- Region
First Responder: Freiwilligenarbeit, die Leben rettet
Eine verletzte Person liegt am Boden. Bis der Krankenwagen kommt, dauert es etliche Minuten – Minuten, die allfälligen Helfenden wie Stunden vorkommen. Um bei medizinischen Notfällen die Zeit bis zum Eintreffen eines Rettungswagens zu überbrücken, gibt es sogenannte First Responder.
First Responder sind Personen, teilweise aus Organisationen, die ausserhalb des regulären Rettungsdienstes organisierte erste Hilfe leisten. Sie können den Helfer:innen vor Ort auch erklären, welche Massnahmen in der jeweiligen Situation hilfreich sind.
Anfang 2023 ging in Grosshöchstetten eine Bürgeranfrage ein: Die Gemeinde möge doch eine First-Responder-Gruppe einführen. Die Gemeinde erwog, ob sich eine solche Gruppe bei der Feuerwehr angliedern lässt. Die Feuerwehr Zäziwil, die seit 2013 eine solche Gruppe betreibt, berichtete über ihre Erfahrungen und zeigte die Chancen und Herausforderungen dieser Einsätze. Nach einer Informationsveranstaltung bildete sich eine Gruppe von neun Feuerwehrleuten, die sich freiwillig als First Responder engagieren.
Wir wollten von Geschäftsführer Patrick Schmid wissen, wie die First Responder organisiert sind, und wie sie mit dem Rettungsdienst zusammenarbeiten.
BERN-OST: Herr Schmid, in Grosshöchstetten und Zäziwil hat es First Responder bei der Feuerwehr. Haben First Responder und die Feuerwehr einen Zusammenhang?
Zu Beginn wurden die meisten First Responder aus den Samaritervereinen und Feuerwehren rekrutiert. Aktuell gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen den First Respondern und den Feuerwehren. Jede:r ist herzlich willkommen, als First Responder auszurücken.
Da die Tätigkeit als First Responder sehr gut zu der Feuerwehr passt, ist es natürlich toll, dass sich viele Feuerwehren als ganze Organisation freischalten lassen. Die GVB ist ebenfalls Sponsor vom Verein firstresponder.be.
Machen dies hauptsächlich Organisationen wie die Feuerwehr oder auch private Einzelpersonen?
Ursprünglich waren die First Responder im Kanton Bern bei den Feuerwehren, Samaritervereinen und weiteren gemeinnützigen Organisationen angesiedelt. Mittlerweile sind jedoch die meisten First Responder Privatpersonen.
Laufend werden First Responder ausgebildet. Können Sie sagen, wie viele First Responder es aktuell im Kanton Bern gibt?
Aktuell gibt es ungefähr 2800 aktive First Responder.
Gibt es bestimmte Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um First Responder zu werden?
Ja, alle First Responder müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Es wird ein gültiges BLS-AED Zertifikat nach SRC-Leitlinien vorausgesetzt. In diesem Nothelfer-Kurs lernt man, wie in einem Notfall einen Herz-Kreislauf-Stillstand erkennt, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung (CPR) durchführt und einen automatisierten externen Defibrillator (AED) richtig anwendet wird. Zugelassen sind aber auch Personen mit einer spezifischen Ausbildung, beispielsweise in Medizin, Pflege oder Polizeiarbeit mit regelmässigen betriebsinternen Trainings.
Wie werden die neuen First Responder ausgebildet?
In der rund vierstündigen kostenlosen Einführungsschulung lernen Sie als zukünftige:r First Responder die Hintergründe Ihrer Aufgabe kennen. Sie setzen sich mit den Alarmierungsprozessen im Rettungswesen auseinander und lernen die Handhabung eines sogenannten Algorithmus kennen. Ein wichtiger Teil des Unterrichts beinhaltet die Zusammenarbeit der First Responder mit dem Rettungsdienst.
Was genau bedeutet dies? Wo müssen die First Responder und der Rettungsdienst zusammenarbeiten?
