• Region
  • Wirtschaft

Auf einen Espresso: Kaffeemobil bringt italienisches Flair in die Region

Mit einer Leidenschaft für Kaffee und dem Wunsch, dem Büro-Alltag zu entfliehen, wagt Antonietta Amatuzio nach Jahren in der Versicherungsbranche, den Schritt in die Teil-Selbstständigkeit. Zusammen mit ihrem Partner kaufte sie ein Dreirad und baute es zum Kaffeemobil um. Das Mobil leuchtet gelb wie die Sonne und soll ein wenig Italianità in die Region bringen.

Antonietta Amatuzio und ihr Partner Ricardo Mas mit ihrem Kaffeemobil in Rubigen. (Foto: Rolf Blaser)
Frisch gebrühter Kaffee beim Coffee-Break. (Foto: Rolf Blaser)

Wir treffen uns beim Bahnhof in Rubigen. Antonietta Amatuzio (58) und ihr Partner Ricardo Mas (60) stehen dort seit dem frühen Morgen und verkaufen Kaffee an Passanten. «Ich wollte raus aus dem Büro», sagt Amatuzio, «mein Ziel ist, mit den Leuten draussen zu arbeiten.»

 

Diesen Wunsch hat sie sich erfüllt. Auf die Idee Kaffee zu verkaufen, kam sie zufällig. Mit ihrem Partner geht sie gerne Kaffee trinken. «Was wir hier jedoch vermissen, ist richtig guter Kaffee.» So entstand der Gedanke, mit einem eigenen Kaffee-Mobil unterwegs Kaffee zu verkaufen.

 

Ausgebautes Piaggio

Im Internet fanden sie ein Dreirad von Piaggio. Sie liessen dieses ausbauen mit Kühlschrank, Lavabo, Stromanschluss und Kaffeemaschine. Sie besuchten eine Kaffeerösterei in Mendrisio und entschieden sich für die Kaffeesorte „Moka Efti“. Kaum war das Kaffeemobil bereit, konnten sie an der Thuner OHA-Messe Kaffee ausschenken. Den Leuten gefiel es, weitere private Aufträge folgten.

 

«Das wäre was für Wichtrach»

Während wir uns in Rubigen unterhalten, kommen immer wieder Passanten vorbei und bestellen einen Kaffee. Ein Mann, der einen Milchkaffee trinkt, lobt das Aroma, während er vorschlägt, dass in Wichtrach am Bahnhof auch so ein Kaffeemobil stehen sollte. Visitenkarten werden ausgetauscht, Amatuzio, die aus Wichtrach stammt, zeigt sich offen für neue Ideen.

 

Kurz darauf steuert eine Frau direkt auf das Mobil zu und bestellt einen Espresso. Während sie trinkt, schwärmt sie von ihren Campingferien in Ligurien. Auch wenn das Kaffeemobil erst seit ein paar Tagen hier hält, scheinen einige Leute den Treffpunkt zu schätzen.

 

Statt in Münsingen in Rubigen

Während zwei Monaten schenken die beiden morgens bis halb zehn Uhr Kaffee aus beim Bahnhof Rubigen. Zu diesem Standort kam Antonietta Amatuzio zufällig. Sie fragte bei der SBB für einen Standplatz beim Bahnhof Münsingen, um dort Kaffee zu verkaufen. Für Münsingen erhielt sie von der SBB eine Absage. Da Otto‘s Bistro in Rubigen Ende September den Betrieb einstellte, bot ihr die SBB an, dass sie mit ihrem Mobil hier einen Testlauf starten könnte. Seit einer Woche steht sie nun in Rubigen und warten auf Kundschaft.

 

Rechnet sich das?

«Viele sind noch zurückhaltend und gehen am Kaffeemobil vorbei. Diejenigen die es interessiert, kommen auf einen Kaffee, haben Freude und finden es toll», sagt Amatuzio zu den Erfahrungen ihrer ersten Woche. Es brauche wohl noch ein wenig Zeit, viele seien auch in Eile, weil sie den Zug erwischen müssen.

 

Vom Umsatz her, sehen es die beiden entspannt. «Es ist eine „Milchbüechlirechnung“, wir schreiben die Kaffees auf, den Einkauf und die Amortisation des Mobils.» Zurzeit geht sie noch stempeln, ihr Partner Ricardo Mas arbeitet noch voll und lässt sich nächstes frühpensionieren. Ihr Ziel ist eine Teil- Selbständigkeit.

 

Suche nach dem Standplatz

Für die beiden sei es schwierig, an gute Standplätze ranzukommen. In der Stadt Bern seien die Behörden zurückhaltend mit der Vergabe von solchen Plätzen, da die Restaurants nicht konkurrenziert werden sollen. Bei Messen tönt es ähnlich oder dann sind die Standmieten plus Umsatzabgaben dermassen hoch, dass sich ein Auftritt nicht rechnet.

 

Was Neues wagen

Für Amatuzio steht der finanzielle Aspekt im Hintergrund. «Es ist nicht die Frage, wie viele Franken wir verdienen. Ich will eine innere Zufriedenheit und dass es den Leuten gefällt. Wir müssen rauskommen. Wie viel unter dem Strich rausschaut, das wissen wir nicht.» Bis Ende November steht das Kaffeemobil von Montag bis Freitag jeden Morgen in Rubigen beim Bahnhof. Es gibt Kaffee, heisse Schokolade und einen Schuss Italien. Wenn das kein guter Start in den Tag ist.

 

[i] Antonietta Amatuzio's Kaffeemobil ist an verschiedenen Weihnachtsmärkten anzutreffen. Unter anderem in Thun und Worb.


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 16.10.2023
Geändert: 16.10.2023
Klicks heute:
Klicks total: