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Deisswil - Mühle setzt Jugend unter Strom

Quelle
Berner Zeitung BZ

Anlässlich des 10. Schweizer Mühletags präsentierte sich die alte Mühle Deisswil der Öffentlichkeit. Vor 15 Jahren machten Mehl und Mühlsteine einem Jugendzentrum Platz.

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Das Mühlerad in Deisswil ist eindrücklich, aber nur noch Dekoration. (Bild: Iris Andermatt)
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Fühlen sich hier wie zu Hause: (v.l.) Angela Aegerter, Michael Luginbühl, Adrian Probst, Andreas Bosshard. (Bild: Iris Andermatt)
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Das Wasserrad vor der alten Mühle steht seit langem still, gemächlich fliesst der Mühlebach in Richtung Kartonfabrik. Seit in Deisswil das letzte Getreidekorn gemahlen wurde, ist einiges geschehen. Die erste Erwähnung der alten Mühle Deisswil geht auf das Jahr 1473 zurück, als sie laut Schriften als Schenkung an das Inselkloster überging. «Es ist aber anzunehmen, dass die Mühle deutlich älter ist», gibt Andreas Bosshard, Präsident des Eltern- und Gönnervereins Pfadi Mülistei, zu bedenken. Seit 1995 trägt der Verein die Verantwortung für Betrieb und Unterhalt der Mühle. 15 Jahre, die mit gutem Gewissen als die bewegteste Zeit der alten Mühle bezeichnet werden können: Vom täglichen Arbeitsplatz des Müllers hat sich das denkmalgeschützte Gebäude zum bekannten Kultur- und Konzertlokal im Worblental entwickelt.

Favorit für die Pfader

Als dem Jugendzentrum Burehus an der Schlossstrasse in Boll-Sinneringen 1991 die Schliessung drohte, sahen sich die Pfadfinder der Abteilung Lutzeren gezwungen, ein neues Pfadiheim zu suchen. «Wir wussten, dass die alte Mühle leer steht und dass wir etwas Tolles daraus machen könnten», erklärt Bosshard. So begannen die Verhandlungen mit der Ritter-Stiftung, welche die Hinterlassenschaft der einstigen Mühle-Betreiber verwaltet. Wilhelm Ritter hatte das Gebäude 1960 in Pacht genommen und bis 1985 bewirtschaftet.

Jugend- statt Altersheim

Dass diese Verhandlungen überhaupt stattgefunden haben, sei ein grosser Glücksfall gewesen, erinnert sich Andreas Bosshard. Denn der ursprüngliche Zweck der Stiftung war nicht etwa die Unterstützung der Jugend, sondern der Bau eines Altersheims am Standort der Mühle. Die kantonalen Vorschriften für Altersheime hätten diesen Plan aber zunichtegemacht: «Die Stiftung konnte ihren Zweck nicht weiterverfolgen, und wir kamen zum Zug.» Schliesslich wurde ein Baurechtsvertrag unterzeichnet, der dem Eltern- und Gönnerverein die unentgeltliche Nutzung über 25 Jahre erlaubt.

Selbstversorger

Wo früher Säcke voller Mehl standen, vibrieren nun nachts die Boxen der Musikanlage. All die Arbeitsstunden, die die Betreiber der Mühle in den letzten Jahren in die Renovation gesteckt haben, zeigen sich an beinahe jeder Ecke des Gebäudes. Eines der Herzstücke dieser Arbeiten ist die Turbine, die den Lauf des Mühlebachs nutzt, um Strom für das Haus zu generieren. «Seit zehn Jahren versorgen wir uns selber. Wir sind so etwas wie die Vorreiter der Ökostrombewegung» sagt Bosshard lachend. Wird zu wenig Strom produziert, kauft man von der BKW hinzu; allfällige Überschüsse werden abgestossen. «Über das Jahr gesehen, gleicht sich das ziemlich genau aus.»

«Work in progress»

Dass alle Renovationsarbeiten ohne externe Hilfe erledigt werden können, das verdankt der Verein den vielfältigen Begabungen seiner Mitglieder: «Der Elektriker kümmert sich um die Turbine, der Dachdecker um die Ziegel. So funktioniert das seit 15 Jahren.» Um die kostspieligen Arbeiten zu finanzieren, vermietet der Verein den grossen Raum im Erdgeschoss und die Bar im ersten Stock. Alle anderen Räume werden als Jugendzentrum und Pfadfinderheim genutzt – wenn sie denn bereits nutzbar sind: Die Arbeiten im obersten Stock des grossen Gebäudes sind immer noch im Gange. «Wir können uns Zeit lassen», sagt der Vereinspräsident. «Wichtig ist einzig, dass der Charakter der alten Mühle erhalten bleibt.»

Autor:in
Christian Zeier / Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 17.05.2010
Geändert: 17.05.2010
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