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Der Gotthelfverein wird 100-jährig - Erziehungsverein wurde Hilfswerk

Quelle
Wochen-Zeitung

Vor hundert Jahren wurde die Gotthelf-Stiftung des Amtes Konolfingen gegründet. In dieser Zeit hat ein Umdenken in der Haltung gegenüber den unterstützten Kindern stattgefunden; sprach man früher von einem «Erziehungsverein», so versteht man sich heute als Hilfswerk für Kinder und Jugendliche.

Der Gotthelfverein Region Konolfingen feiert nächste Woche seinen 100. Geburtstag. Als einziges Dokument aus den Anfängen ist ein Jahresbericht von 1927 erhalten. Das Ziel und die Aufgabe der Stiftung werden hier wie folgt beschrieben: «Die Gotthelfstiftung ist ein Erziehungsverein mit der doppelten Aufgabe, bildungsfähige, verwahrloste Kinder zu christlich gesinnten, treuen und arbeitsfrohen Gliedern der menschlichen Gesellschaft erziehen zu helfen und auf dem Boden der Freiwilligkeit die öffentliche Armenpflege für gefährdete Kinder zu ergänzen.» Mit welchen Massnahmen diese Ziele erreicht werden sollten, lesen wir ebenfalls im Jahresbericht: «Von den 24 Pflegekindern sind gegenwärtig zehn davon bei Pflegeeltern untergebracht…Wenn die Verhältnisse im Elternhaus in moralischer Beziehung sehr gut sind und Gewähr für eine gute Erziehung geboten sind, dann lassen wir die Kinder im Elternhaus und entrichten den Eltern einen Beitrag an ihre Pflegekosten. Gegenwärtig sind neun Kinder zu Hause versorgt… Bei anormalen oder schwererziehbaren Kindern müssen auch wir unsere Zuflucht zu Anstalten nehmen; dies traf im Jahr 1927 bei fünf unserer Kinder zu.» Und weiter: «Unsere Schulentlassenen, noch unter unserem Patronat stehenden Kinder sind natürlich ein Gegenstand fortwährender Sorge, 1927 sind sechs, dieses Jahr keines unserer Kinder konfirmiert worden», schreibt der damalige Präsident Schuler in seinem Jahresbericht.

Die Einstellung hat sich gewandelt

Der Gotthelfverein Region Konolfingen unterstützt heute Kinder aus den 29 Gemeinden des bisherigen Amtsbezirks Konolfingen. Dies geschieht bis zum Schulaustritt und nur wenn die Eltern nicht bereits von der Fürsorge ihrer Gemeinde Hilfe erhalten. In besonderen Fällen kann die Hilfe auch bis zum Ende der Lehrzeit ausgedehnt werden. Beitragsberechtigt sind Kinder und Jugendliche aus Familien in finanzieller Not. Die Hilfe wird in Form von Geldbeträgen ausgerichtet, in der Regel maximal 1000 Franken pro Kind und Jahr. Das Geld ist ausschliesslich für die persönlichen Bedürfnisse der Kinder zu verwenden: Kleider, Schuhe, Bücher, Beiträge an Ausbildungskosten, Schullager, Musikunterricht und ähnliches. In weitläufigen Gemeinden werden auch die Beiträge der Eltern an die Tagesschule oder an den Schulbus übernommen.

Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer

In der Regel werden die Gesuche für eine finanzielle Unterstützung von Gemeinden, Fürsorgestellen, Pfarr-ämtern oder Lehrern eingereicht. Nach Feststellung der Bedürftigkeit setzt der Vorstand die Unterstützungsbeiträge fest und schliesst mit den Eltern oder den Erziehungsberechtigten einen Vertrag ab. Jedem unterstützten Kind wird eine Gotte (oder ein Götti) zugeteilt, die es begleitet, regelmässig besucht und die vereinbarten Leistungen ausrichtet. Die Göttileute arbeiten, wie alle Mitarbeitenden des Gotthelfvereins, ehrenamtlich. Die finanziellen Mittel aus Sammlungen, Beiträgen von Gemeinden und Kirchgemeinden sowie Spenden von Gönnern kommen also vollumfänglich den Kindern der Region zu Gute. Präsident Christoph Wyss erklärt: «Wir übernehmen nicht die Aufgaben der öffentlichen Fürsorge, sondern unterstützen diejenigen Kinder, die sozusagen durch die Maschen der Fürsorgeeinrichtungen fallen. So konnten wir im Jahr 2008 29 Kinder mit insgesamt 26’430 Franken unterstützen.»

www.gotthelfverein.ch

Autor:in
Markus Wehner / Wochen-Zeitung
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Erstellt: 22.04.2010
Geändert: 22.04.2010
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