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Friedhof Worb: "Lieber löse ich das Grab auf!"

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Die Gräber auf dem Friedhof müssen einheitlich grün umrahmt sein, so schreibt es das Gesetz vor. Ursula Pfister will sich dieser Vorschrift aber nicht beugen.

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Steine statt Pflanzen: Ursula Pfister (73) am Grab ihres Mannes. (Bild: Karl-Heinz Hug)
Seit fast elf Jahren ruht Hans Rudolf Pfister († 73) auf dem Friedhof in Worb. Sein Grab hebt sich von den anderen ab: Der blütenweisse Kies ist eingefasst von weissen, rechteckigen Steinen. Zwei Schalen mit Begonien und Buchs stehen auf dem Grab.

Nun passt die Grabgestaltung den Behörden in Worb plötzlich nicht mehr. «Die Friedhofgärtnerin und die Polizei haben mir mitgeteilt, dass alle Gräberumrandungen auf dem Friedhof in einheitlichem Grün sein müssen», sagt Ursula Pfister (73). «Ich soll deshalb die schönen Steine am Rand wegnehmen und stattdessen Thymian pflanzen.»

Die Witwe ist empört und enttäuscht: «Ich finde das eine bodenlose Frechheit. Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb ich das Grab meines Mannes nach fast elf Jahren umgestalten soll. Es ist doch tipptopp, sauber und gepflegt.»

Ursula Pfister ist nicht das einzige Opfer des Friedhof-Irrsinns von Worb. Auch Rita Indermühle (44) wehrt sich gegen Thymian auf dem Grab ihrer Mutter (siehe unten).

Ursula Pfister will sich der Vorschrift nicht beugen. «Weil der Thymian so fest wuchert, muss man das Grünzeug ständig zurückschneiden. Ich bin aber mit 73 kein junges Rehlein mehr. Ich kann nicht mehr ständig zum Friedhof gehen, um dort Gartenarbeit zu machen.»

Die Witwe glaubt, den Grund für die Bepflanzungsvorschrift zu kennen: «In Worb ist man auf dem Friedhof offenbar nur gut bedient, wenn man ein Abonnement für die Grabpflege hat.»

Die Rentnerin vermutet, dass die Gemeinde aus den Gräbern Kapital schlagen will. «Das Grab meines Mannes ist wohl zu wenig lukrativ. Weshalb sonst sollte die Friedhofgärtnerin gerade das schöne Grab meines Mannes kritisieren?», fragt Pfister. «Sie will wahrscheinlich nur, dass ich bei ihr ein Pflegeabonnement abschliesse.»

Niklaus Gfeller (49), Gemeindepräsident von Worb, weist die Vorwürfe von sich: «Die Friedhofgärtnerin setzt nur um, was unser Parlament schon 2010 beschlossen hat. Der Grosse Gemeinderat sprach sich für eine gewisse Einheitlichkeit auf dem Friedhof aus.» Die Gräber müssten von einer dauerhaften Bepflanzung umrahmt sein. Gfeller: «Es muss nicht ausschliesslich Thymian sein.»
Ursula Pfister kann das nicht akzeptieren. «Ich werde die letzte Ruhestätte meines geliebten Mannes sicher nicht mit Pflanzen umranden. Lieber löse ich das Grab auf.»

Thymian rund um alle Gräber
Ursula Indermühle († 66) verstarb am 16. Juli. Ihre Tochter, Rita Indermühle (44), hat das Grab ihrer Mutter liebevoll gestaltet. Dann der Brief: Sie müsse die Umrandungssteine entfernen und das Grab mit grünem Thymian einfassen. Dabei hasste ihre Mutter Thymian! Jetzt gibt es einen Kompromiss. Zwar müssen die Steine weg und der Thymian gepflanzt werden. Aber die Familie darf das Grab mit einem etwa 30 Zentimeter hohen Metallrahmen einfassen, um das Gewächs vom Grab fernzuhalten. «Wir haben zähneknirschend eingelenkt, damit die Kirche im Dorf bleibt», sagt Indermühle.

Autor:in
Gabriela Battaglia, Blick
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Erstellt: 26.08.2013
Geändert: 26.08.2013
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