- Wirtschaft
Erster Barbier in Worb: Nichts geht über Mundpropaganda
Bartträger in Worb können sich freuen. Letzte Woche eröffnete der erste Barbershop in der Gemeinde. Das Rasiermesser führt ein junger Mann mit einer bewegten Geschichte.
Ein Barbier frisiert und rasiert traditionell Kopfhaar und Bart von männlichen Kunden. In den letzten Jahren nahm die Anzahl der Barbershops in der Schweiz immer mehr zu. Insbesondere in den Städten wie in Bern schossen sie wie Pilze aus dem Boden. Jetzt hat der Trend auch Worb erreicht. Während 17 klassische Coiffeurgeschäfte im Telefonbuch eingetragen sind, hat das Dorf nun auch seinen ersten Barbershop. Der Issa Barbershop eröffnete letzte Woche an der Bahnhofstrasse 22.
Aus dem Konfliktgebiet nach Worb
Im neuen Laden steht ein junger Mann. Mit gerade einmal 20 Jahren ist Jager Khalil Filialleiter des Barbershops in Worb. In den ersten Tagen funktioniert er als Einmann-Betrieb. Auf das Wochenende hin soll er Verstärkung erhalten. Weitere Issa Barbershops gibt es bereits in Burgdorf und Bern. Khalil sagt: "Wir hatten in Bern viele Kunden aus Worb. Als das Lokal an der Bahnhofstrasse frei wurde, hat mein Chef zugeschlagen." Dieser schickte ihn dann nach Worb, um den neuen Laden zu übernehmen.
Auf die Frage, ob er nicht etwas nervös gewesen sei, in seinem jungen Alter eine solche Verantwortung zu übernehmen, winkt Khalil ab. "Nein, überhaupt nicht. Ich habe schon soviel gesehen und erlebt. Das macht mir nichts", entgegnet er. Bei dieser Aussage handelt es sich keineswegs um eine Floskel. Kaum jemand würde vermuten, dass der junge Barbier mit fast perfektem Schweizerdeutsch erst seit fünf Jahren in der Schweiz lebt. Er ist Kurde aus Syrien und flüchtete damals vor dem Krieg. Er kam alleine. Seine Eltern sind immer noch in seiner alten Heimat. Geschwister habe er keine.
"Hei, schöner Bart!"
Mit Ehrgeiz und Zielstrebigkeit schaffte er es, sich in dieser Zeit in der Schweiz eine Existenz aufzubauen. Nach einer Vorlehre als Coiffeur bewarb er sich bei Issa in Bern. Und zwar betrat er einfach den Laden und fragte nach einem Job. "So macht man das bei uns", sagt Khalil. Bei der Probearbeit habe er den Chef mit seinem Talent überzeugt, sagt er selbstbewusst. Heute, knapp zwei Jahre später, leitet Khalil schon eine eigene Filiale.
"Die Qualität der Arbeit muss stimmen. Und wenn man einen guten Ruf erlangt, dann funktionierts", erklärt Khalil. Werbung sei eigentlich nicht nötig. In der Barbershop-Szene laufe alles von Mund zu Mund. "Wenn sich ein paar Jungs treffen. Sagt der eine zum anderen: 'Hei, schöner Bart! Wer hat den gemacht?' Und so erarbeitet man sich die Kundschaft", führt der Barbier aus. Mit dem Start in Worb sei er zufrieden. Fünf oder sechs Kunden habe Khalil am ersten Tag gehabt. Mittlerweile hätten sich schon mehr angemeldet, sodass er nicht mehr alles alleine bewältigen könne. Aus diesem Grund hat er aus Bern Verstärkung angefordert.
Tiefpreis als Lockmittel
Immer wieder schauen interessierte Menschen in den Barbershop. Es seien auch schon Frauen dagewesen, meint Khalil. Werden Frauen denn überhaupt bedient? "Ja, das machen wir auch. Es wäre schön, wenn mehr Frauen kämen", sagt der 20-Jährige. Auf dem Schild vor dem Laden sind allerdings nur Angebote für Herren aufgelistet. Etwas verlegen gibt Khalil zu, dass er lieber Männern die Haare macht: "Bei Frauen ist es halt meistens aufwändiger."
Im Vergleich zu anderen Coiffeurgeschäften fallen beim Barbershop die günstigen Preise auf. Ein Haarschnitt kostet 25 Franken, eine Bartrasur gerade einmal 15 Franken. Da stellt sich die Frage nach der Rentabilität, gerade im Hinblick auf die allgemein eher tiefen Löhne in der Branche. Laut Khalil sei das kein Problem: "Günstige Preise bringen mehr und öfter Kundschaft." Dass das Konzept aufgehen kann, beweist die Verbreitung der Barbershops in der Stadt. Jetzt wird sich zeigen, ob das auch in einer Landsgemeinde wie Worb funktioniert.
Erstellt:
20.06.2020
Geändert: 20.06.2020
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