First Responder werden von der Sanitätsnotrufzentrale 144 alarmiert und überbrücken mit ersten Massnahmen wertvolle Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Grundsätzlich arbeitet ein First Responder bei jedem Einsatz mit dem Rettungsdienst zusammen. Dies betrifft die «Patientenübergabe» an den Rettungsdienst, Unterstützung des Rettungsdienstes bei Wiederbelebungsmassnahmen, Bergung und andere Massnahmen.
Wann werden die First Responder alarmiert?
Jedem FR stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
- Alarmierung nach Gemeinde: Der FR wählt selbständig die Gemeinden aus, aus denen er die Alarme erhalten möchte. (Mehrfachauswahl möglich)
- Alarmierung nach Standort: Aktiviert eine Person die georeferenzierte Alarmierung, erhält sie die Alarmzustellung nur, wenn sie sich innerhalb eines Drei-Kilometer-Radius zum Einsatzort aufhält.
Während 45 Sekunden «sammelt» das System alle First Responder, die sich im definierten Radius befinden und den Einsatz annehmen. Während den 45 Sekunden wird dem First Responder die Mitteilung «Auf Bestätigung warten…» eingeblendet.
Nach den 45 Sekunden selektiert das System automatisch die drei dem Einsatzort am nächsten befindlichen (Fahrstrecke, nicht Luftlinie) und lässt sie zum Einsatz zu. Die restlichen werden abgelehnt. Falls sich noch weitere First Responder näher als 500 Meter vom Einsatzort aufhalten, sind diese auch weiterhin freigeschaltet.
Was heisst, dass, die First Responder leisten erste Unterstützung? Nur bei Herzstillstand? Auch sonst Hilfe?
Geht ein Notfallanruf bei der Notrufzentrale 144 ein, so können die Disponenten zusätzlich zum Rettungsdienst die First Responder aufbieten. Einsatzstichworte für die Alarmierung von First Respondern sind:
- Laufende Reanimation oder Herz-Kreislaufstillstand
- Bewusstlose Person mit möglichem Herz-Kreislaufstillstand
- Akuter Thoraxschmerz (Brustschmerzen)
Den Alarm erhalten die First Responder per App. Trifft der First Responder vor dem Rettungsdienst ein, leistet er bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes lebenserhaltende Sofortmassnahmen. Anschliessend liegt es im Ermessen der Rettungssanitäter, ob weitere Hilfe benötigt wird oder ob der Einsatz für die First Responder abgeschlossen werden kann.
Haben alle First Responder einen eigenen Defibrillator?
Wir verfügen über knapp 2800 First Responder. Leider übersteigt es unsere Möglichkeit, diese mit einem persönlichen Defibrillator auszustatten. Wir sind jedoch stets bemüht, neue Standorte einzurichten, bei denen rund um die Uhr ein «Defi» verfügbar ist. In Vergangenheit konnten bereits viele neue Standorte geschaffen werden. So stehen die Geräte auch anderen Ersthelfern zur Verfügung.
Ausserdem ersetzen wir auf Nachfrage sämtliche Elektroden, die bei Patienten zum Einsatz kamen.
Werden die Einsätze der FR entlöhnt?
Nein, die Tätigkeit ist freiwillig und ehrenamtlich. Wir versuchen jedoch, jedes Jahr ein entsprechendes Dankeschön zu versenden.
[i] Das Interview wurde via Mail geführt.
Nur durch freiwillige Personen, wie die Feuerwehr in Zäziwil und Grosshöchstetten, können auch in der Region BERN-OST schnell wertvolle Hilfe geleistet werden. Dank ihrem Engagement und der engen Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst wird wertvolle Zeit überbrückt, die in Notfällen entscheidend sein kann.
[i] Mehr Informatinen und Kontaktdaten für Interessierte finden Sie hier.
Erstellt:
25.10.2024
Geändert: 25.10.2024
Klicks heute:
Klicks total:
Bei BERN-OST gibt es weder Bezahlschranken noch Login-Pflicht - vor allem wegen der Trägerschaft durch die Genossenschaft EvK. Falls Sie uns gerne mit einem kleinen Betrag unterstützen möchten, haben Sie die Möglichkeit, dies hier zu tun.