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Fussball - Martinas Bühne ist der Rasen

Martina Moser weiss, was sie will und genauso, was nicht. Die noch bis Ende Jahr bei der Raiffeisenbank Worblen-Emmental arbeitende Bankfachfrau will ins Profifussball-Geschäft einsteigen. Die Chancen stehen für die Jung-Nationalspielerin

Als im 18-köpfigen Aufgebot der Frauen-Fussball-Nationalmannschaft für das Länderspiel gegen Polen Mitte August erstmals der Name von Martina Moser stand, war keiner wirklich überrascht. Martina Moser (19), die «kleine Schwester» des Ex-Thun-Spielers und U21-Internationalen Adrian (21), gilt als eines der grössten Schweizer Talente. Ihr aussergewöhnliches Potenzial hat sie schon längst unter Beweis gestellt: Sie war als Captain des U19-Nationalteams und Torschützin vom Dienst massgeblich daran beteiligt, dass sich das Team für die U20-WM in zwei Jahren in Russland qualifizierte. Und auch bei den «Grossen» schlug die zierliche Bernerin sogleich ein: Beim 3:0-Sieg gegen Polen erzielte sie den Treffer zum 2:0.

Die Mosers sind eine fussballverrückte Familie. Der Anfang der 80er-Jahre beim FC Heimberg (2. Liga) spielende Vater Heinz hatte vor Jahren einen Vorvertrag mit den BSC Young Boys, musste aber wegen einer Bänderverletzung im Knie die Karriere beenden. Ihr älterer Bruder Adrian spielt beim Erstligisten SC Düdingen und ihr jüngerer Bruder Thomas (16) beim Drittligisten FC Biglen. «Die Mutter ist die einzige Nichtfussballerin in der Familie. Sie muss uns dafür oft an die Spiele fahren», schmunzelt Martina Moser. Und das schon viele Jahre. Denn Martina hat mit sieben Jahren – als einziges Mädchen – bei den E-Junioren des FC Biglen mit Fussballspielen angefangen. Dort ging sie von Anfang in den Zweikämpfen mit den Knaben recht zur Sache; bisweilen so hart, dass das Aufeinandertreffen mit dem Gegner einmal mit einem Schlüsselbeinbruch für sie endete.

Banklehre absolviert

Wie es sich für eine Sportlerin hierzulande gehört, hat Martina Moser zunächst einen «ordentlichen» Beruf erlernt. Auf der Raiffeisenbank Worblen-Emmental liess sie sich zur Bankfachfrau ausbilden. Ende Juli beendete sie diese Ausbildung mit Erfolg. «Trotz grosser fussballerischer Belastung hat sie die geforderten Leistungen erbracht. Ihr höchstes Ziel im Leben aber ist der Fussball», weiss Bankleiter Ernst Schütz. Die letzten drei Jahre waren wegen der Dreifachbelastung von Schule, Sport und Arbeitsplatz weder für die Lernende noch für die Berufsbildner eine einfache Zeit. Zu den Absenzen in der Schule kamen pro Jahr noch bis zu drei Wochen, die sie wegen Trainingslager oder Spielen fehlte. Dies bedingte seitens der AusbildnerInnen grosses Verständnis und Fingerspitzengefühl bei der Verteilung von Aufträgen. Martina Moser wurde aber nicht geschont und hat das normale Ausbildungsprogramm absolviert. "Martina ist äussert ehrgeizig, gewissenhaft, kollegial, integer, teamfähig und menschlich weiter als gleichaltrige Kolleginnen", widmet ihr Ernst Schütz ein Kränchen. Und weiter: "Sie ist eine gefreute Person, die schon in jungen Jahren weiss, was sie im Leben erreichen will." Vergeblich haben Vorgesetzte auf der Bank versucht, sie für die Kindenfront zu begeistern.


"Die Raiffeisenbank kam mir in den letzten Jahren sehr entgegen. Ich würde auch gerne hier bleiben. Vielleicht geht noch eine Türe auf."

