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Fissco Worb: Wie die Wolle in die Lastwagen kommt

In Enggistein werden Filzteilchen hergestellt, die auf der ganzen Welt im Einsatz sind. Zum Beispiel in Scania-Lastwagen.

Niklaus Sägesser in seiner Fabrik. Die Schmierfilzringe liefert er in die ganze Welt. (Bild: Anina Bundi)
Paletten voll Rohwolle. (Bild: Anina Bundi)
Die Wolle ist teilweise nach Farbe sortiert. (Bild: Anina Bundi)
Eine Rolle fertiger Wollfilz. (Bild: zvg)
Den Filz gibt es in diversen Stärken. (Bild: zvg)
Aus diesen Rollen werden die Filzli gestanzt. (Bild: zvg)
So sieht die modifizierte Stanzmaschine aus. (Bild: Anina Bundi)
Die ausgestanzten Innenringe werden entsorgt. (Bild: Anina Bundi)

Die Fissco liegt etwas abseits am Waldrand von Enggistein, die alten Industriebauten sind verwinkelt und verwittert. Im Lagerraum direkt an der Einfahrt stapelt sich Schafwolle und riecht - nach Schaf.

 

Doch der leicht heruntergekommene Eindruck täuscht. Als Niklaus Sägesser, gelernter Schreiner und Präsident des Worber Gewerbevereins, die Fabrik vor elf Jahren übernahm, hatte sie zwar ihre besten Zeiten hinter sich. Aber mit dem neuen Chef kehrte der Wind. Sägesser gründete die Schwesterfirma Fisolan, modernisierte die Anlagen und Abläufe und lagerte einen Teil der Produktion ins Ausland aus. In den verwitterten Bauten herrscht Hochbetrieb. Diesen November feiert die Firma ihr 180-Jahr-Jubiläum.

 

Für Hüftgelenke und Autobremsen

"Diversifizieren" sei das Zauberwort, sagt Sägesser. Tatsächlich werden in der Fissco sehr unterschiedliche Produkte hergestellt: Nadelfilz aus reziklierten PET-Flaschen, Filze zum Polieren von Metallkuglen für künstliche Hüftgelenke, Fugenzöpfe, mit denen man Fensterrahmen schneller und ökologischer abdichten kann als mit Bauschaum.

 

Oder "Schmierfilzringe". Die kleinen Ringe aus Wollfilz kommen in den Bremsen von Motorfahrzeugen und Eisenbahnen vor, als Schmierdichtungen im Bremsgerüst. Wolle kann viel Flüssigkeit speichern, ist sehr robust und verändert seine ursprüngliche Form nicht. In vielen Neuwagen stecken mehrere davon, zum Beipiel in den neuen Scania-Lastwagen.

 

"Das ist nicht die Kundschaft, die einem treu bleibt"

Mehrere Millionen dieser Schmierfilzringe werden jährlich in Enggistein produziert. Weil zurzeit Lieferwege aus China blockiert sind, sei die Nachfrage gestiegen, sagt Sägesser. Das werde sich aber schnell wieder ändern. "Im Automobilbusiness entscheiden einzelne Rappen Differenz über Arbeit haben oder eben nicht."

 

Was so ein Ringli kostet? "Wenn ich Ihnen das sage, fangen die Leute an, meinen Stundenlohn auszurechnen", sagt Sägesser. Teuer seien sie nicht. "Es ist ein Rappenbusiness." Gerade deshalb sei es wichtig, die Abläufe schneller zu machen. Die Maschine, die die Ringli stanzt etwa, ist nicht neu, wurde von Sägesser und seinen Mitarbeitenden selber weiterentwickelt. Ein angebauter Staubsauger befördert das Endprodukt in einen Karton.

 

Wolle vom Kranzschwinger

Während es die hochspezialisierten Wollteilchen in der halben Welt zirkulieren stammt der Rohstoff grösstenteils aus der näheren Region. Lieferanten sind etwa zurückgetretene Bolliger Kranzschwinger Willy Graber oder der weitherum bekannte Paul Stucki, der in Rüfenacht Schafe züchtet. Allerdings ist auch die Wolle von Hobby-Schafen willkommen. Stammt sie vom Weissen Alpenschaf, gibt es 1.20 Franken pro Kilo, ist sie schwarz, grau oder gemischt 35 Rappen.


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 19.09.2021
Geändert: 19.09.2021
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