, müssten tausende neue Ställe gebaut werden. Das kostet und wäre landschaftlich nicht schön.

 

Die Initiative fordert mehr Platz pro Tier, was haben Sie dagegen?

Nach dem jetzigen Tierschutzgesetz haben die Tiere genug Platz. Die Ställe werden periodisch vom Veterinäramt kontrolliert. Es gibt zusätzlich auch Kontrollen vom Kantonschemiker betreffend Lebensmittel. Auch der Pflanzenschutz und die Ökofläche werden kontrolliert. Da wird geschaut, wie gross ist der Stall, wie viele Kühe werden gehalten und wie viel Land wir haben.

 

Die Bevölkerung hat stets zugenommen und wir Bauern haben mehr produziert. Das soll nun plötzlich nicht mehr gut sein. Massentierhaltung haben wir nur bei den Bienen und dort muss das so sein.

 

Die Initiative fordert, dass jedes Tier einmal pro Tag auf die Weide kann. Was ist dagegen einzuwenden?

Wir machen das bereits heute. Unsere Kühe sind jeden Tag auf der Weide. Die Hühner haben einen Wintergarten. Am Hang können wir keine Freilandhühner halten. Wir haben das probiert, aber das hat nicht funktioniert.

 

Was müsste Ihr Betrieb bei einer Annahme der Initiative ändern?

Kurzfristig müsste ich nichts ändern. Aber mittelfristig auf Bio-Standard umsteigen und einen Laufstall einrichten, in dem die Kühe nicht mehr angebunden sind. Die Initiative will, dass wir auf den Bio-Standard wechseln. Das würde heissen, dass wir nur noch Bio-Futtermittel füttern können. Es würde teurer für uns und die Konsumenten.

 

Vom Bio-Standard* steht nichts im Initiativtext.

Das stimmt, das steht zwischen den Zeilen. Aber bei der Umsetzung der Initiative soll der Bio-Standard angewendet werden.

 

Laut Bundesrat würde die Initiative nur fünf Prozent der Bauernbetriebe betreffen.

Kurzfristig stimmt das. Aber langfristig sind alle Bauernbetriebe betroffen. Die Konsumenten würden dies vom ersten Tag an spüren, weil weniger im Inland produziert wird.  Wenn in der Schweiz weniger produziert wird, wird mehr importiert. Oder wenn hier jeder Bauer nach Bio-Standard produzieren muss, werden die Produkte teurer und der Import wird gefördert.

 

Die Initiative bietet den Bauernbetrieben eine Übergangsfrist von 25 Jahren. Das ist eine lange Zeit und scheint grosszügig berechnet.

Ich finde diese Zeit zu lange. Die Ernährungssicherheit müssen wir auch in 25 Jahren noch haben. Das ist eine Generation, diejenigen können dann fast nichts mehr machen. Das finde ich falsch.

 

Welche Chancen geben Sie der Massentierhaltungs-Initiative?

Momentan steht es wohl 50:50. Ich denke, dass es eine Mehrheit fürs Nein gibt. Aber es wird knapp.

 

[i] Daniel (58) und Heidi (52) Zaugg betreiben in Freimettigen ihren Hof in der dritten Generation, sie haben drei Kinder.

Zum Hof gehören 13 Hektaren Land, Zauggs halten 16 Milchkühe und Kälber und 120 Legehennen. Sie bauen Gemüse und Früchte an und vertreiben dies per Direktverkauf.

Daniel Zaugg (parteilos) ist Präsident des landwirtschaftlichen Vereins Konolfingen und zudem im Vorstand des landwirtschaftlichen Vereins Bern-Mittelland.

 

[*] Zu den Bio-Richtlinien, die bei einer Annahme gelten würden, schreibt das Bundesamt für Veterinärwesen auf seiner Website: "Der Initiativtext ist diesbezüglich nicht ganz klar. Falls die Initiative angenommen würde, müsste das Parlament entscheiden, wie es den neuen Verfassungstext auslegen will." 

 

[i] Über die Argumente der Befürworter:innen haben wir gestern berichtet.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 12.09.2022
Geändert: 12.09.2022
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