Die Schnelligkeit als grossen Trumpf

Ihre Bühne ist der Fussballplatz, nicht der Schalterraum einer Bank. Auf dem grünen Rasen will sie irgendwann Geld verdienen, am liebsten in den USA, wo ihr grosses Vorbild Mia Hamm gespielt hat. Sie ist allerdings Realistin genug und weiss, dass sie sich zuerst in der Schweiz durchsetzen und kräftemässig noch zulegen muss. Die kleingewachsene Spielerin macht das Handicap der Grösse durch ihre Schnelligkeit wett. «Martina Moser ist technisch sehr gut, läuferisch top und schiesst regelmässig Tore. Was sie aber vor allem auszeichnet, ist ihr Wille», lobt Béa von Siebenthal. Die Cheftrainerin der Nationalmannschaft war es auch, die Martina Moser ins Team geholt hat. Nicht ohne Grund ist sie so jung schon in der «Nati» gelandet. «Denn Martina Moser war schon in der U19 eine Leaderin, hat in den letzten vier Jahren alle Spiele mitgemacht und viele Erfahrungen auch auf internationaler Ebene sammeln können», ergänzt Béa von Siebenthal. In ihrem Team figuriert mit Lara Dickenmann aktuell eine Spielerin, die im Ausland in einem US-Team (Ohio State University) Erfahrungen sammelt. Ein Auslandengagement traut Béa von Siebenthal auch Martina Moser dereinst zu. Wäre sie ihre Managerin, würde sie ihr allerdings ein Engagement bei einem Team in Europa, in Deutschland, England, Frankreich oder in Skandinavien ans Herz legen. Überstürzen sollte sie allerdings nichts: «Denn in zwei Jahren ist es noch nicht zu spät.» Das weiss auch Martina Moser, die sich selber auch noch Zeit gibt: «Ich spiele seit kurzem erst beim SC LUwin.ch und will mich erst hier durchsetzen.» Dann schaut sie weiter. Eine Anfrage hat sie schon auf dem Tisch. Ein Scout des FC Indiana, einem Universitätsteam aus den USA, hat sie an der U19-EM in Ungarn entdeckt. Seither bestehen lose Kontakte in die Staaten. Im Gespräch zu sein hat noch niemandem geschadet.


Spagat zwischen Beruf und Spitzensport

Die Raiffeisenbank Worblen-Emmental mit 27 Mitarbeitenden und drei Lehrlingen hat das spezielle Anstellungsverhältnis Lehre/Spitzensport erstmals angeboten. Der Bankleiter Ernst Schütz, selber ein Fussballfan, bilanziert: «Am Ende waren alle froh, dass alles vorbei ist und Martina Moser mit der guten KV-Abschlussnote von 4,7 abschliessen konnte. Unsere ersten Befürchtungen, dass sich die anderen beiden Lehrlinge benachteiligt fühlen würden, haben sich nicht erfüllt. Vielleicht deshalb, weil wir ständig kommunizierten, dass Martina ihre während der Lehre verpassten Arbeitstage nach der Lehre noch absitzen muss. Wir haben Martina Moser pro Jahr mit einer zusätzlichen Ferienwoche unterstützt. Ob wir aber wieder ein solches Lehrverhältnis anbieten werden, ist fraglich, zumal das in diesem Jahr eingeführte neue Ausbildungskonzept noch mehr Unterstützung seitens des Lehrbetriebes erfordert. In unseren Augen eignen sich grössere Betriebe dafür besser, weil dort einfachere und repetitive Arbeiten anfallen.» Am 31.12.2005 endet das Arbeitsverhältnis mit Martina Moser. Sie sucht dann eine neue Herausforderung als Teilzeitangestellte möglichst in der Sportbranche in unmittelbarer Nähe ihres NLA-Fussballvereins SC LUwin.ch. Diese Stelle kann ihr die Raiffeisenbank Worblen-Emmental leider nicht anbieten.

www.raiffeisen.ch/worblen-emmental
www.walkringen.ch

Autor:in
Pius Schärli, PANORAMA, Kundenmagazin der Raiffeisenbanken
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Erstellt: 15.12.2005
Geändert: 15.12.2005
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